| # taz.de -- Flüchtlinge blockieren Straße: Stop-and-go am Oranienplatz | |
| > Flüchtlinge blockieren über Stunden die Oranienstraße vor ihrem Camp. | |
| > Bürgermeister will Treffen mit Bundespolitik organisieren und wendet so | |
| > Räumung ab. | |
| Bild: Da war die Oranienstraße dicht: Flüchtlingsprotest auf dem Asphalt am M… | |
| Um halb elf ziehen die Flüchtlinge die ersten Bierbänke aus ihrem | |
| Protestcamp auf die Oranienstraße, stellen sich mit Transparenten davor. | |
| Drei Autos schieben sich noch an der Blockade vorbei, dann ist die Straße | |
| auf beiden Seiten dicht. Und das für die nächsten Stunden. | |
| Mit der Aktion wollten die seit letztem Oktober am Oranienplatz | |
| protestierenden Asylbewerber am Montag erneut auf ihre Lage aufmerksam | |
| machen. „Wir sitzen hier seit Monaten, und nichts passiert“, klagt der | |
| Nigerianer Bashir, ein kräftiger Anfangvierziger. „Wir werden ignoriert, | |
| das kann so nicht weitergehen.“ Mit 40 weiteren Flüchtlingen steht er auf | |
| der Straße, lässt sich in einen Klappstuhl fallen. | |
| Die Polizei lässt nicht lange auf sich warten, hält sich aber zurück. Die | |
| Flüchtlinge fordern einen Bundespolitiker, der für Asylpolitik | |
| verantwortlich ist. Der Verkehr, auch der M 29er Bus, wird am Moritzplatz | |
| umgeleitet, von dort bis zur Adalbertstraße sperrt die Polizei alles ab. | |
| Nach einer Stunde erscheinen aber nur der grüne Bezirksbürgermeister Franz | |
| Schulz und Andreas Germershausen, Referatsleiter der Berliner | |
| Integrationsbeauftragten Monika Lüke. Schulz wiederholt, er unterstütze die | |
| Forderungen der Flüchtlinge. Germershausen wiederum lobt das Engagement des | |
| Bürgermeisters für das Protestcamp als „herausragend“. Nur versprechen | |
| wollen beide nichts. „Wir sind die falschen Ansprechpartner“, sagt Schulz. | |
| „Gehen Sie dorthin, wo wirklich Flüchtlingspolitik gemacht wird.“ | |
| Germershauen sprach schon einmal den Flüchtlingen, zusammen mit | |
| Sozialsenatorin Dilek Kolat (SPD), im vergangenen Winter, als einige der | |
| Asylbewerber vorm Brandenburger Tor hungerstreikten. „Wir haben unsere | |
| Zusagen gehalten“, sagt Germershausen. Die Abschaffung der Residenzpflicht | |
| sei in den Bundesrat eingereicht worden, wenn auch erfolglos. Das | |
| Arbeitsverbot für Asylbewerber sei von einem auf ein Dreivierteljahr | |
| verkürzt worden. | |
| ## Mittag statt Räumung | |
| Die Flüchtlinge bestehen dagegen auf ihren Forderungen, die auf einem | |
| weißen Transparent nun über der Straße hängen: keine Abschiebungen, keine | |
| Flüchtlingslager, Bewegungsfreiheit. Auch Schulz’ Vorschlag, sich kommende | |
| Woche mit Bundespolitikern zu einem Gespräch im Camp zu verabreden, | |
| überzeugt nur wenige. „Danach stehen wir eh wieder mit leeren Händen da“, | |
| schimpft Bashir. 20 Leute lebten in einem Zelt, klagt ein junger Flüchtling | |
| aus Libyen. „Das ist kein Leben. Lasst doch die Polizei kommen, wir haben | |
| nichts mehr zu verlieren.“ | |
| Vier Stunden sind da bereits vergangen. Inzwischen ist auch eine | |
| Einsatzhundertschaft der Polizei vor Ort, ein Polizeiführer gibt fünf | |
| Minuten – dann werde geräumt. Die Flüchtlinge aber schleppen Kochtöpfe auf | |
| die Straße, teilen Mittagessen aus: Reis mit Putencurry. Und die Polizei | |
| räumt nicht. | |
| Beim Essen verhandelt Schulz weiter – und erreicht die Wende: Die | |
| Flüchtlinge stimmen dem Treffen mit Bundespolitikern zu. „Wenn das aber | |
| keine Ergebnisse bringt, werden wir uns nicht mehr so einfach abspeisen | |
| lassen“, kündigt Bashir an. Dann räumen sie Banner, Bänke und Matratzen von | |
| der Straße. Die Polizei fährt ihre Mannschaftswagen weg. Kurz vor 15 Uhr | |
| fließt der Verkehr wieder über den Oranienplatz. Der Flüchtlingsprotest | |
| geht im Zelt weiter. | |
| 8 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
| Benjamin Zimmermann | |
| ## TAGS | |
| Akademie der Künste Berlin | |
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