| # taz.de -- Beamtenbesoldung: Meuterei auf der Dienststelle | |
| > Die Polizisten in Bremen begehren auf, weil sie nur teilweise und | |
| > zeitverzögert mehr Geld bekommen sollen. Gewerkschaftler sprechen von | |
| > einem „Skandal. | |
| Bild: Wollen in andere Bundesländer versetzt werden: Beamte des Bremer Sondere… | |
| BREMEN taz |In der Bremer Polizei gärt es. Und zwar sowohl bei jenen | |
| Landesbeamten, die nun etwas mehr Geld bekommen werden. Und erst recht bei | |
| denen, für die Rot-Grün heute eine Nullrunde beschließen will – weil sie | |
| ohnedies weiter oben in der Besoldungstabelle stehen. „Die größten Feinde | |
| sitzen nicht im Gefängnis, sondern im Senat“, sagte einer auf der gestrigen | |
| Personalversammlung. 800 PolizistInnen kamen. Und applaudierten lange. | |
| Anlass der Auseinandersetzung ist das neue Beamtenbesoldungsgesetz, das | |
| heute im Parlament verabschiedet werden soll. Es sieht vor, dass Beamte in | |
| Bremen später und auch nur teilweise mehr verdienen sollen (siehe Kasten) – | |
| also bei der Gehaltserhöhung sowohl im Vergleich zu den bremischen | |
| Angestellten als auch zu den Beamten umliegender Länder benachteiligt | |
| werden. | |
| Bremen spart so 30 Millionen Euro in diesem und 60 Millionen im kommenden | |
| Jahr, sagt die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert. Sie nennt das „der | |
| Haushaltslage angemessen“ und „sozial gestaffelt“. Die Polizeigewerkschaft | |
| nennt das „unsozial“, „verfassungswidrig“ und spricht von einem | |
| „Besoldungsskandal“. Und der Chef des Landeskriminalamtes nennt es | |
| „Willkür“, wenn Beamte in Bremen nicht gleich behandelt würden mit den | |
| anderen Angestellten des öffentlichen Dienstes. | |
| Doch es geht gar nicht nur um mehr Geld. „Für Wertschätzung und Respekt“ | |
| steht über dem Aufruf zur gestrigen Demo auf dem Marktplatz, zu dem 600 | |
| Menschen gekommen waren, darunter LehrerInnen, Feuerwehrleute oder | |
| RichterInnen und StaatsanwältInnen in schwarzer Robe. Sie alle sprechen von | |
| „Wut“ und „Frustration“. Immer wieder ist auf der Personalversammlung v… | |
| „verlorenen Vertrauen“ die Rede, von „sinkender Motivation“. Und von der | |
| „Gutsherrenart“, mit der Rot-Grün der Polizei begegne. | |
| Nun haben die Polizeigewerkschaftler den „bürgerfreundlichen Sommer“ | |
| ausgerufen – statt Bußgelder zu verhängen und Knöllchen zu verteilen, | |
| sollen die Polizisten nur noch mündlich verwarnen. Auf dem Marktplatz gaben | |
| allerlei PolizistInnen ihre Diensthandys ab – sie sind ein Symbol für nicht | |
| vergütete Mehrarbeit, für fast 300.000 nicht bezahlte oder abgefeierte | |
| Überstunden. Zahlreiche Polizeibeamte ließen ihre Nummern aus dem | |
| telefonischen Alarmierungssystem streichen. Und 33 – also fast alle – | |
| Polizisten des Sondereinsatzkommandos SEK wollen nun in ein anderes | |
| Bundesland versetzt werden. Doch der Protest ist nicht auf die Polizei | |
| beschränkt: Richter kündigten an, angehende JuristInnen nicht mehr zu | |
| prüfen, wenn sie nicht dazu verpflichtet sind. | |
| Von den eingeladenen SenatorInnen war an diesem Tag keiner zur | |
| Personalversammlung der Polizei gekommen; sie fehlten unentschuldigt. | |
| Gekommen war Staatsrat Holger Münch – der bis vor Kurzem noch | |
| Polizeipräsident war. Er will die Gehaltsentscheidung seiner Regierung | |
| gegenüber den ehemaligen KollegInnen „ausdrücklich nicht kommentieren“ od… | |
| „verteidigen“. Auch bei der Kritik an deren Protestformen hält er sich | |
| zurück, nennt den „bürgerfreundlichen Sommer“ nur „kontraproduktiv“. … | |
| erntet Pfiffe. Münch behilft sich mit einem Zitat von Bürgermeister Jens | |
| Böhrnsen, der schrieb, dass so eine Entscheidung „wohl nicht wieder“ zu | |
| treffen sei. Die Polizisten reagieren mit höhnischem Gelächter. | |
| Es ist sehr lange her, dass in Bremen Beamte genau das bekamen, was der | |
| Tarifabschluss Angestellten zubilligte. Selbst Polizeichef Lutz Müller | |
| sieht „keine überzeugenden Argumente“ für die unterschiedliche | |
| Besoldungsanpassung. „Die Folgen sind noch nicht überschaubar“, sagt Müll… | |
| und spricht von „Schadensbegrenzung“. Zugleich warnte er vor „staatlicher | |
| Willkür“ beim Umgang mit Ordnungswidrigkeiten. | |
| In einer Resolution forderten die Beamten das Parlament auf, die für heute | |
| angesetzte Entscheidung aufzuschieben. Der Bürgerschaftspräsident räumte | |
| dem nur „geringe“ Chancen ein. | |
| 18 Jun 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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