Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hassprediger Assem Abdel Maged: Der Fließband-Droher
> Der Salafist Assem Abdel Maged fordert, den in Deutschland lebenden
> Islamkritiker Hamed Abdel Samad mit dem Tod zu bestrafen. Eine Begegnung.
Bild: Assem Abdel Maged (Mitte) unter Gleichgesinnten.
KAIRO taz | Er kommt in für seinesgleichen typisch weißer Galabija, dem
ägyptischen Beinkleid, Schlappen und seinem Markenzeichen, dem weißen
Rauschebart, zur Tür herein. So wie radikale Islamisten eben das Antlitz
des Propheten kopieren und sich selbst zur Schau stellen. Das Büro hat die
Gamaa Islamija, die „Islamische Gruppe“, gerade im Kairoer Stadtteil Giza
eingerichtet.
Früher, in den 1990er Jahren, hat sie sich mit Anschlägen auf Touristen,
Polizisten und Christen einen Namen gemacht. 1997 haben die Gamaa der
Gewalt abgeschworen, heute haben sie ihre eigene politische Vertretung, die
„Aufbau- und Entwicklungspartei“.
Eigentlich habe er zuvor nie von Hamed Abdel Samad gehört, erzählt Assam
Abdel Maged. Das erste Mal sei er in einer Fernsehsendung des
salafistischen Senders El-Hafez, bei dem er regelmäßig Studiogast ist, mit
einem Videoclip konfrontiert gewesen, in dem Abdel Samad vom „islamischen
Faschismus“ spricht. Abdel Maged spielte sich, wie schon oft zuvor, zum
Richter im Namen der Religion auf und ließ öffentlich im Fernsehkanal
verlauten, dass es für Menschen wie Abdel Samad, als Muslim geboren, keine
Entschuldigung gäbe, wenn sie der Religion abtrünnig würden. Und dass auf
ein solches Vergehen der Tod stehe, schließlich habe er den Propheten
beleidigt. Um dann noch hinzuzufügen, dass er das Parlament auffordere, ein
Gesetz zu erlassen, das für Derartiges die Todesstrafe vorsehe.
Für Abdel Samad in Deutschland war das genug, um abzutauchen. Abdel Maged
in Kairo erläutert im Gespräch mit der taz erneut seinen Standpunkt.
Jemand, der auf diese Weise den Islam und den Propheten angreife, sei kein
Muslim mehr, führt er aus. „Abdel Samad hat nicht gesagt, dass es
Faschismus im Namen der Religion gibt. Er hat gesagt, die Religion ist
faschistisch und das Ganze hat mit der Eroberung Mekkas begonnen“. Das sei
der Grund, warum er ihn zum Abtrünnigen erklärt und seinen Tod gefordert
habe.
## „Ich habe kein Gesetz gebrochen“
Allerdings bestreitet er vehement, dass er aufgerufen habe, Abdel Samad zu
ermorden. Das überlasse er dem Gesetzgeber und der Exekutive. „Mir ist
wichtig, den deutschen Medien zu Protokoll zu geben, dass ich nicht dazu
aufgerufen habe, Abdel Samad abzuschlachten“, sagt er. „Wir werden nicht
losziehen und ihn mitten unter den Deutschen umbringen. Ich glaube auch
nicht, dass irgendjemand in Ägypten ihn auf der Straße töten will“, meint
er. „Aber ich fordere den Gesetzgeber auf, ein Gesetz zu schaffen, das den
Propheten und den Islam schützt“, fügt er hinzu.
Der radikale Islamist weiß genau, wo seine rechtlichen Grenzen liegen. Im
Fernsehen tritt er als wütender Verteidiger des Islam auf, um dann bei
seinen Aussagen doch so vage zu bleiben, nicht rechtlich belangt werden zu
können. Er hetzt auf, in dem Rahmen, den seine Rechtsberater ihm stecken.
„Ich habe kein Gesetz gebrochen, sondern lediglich ein Gesetz gefordert,
das hart mit solchen Leuten wie Abdel Samad umgeht“, sagt er.
Abdel Maged ist in der ägyptischen Medienlandschaft, vor allem in der
salafistischen, kein Unbekannter. Er ist ein Mann, der gerne verbal um sich
schlägt und der das Echo darauf sichtlich genießt. Solche Dinge fördern
schließlich den Bekanntheitsgrad – des Drohenden und des Bedrohten.
