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# taz.de -- Datenschutz im Geheimdienstverkehr: Machtlos gegen die USA
> Datenschützer fordern ein entschlossenes Handeln der Bundesregierung.
> Doch die hat keine Handhabe und andere Interessen.
Bild: Datenschützer protestieren Anfang Juni vor dem Bundesinnenministerium.
FREIBURG taz | Starke Worte der Datenschutzbeauftragten von Bund und
Ländern: „Wir erwarten, dass die Bundesregierung alles unternimmt, um die
Menschen in Deutschland vor informationellen Zugriffen Dritter zu schützen,
die mit der Verfassungsordnung des Grundgesetzes nicht im Einklang stehen“,
hieß es am Mittwoch. Das wird ein frommer Wunsch bleiben.
Gegen eine anlasslose Überwachung des internationalen Telefon- und
Internet-Verkehrs kann die deutsche Regierung schon deshalb nicht glaubhaft
protestieren, weil der Bundesnachrichtendienst (BND) seit Jahrzehnten eben
das tut. Und weil US- und britischen Dienste leistungsfähiger sind als der
BND, hat Berlin eher ein Interesse an Kooperation als am Rückbau von deren
Fähigkeiten.
Deutsche Sicherheitsbehörden erhalten ständig Informationen von
„Partner-Diensten“ im Ausland. So wurde die islamistische
„Sauerland-Gruppe“, die 2007 Autobomben-Anschläge in Deutschland plante,
vom berüchtigten US-Geheimdienst NSA enttarnt. Wie diese Hinweise gewonnen
wurden, hat die NSA dabei nicht mitgeteilt. Und wenn die Bundesrepublik
nachgefragt hätte, hätte man keine Antwort bekommen. So ist das in
Geheimdienstkreisen üblich.
In Deutschland gilt die Devise: Solche Informationen werden genutzt und
gespeichert, so lange es zum Beispiel keine offensichtlichen Anzeichen
gibt, dass sie durch Folter gewonnen wurden. Und wenn ein unmittelbar
drohender Anschlag verhindert werden kann, dann gilt nicht einmal diese
Einschränkung.
## Datenschutz gilt nicht für Geheimdienstsverkehr
Datenschutz spielt im Geheimdienstverkehr keine Rolle. Dass auch deutsche
Gespräche nach England und in die Vereinigten Staaten flächendeckend
überprüft werden, dürften die Partnerdienste wohl mit dem Verweis kontern,
dass die Anschläge vom 11. 9. 2001 in Hamburg vorbereitet wurden.
Peter Schaar, der Bundesdatenschutz-Beauftragte, hat vor wenigen Tagen ein
internationales Abkommen gegen übermäßige Internetüberwachung
vorgeschlagen. Den Inhalt hat er offen gelassen. Doch es ist schon kaum
vorstellbar, dass sich Länder wie die USA oder Großbritannien an einem
solchen Vertrag beteiligen würden. Für sie ist es eine Frage der nationalen
Souveränität, sich hier nicht hereinreden zu lassen.
Auch die EU, zu der Großbritannien ja gehört, hat wenig
Einflussmöglichkeiten. Das europäische Datenschutzrecht ist bisher im
wesentlichen auf Wirtschaft und Verwaltung beschränkt. Datenschutz bei der
Polizei spielt nur in der internationalen Zusammenarbeit eine Rolle.
Ansonsten heißt es in der Datenschutz-Richtlinie von 1995: „auf keinen
Fall“ dürften hier Fragen der „öffentlichen Sicherheit, der
Landesverteidigung, der Sicherheit des Staates“ geregelt werden. Das ist
weiter rein nationale Sache und wird es wohl auch nach der derzeit
verhandelten Modernisierung des EU-Datenschutzrechts bleiben.
Der Bundesregierung bleibt da kaum mehr, als von Großbritannien und den USA
Aufklärung zu erbitten. Und wenn keine Antworten kommmen, wird man eben
klein beigeben. Und auch der öffentliche Unmut wird schnell so wieder
verrauchen wie 1994. Damals wurde nur kurz diskutiert, dass der BND nun im
internationalen Fernmelde-Verkehr anlasslos nach Terroristen und
Kriminellen suchen darf. Seitdem war das kein großes Thema mehr.
26 Jun 2013
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Datenschutz
NSA
Prism
Peter Schaar
Geheimdienst
NSA
EuGH
Datenschutz
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