# taz.de -- Protest in Istanbul: One man standing | |
> Ein Mann steht still auf dem Taksim-Platz in Istanbul und starrt auf ein | |
> Atatürk-Porträt. Die türkische Polizei greift ein. Ansonsten bleibt es | |
> ruhig, erstmals seit Tagen. | |
Bild: Laut unbestätigten Twitter-Meldungen ist der Mann Schauspieler | |
ISTANBUL/BERLIN dpa | Nach wochenlangen Auseinandersetzungen zwischen | |
regierungskritischen Demonstranten und der türkischen Polizei ist die Nacht | |
zum Dienstag in Istanbul vergleichsweise ruhig verlaufen. Wie Aktivisten | |
über Soziale Netzwerke mitteilten, gab es auf dem zentralen Taksim-Platz | |
lediglich Festnahmen, als sich Dutzende Gegner der islamisch-konservativen | |
Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan dem stillen Protest | |
eines einzelnen Demonstranten anschlossen. Andernorts in Istanbul habe die | |
Polizei erneut Tränengas gegen Demonstranten eingesetzt. Auch aus der | |
Hauptstadt Ankara wurden wieder Zusammenstöße gemeldet. | |
Die Berichte über den stillen Protest des stehenden Mannes (türkisch: duran | |
adam), der stundenlang auf dem Taksim-Platz verharrt und auf ein Porträt | |
des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk gestarrt haben soll, hatten sich | |
über Kurznachrichtendienst Twitter (Hashtag [1][#duranadam]) verbreitet. | |
Als sich andere Demonstranten dieser Form des Protests anschließen wollten, | |
seien sie von der Polizei abgeführt worden, meldeten Aktivisten. Es sei | |
aber alles friedlich geblieben. | |
Schon bei Einbruch der Dunkelheit hatten nur noch einige Dutzend vorwiegend | |
junge Menschen an der Grenze am Rande des Platzes demonstriert. Sie | |
skandierten Parolen, sangen und tanzten, wie Augenzeugen berichteten. | |
Polizisten hatten Gasmasken und Helme abgesetzt und bildeten keine | |
Blockadereihen mehr. Der Taksim-Platz selber war für Fußgänger und den | |
Verkehr offen. | |
Am Montag hatte die türkische Regierung erstmals mit einem [2][Einsatz der | |
Armee gegen die Protestbewegung gedroht]. Falls es nötig sei, würden auch | |
die Streitkräfte eingreifen, sagte Vize-Regierungschef Bülent Arinc. „Die | |
Polizei ist da. Wenn das nicht reicht, die Gendarmerie. Wenn das nicht | |
reicht, die türkischen Streitkräfte“, fügte er am 18. Tag der Proteste | |
hinzu. Die Regierung werde alles Nötige unternehmen, um das Gesetz | |
durchzusetzen. | |
Angesicht der Drohung mit dem Militär forderte die Grünen-Parteichefin | |
Claudia Roth klare Worte der Nato. „Das Militärbündnis muss politisch | |
Einfluss nehmen und deutlich machen, dass es nicht akzeptiert, wenn die | |
türkische Regierung mit der Armee droht und brutal mit den | |
Sicherheitsbehörden vorgeht“, sagte Roth der Saarbrücker Zeitung. | |
Schließlich sei die Türkei Mitglied des Bündnisses. | |
Die landesweite Protestwelle hatte sich an der brutalen Räumung eines | |
Protestlagers im Gezi-Park in unmittelbarer Nachbarschaft des | |
Taksim-Platzes entzündet, das am Wochenende [3][zum zweiten Mal geräumt] | |
wurde. Die Regierung plant dort den [4][Nachbau einer osmanischen Kaserne] | |
mit Wohnungen, Geschäften oder einem Museum. Inzwischen richten sich die | |
Demonstrationen aber vor allem gegen den autoritären Regierungsstil | |
Erdogans. | |
18 Jun 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://twitter.com/search?q=%23duranadam&src=typd | |
[2] /Erdogan-droht-den-Protestlern/!118284/ | |
[3] /Proteste-in-Istanbul/!118199/ | |
[4] /Erdogans-Stadtplaene/!118132/ | |
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