# taz.de -- NSU-Prozess am OLG München: „Gewachsene Unordnung“ | |
> Die Schilderungen eines Ermittlers spiegeln die abwertende Sichtweise des | |
> Beamten wider. Mit einem Antrag wollen Nebenkläger V-Leute und | |
> Rechtsextreme vorladen. | |
Bild: Das OLG München am Montag vor der Beweisaufnahme. | |
MÜNCHEN taz | Zwölf Jahre und elf Tage ist der Mord an Abdurrahim Özüdoğru | |
her. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen den 49-Jährigen am späten | |
Nachmittag des 13. Juni 2001 in seiner Nürnberger Änderungsschneiderei | |
erschossen haben. Zwei Schüsse trafen den Mann. Der erste unter der Nase, | |
streckte Özüdoğru nieder. Der zweite Schuss ging in die Schläfe – da lag … | |
bereits am Boden. | |
Bild für Bild erklärt Norbert Hahn, der Kriminalbeamt aus Nürnberg, der den | |
Tatort nach den Streifenbeamten in Augenschein nahm, was er vorfand. Es ist | |
der 14. Verhandlungstag im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht | |
und Hahn ist als Zeuge geladen. | |
Beate Zschäpe, der vorgeworfen wird, den Mord an Özüdoğru und neun weiteren | |
Menschen gemeinsam mit Mundlos und Böhnhardt geplant zu haben, schaut | |
konzentriert auf ihren Computer, während die Bilder vom Tatort gezeigt | |
werden. Sie blickt nicht auf. | |
Darüber hinaus fällt vor allem eines auf: Wie abwertend der Polizist auch | |
Jahre später noch über das Opfer spricht. Immer wieder weist Hahn ohne | |
erkennbaren Grund auf die „gewachsene Unordnung“ in Özüdoğrus | |
Schneiderwerkstatt und der angrenzenden Zwei-Zimmer-Wohnung hin. In den | |
Schränken habe sich „Krimskrams“ befunden, sagt er. Und als der Vorsitzende | |
Richter Manfred Götzl sich nach einer Frau erkundigt, die in den Akten | |
erwähnt ist, sagt Hahn: „Das ist die Freundin, die sich der Herr Özüdoğru | |
nach seiner Scheidung zugelegt hat.“ | |
Für Aufsehen sorgt ein Antrag der Nebenklage der Familie Yozgat, deren Sohn | |
Halit 2006 in seinem Internet-Café in Kassel erschossen worden war. | |
Rechtsanwalt Thomas Bliwier beantragte, V-Männer und Zschäpes neu | |
entdeckten Brieffreund als Zeugen vorzuladen. „Durch rechtzeitiges | |
Eingreifen hätten die Taten verhindert werden können“, sagte Bliwier am | |
Montag. Der Familie Yozgat gehe es darum, aufzuklären, warum nicht früher | |
ermittelt wurde und welches Netzwerk den NSU im Hintergrund unterstützte. | |
## „Bloße Behauptungen ins Blaue hinein“ | |
Robin Sch., mit dem die inhaftierte Zschäpe Briefkontakt hält, und der | |
Ex-V-Mann Sebastian S. aus Dortmund sollen auf Antrag der Nebenklage als | |
Zeugen geladen werden. Sebastian S. soll bestätigen, Uwe Mundlos, Uwe | |
Böhnhardt und Robin Sch. am 18. März 2006 bei einem Konzert der | |
Rechtsrockband „Oidoxie" in Kassel gesehen zu haben. | |
Knapp drei Wochen nach dem Konzert wurde das mutmaßliche NSU-Opfer Mehmet | |
Kubasik in Dortmund ermordet. Bliwier vermutet, Sebastian S. und Robin Sch. | |
könnten Hinweise für den Mord geliefert haben. Bestätigt sich der damalige | |
Kontakt, wäre auch klar, warum Ronny Sch. und Zschäpe in der Haft | |
Briefkontakt pflegen. | |
Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz sollen, so heißt es in dem | |
Antrag, diese Kontakte bekannt gewesen sein. Auch könnte der hessische | |
Verfassungsschutz über mögliche Beziehungen der Kassler Szene zu Mundlos | |
und Böhnhardt von einem V-Mann Infos erhalten haben, so vermuten die | |
Nebenkläger. Und wollen auch hier nachfassen. | |
Die Verteidigung Zschäpes wies die Ausführungen der Nebenkläger zu den | |
möglichen Kontakten als „bloße Behauptungen ins Blaue hinein“ zurück. Von | |
einer Vernehmung der beiden Männer sei nichts Tat- und Schuldrelevantes zu | |
erwarten, sagte Zschäpes Verteidigerin Anja Sturm. Es gäbe daher keinen | |
Anlass den Anträgen nachzugehen. Vier weitere Nebenklagevertreter schlossen | |
sich daraufhin dem gestellten Antrag der Rechtsanwälte der Familie Yozgat | |
an. | |
In Kooperation mit Radio Lora München, [1][www.lora924.de] | |
24 Jun 2013 | |
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## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
Andreas Speit | |
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