Mal ruft Abdel Maged dazu auf, Demonstranten gegen den Muslimbruder
Mohammed Mursi von der Nilbrücke zu werfen. Mal warnt er christliche
Kopten, die Ende dieses Monat an Protesten gegen die Muslimbruderschaft
teilnehmen wollen, ihre Frauen nicht zu Witwen und ihre Kinder nicht zu
Waisen zu machen. Mal ruft er seine Anhänger auf, die Häuser von Richtern
einzukesseln und die Justiz zu säubern. Mal verlangt er, dass Schauspieler
und Schauspielerinnen bestraft werden, die sich im Fernsehen in
Liebesszenen zu intim gebären.
## Lange Drohliste
Die Drohliste ist lang und reicht von Anarchisten, Kommunisten, Vertretern
des alten Regimes und allen, die sich gegen die Herrschaft der Islamisten
auflehnen, bis eben hin zum im Deutschland lebenden Islamkritiker und
Buchautor Hamed Abdel Samad, den in seinem Geburtsland Ägypten übrigens
kaum jemand kennt. Assem Abdel Maged ist ein islamistischer
Fließband-Droher.
In der Konfrontation zwischen Islamisten und Liberalen, die Ägypten nun
seit Monaten polarisiert hat, agiert Abdel Maged am äußersten öffentlichen
radikalen islamistischen Rand. Für den 30. Juni sind Großdemonstrationen
gegen den von Muslimbrüdern stammenden Präsidenten Mohammed Mursi
angekündigt. Der wird dann genau ein Jahr im Amt sein.
In landesweiten Unterschriftensammlungen versuchen die Liberalen nun schon
seit Wochen ein Momentum für vorgezogene Präsidentschaftswahlen zu
schaffen. Abdel Maged führt eine Unterschriftengegenkampagne zur
Unterstützung des Präsidenten. „Kommunisten, Nasseristen, radikale Kopten
und Vertreter des alten Regimes stecken hinter der Kampagne, die Amtszeit
des gewählten Präsidenten gewaltsam zu beenden und das Land zu
destabilisieren“, meint Abdel Maged dazu im Interview.
## Den Muslimbrüdern oft peinlich
Auf der Webseite seiner Partei erklärt er, dass die „Unterstützer des
Präsidenten am 30. Juni bereit sein werden, diesen Extremisten
entgegenzustehen, und mit denselben Mitteln antworten werden“. Auch wenn
die salafistischen Auswüchse den Muslimbrüdern oft peinlich sind. In
Zeiten, in denen sie von den Liberalen unter politischem Beschuss stehen,
halten die Islamisten zusammen. Vielleicht auch einer der Gründe, warum
sich Abdel Maged mit seinen Drohungen dieser Tage auf sicherem Terrain
wähnen kann.
Abdel Mageds eigene Geschichte war von Gewalt geprägt, der er später mit
seiner Gamaa Islamija aber abgeschworen hatte. Seine radikalen politischen
und gesellschaftlichen Ansichten hat er aber in all den Jahren behalten.
1981 war er für die Ermordung des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Anwar
as-Sadat mitangeklagt worden. Im selben Jahr hat er auch mit seiner
militanten islamistischen Gruppe einen Angriff auf das Polizeihauptquartier
im südägyptischen Assiut angeführt, bei dem 97 Polizisten ums Leben
gekommen sind. Bei der Operation war er verletzt und verhaftet und 1984 zu
25 Jahren Haft verurteilt worden.
1997 gehörte er zum Führungskader der al-Gamaa al-Islamija, der vom
Gefängnis aus eine Initiative zum Ende der Gewalt einleitete und damit eine
Serie von Anschlägen auf Touristen, Christen und Polizisten in den 1990er
Jahren in Ägypten beendete, bei denen über 1.000 Menschen ums Leben kamen.
Nachdem er 2006 aus der Haft entlassen wurde, lebte er zurückgezogen unter
dem strengen Auge der Staatssicherheit, um sich dann nach dem Sturz
Mubaraks in der Öffentlichkeit lautstark zurückzumelden.
## Nicht im Beinkleid, sondern im Anzug
Im gleichen Büro, in dem Abel Maged sein Interview gibt, taucht an diesem
Nachmittag auch ein anderer seiner Parteigenossen auf, allerdings nicht in
weißem Beinkleid und Schlappen, sondern in Anzug und Krawatte. Adel Asaad
al-Chajat wurde von Präsident Mursi gerade zum Gouverneur ernannt und ist
auf dem Weg in sein Amt eingeschworen worden, noch einmal kurz im Kairoer
Parteibüro vorbeigekommen.
