| # taz.de -- Streit beim Staatsbesuch in Russland: Grenzenlose Unstimmigkeiten | |
| > Merkel und Putin gucken sich Kunst an. Sie will in ihrem Grußwort auch | |
| > die Beutekunst der Ausstellung ansprechen. Putin findet, das sollte man | |
| > nicht so aufbauschen. | |
| Bild: Niemand hat die Macht, einer Kanzlerin das Wort zu verbieten. | |
| BERLIN/ST. PETERSBURG taz/reuters/dpa | Der Vorgang spricht dem Titel Hohn. | |
| „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ heißt die Ausstellung in der Eremitage | |
| in St. Petersburg, die am Freitagabend gemeinsam von Russlands Präsident | |
| Wladimir Putin und seinem Gast Angela Merkel eröffnet werden soll. Doch im | |
| Vorhinein gab es Differenzen: | |
| Der Termin wurde kurz vor dem Abflug der Bundeskanzlerin nach Moskau | |
| abgesagt, „auf russisches Betreiben“, wie Vize-Regierungssprecher Georg | |
| Streiter in Berlin erklärte. Grund seien Unstimmigkeiten über die Grußworte | |
| Putins und Merkels bei der Eröffnung gewesen. Angela Merkel wollte in ihrem | |
| Grußwort offenbar auch die Beutekunst ansprechen. | |
| Ein Europa ohne Grenzen gibt es längst nicht mehr. Die Überkommenschaften | |
| aus der Bronzezeit sind deshalb Besitztümer der Nationalstaaten geworden | |
| und wie andere Kunst fielen sie deren kriegerischen Auseinandersetzungen | |
| zum Opfer. Vor allem während des Zweiten Weltkrieges erreichte der | |
| Kunstraub in Europa, zunächst von deutscher Seite ausgehend, | |
| schwindelerregende Ausmaße. Die siegreiche Rote Armee räumte später in | |
| Deutschland ab. | |
| Die von deutscher Seite während der NS-Zeit geraubten Kulturgüter wurden | |
| kurz nach Kriegsende zum großen Teil zurückgegeben. Dafür sorgten schon die | |
| Allierten Sieger. Auch die Sowjetunion gab in der Zeit zwischen 1955 und | |
| 1960 rund 1,5 Millionen Museumsstücke an die DDR zurück, darunter 1240 | |
| Werke der Dresdner Gemäldegalerie, das Grüne Gewölbe und den berühmten | |
| Berliner Pergamonaltar. | |
| ## Die Rückgabe Kunstschätze | |
| Im deutsch-russischen Nachbarschaftsvertrag aus dem Jahr 1990 wurde der | |
| Artikel 16 geschaffen, der beide Seiten weiterhin zur Rückgabe von | |
| Beutekunst verpflichtet. Ohne großen Erfolg drängt Deutschland seither auf | |
| die Rückgabe der noch in Russland befindlichen Kunstschätze, etwa des Golds | |
| der Merowinger und des sogenannten Schatzes von Eberswalde. | |
| Dieser ist wie weitere 600 Objekte, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus | |
| Deutschland nach Russland gebracht wurden, Teil der aktuellen Ausstellung | |
| in St. Petersburg. Am Nachmittag hieß es dann plötzlich aus dem Büro | |
| Putins: der russische Präsident und Merkel gingen nach der Absage am Morgen | |
| nun doch gemeinsam am Abend zur Beutekunst-Ausstellung. | |
| Putin bestritt allerdings, dass die Ausstellungseröffnung abgesagt worden | |
| sei. Es sei nur um die Frage gegangen, ob es genügend Zeit für die Fahrt | |
| zur Eremitage geben werde. „Jetzt haben wir mit der Frau Bundeskanzlerin | |
| die Agenda angeschaut und gesehen, dass wir genügend Zeit haben. Diese | |
| Problem existiert gar nicht“, betonte er. | |
| „Niemand hat die Macht, einer Bundeskanzlerin zu verbieten etwas zu sagen, | |
| wenn sie dies gern möchte“, fügte Michail Schwydkow, der Vertreter des | |
| Präsidenten für internationale kulturelle Zusammenarbeit. Behauptungen, | |
| dass Merkel bei der Ausstellung nicht habe reden sollen, seien | |
| „Verschwörungstheorien, die nichts mit der Realität gemein haben“, sagte | |
| der prominente Kulturpolitiker der Agentur Interfax. | |
| ## Sofortiges Einverständnis | |
| Merkel antwortet: „Ein direktes Gespräch zwischen dem Präsidenten und mir | |
| hat dazu geführt, dass sofort ein Einverständnis darüber war, dass beide | |
| heute etwas zur Presse über diese Ausstellung sagen.“ Damit sei das Problem | |
| als solches gelöst. | |
| Putin erklärte weiter, deutsche Forderungen nach Rückgabe von | |
| Kunstgegenständen seien eine sehr delikate Frage. „Wenn wir uns vorwärts | |
| bewegen wollen, müssen wir das heute nicht aufbauschen, sondern | |
| irgendwelche Lösungswege suchen.“ Jetzt solle keine Diskussion dazu | |
| gestartet werden, denn es gebe auf der russischen Seite auch Stimmen, die | |
| die Verluste von Kunstwerken durch den Einfall der Deutschen aufrechnen | |
| wollten. | |
| Der Vorfall fügt sich ein in eine Reihe von Differenzen in den | |
| deutsch-russischen Beziehungen. Erst kürzlich sorgte das russische Vorgehen | |
| [1][gegen ausländische Stiftungen] für Verstimmung, darunter die CDU-nahe | |
| [2][Konrad-Adenauer-Stiftung]. | |
| 21 Jun 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Brigitte Werneburg | |
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