Das Mitglied der Gamaa Islamija wird ausgerechnet das Gouvernement Luxor
führen. Dort hatte 1997 eine Splittergruppe der Gamaa Islamija für den
blutigen Anschlag im Tempel der Hatschepsut 1997 verantwortlich gezeichnet,
bei dem 68 Touristen, vor allem Schweizer, ums Leben kamen.
„Wir haben der Gewalt 1997 abgeschworen, und seitdem gab es keinen einzigen
Anschlag im Namen der Gamaa Islamija“, meint Abdel Maged heute dazu. Das
Interview wendet sich wieder dem Islamkritiker in Deutschland zu. Was er
denn machen würde, wenn jetzt der Hamed Abdel Samad zur Tür reinkäme und
ihn sprechen wolle? „Das“, sagt Abdel Maged, „würde er sich sicherlich
nicht trauen“.
21 Jun 2013
## AUTOREN
Karim Gawhary
## TAGS
Salafisten
Hamed Abdel-Samad
Ägypten
Islamismus
Hamed Abdel-Samad
Kopten
Geheimdienst
Ägypten
Mohammed Mursi
Ägypten
Mohammed Mursi
Ägypten
Exekution
Kairo
Hamed Abdel-Samad
## ARTIKEL ZUM THEMA
Hamed Abdel-Samad in Ägypten: Publizist vermisst
In Deutschland ist Hamed Abdel-Samad gern gesehener Talkshow-Gast. In
Ägypten muss er um sein Leben fürchten. Jetzt ist er in Kairo verschwunden.
Gewalt in Ägypten: Menschen vor Kirche erschossen
Sie wollten zu einer Hochzeit, als die Schüsse fielen: Drei Menschen
starben in Kairo vor einer koptischen Kirche. Es gibt in Ägypten immer
wieder Angriffe auf Christen.
Geheimoperation der CIA in Deutschland: Navy Seals in der Sparkasse
Deutsche Geheimdienste betrieben zusammen mit der CIA eine Datenbank über
Islamisten. Ziel der Operation unter dem Namen „Projekt 6“ war die
Sauerlandgruppe.
Gewalt in Ägypten: Mehrere Tote bei Protest gegen Mursi
Hunderttausende gingen gegen Präsident Mursi auf die Straße. Dabei fielen
Schüsse, es gab Tote und hunderte Verletzte. Der Hauptsitz der Muslimbrüder
wurde angegriffen.
Proteste in Ägypten: Der Tahrirplatz ist wieder voll
Vor einem Jahr trat Mursi sein Amt als Präsident an. Unzählige
demonstrieren zum Jubiläum gegen - und für ihn und die Muslimbrüder.
Bedrohliche Stimmung vor Jahrestag: Präsident Mursi spaltet Ägypten
Ein Jahr nach dem Amtsantritt von Muhammad Mursi bereitet sich das Land auf
ein politisches Kräftemessen vor. Millionen unterschrieben für Neuwahlen.
Anti-Mursi-Demonstrationen in Ägypten: Drei Menschen sterben bei Protesten
Nach einem neuen Ausbruch tödlicher Gewalt herrscht in Ägypten gespannte
Ruhe. Zahlreiche Ausländer verlassen das Land. Am Sonntag droht eine
weitere Eskalation.
Proteste in Ägypten: Islamisten legen vor
Eigentlich sollten die Demos der ägyptischen Opposition erst am Sonntag
beginnen. Doch die Islamisten mobilisieren bereits jetzt und die
Protestbewegung zieht nach.
52-jährige Frau hingerichtet: 500. Exekution in Texas
Kimberly McCarthy war wegen Raubmordes zum Tode verurteilt worden. Es war
die 500. Exekution nach Wiedereinführung der Todesstrafe in den USA seit
1976.
Proteste in Ägypten: Mursi versucht zu beschwichtigen
Der ägyptische Präsident Mursi forderte Minister auf, Beamte zu entlassen,
die für die Krisen verantwortlich sind. In der Nacht kam es in mehreren
Provinzen zu Protesten.
Islamkritiker Hamed Abdel-Samad: Morddrohung aus Ägypten
Der Publizist Abdel-Samad wird von ägyptischen Salafisten mit dem Tode
bedroht. Bekannt geworden ist der Deutsch-Ägypter vor allem als
Satirepartner von Henryk Broder.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.