| # taz.de -- Berufungskammer des UN-Tribunals: Karadzic erneut belastet | |
| > Überraschung in Den Haag: Das UN-Tribunal für Kriegsverbrechen in | |
| > Ex-Jugoslawien hat die Klage gegen Radovan Karadzic wieder in Kraft | |
| > gesetzt. | |
| Bild: Alles von vorn? Radovan Karadzic in Den Haag | |
| SARAJEVO taz | Überraschend hat die Berufungskammer des UN-Tribunals für | |
| Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien in Den Haag den ehemaligen | |
| serbischen Nationalistenführer Radovan Karadzic erneut belastet. | |
| Der im letzten Jahr ergangene Freispruch vom Vorwurf des Völkermords in | |
| einem Punkt wurde am Donnerstag wieder aufgehoben. Richter Theodor Meron | |
| sagte, damit sei die Klage gegen Karadzic wieder in Kraft. Das UN-Tribunal | |
| hatte im Juni 2012 geurteilt, für die Einstufung von im Jahr 1992 in vielen | |
| bosnischen Gemeinden verübten Gewalttaten als Völkermord gebe es keine | |
| ausreichenden Beweise. | |
| Bei den Gewalttaten im Jahr 1992 handelt es sich um die Verbrechen der | |
| ethnischen Säuberungen in weiten Teilen Bosnien und Herzgowinas. Bei der | |
| seit April 1992 durchgeführten Offensive serbischer Truppen wurden zwei | |
| Drittel des Landes erobert und alle Nichtserben aus diesen Gebieten mit | |
| Gewalt vertrieben. | |
| Etwa zwei Millionen Menschen wurden in die Flucht getrieben, Zehntausende | |
| wurden in Lagern oder an ihren Heimatorten in Massakern getötet. Die | |
| Konzentrationslager Omarska und Keraterm in der westbosnischen Stadt | |
| Prijedor, in denen allein weit über 1.000 Menschen ermordet wurden, waren | |
| der Anlass für die Gründung des UN-Tribunals in Den Haag. | |
| ## Weit über den Prozess hinausgehende politische Bedeutung | |
| Nach damaliger Einstufung waren die Verbrechen der ethnischen Säuberungen | |
| ein Genozid. Die Frage der Einstufung dieser Verbrechen war Anlass für | |
| scharfe Diskussionen und Auseinandersetzungen unter internationalen | |
| Juristen und natürlich in Bosnien und Herzegowina selbst. | |
| Die lokalen serbischen Behörden beriefen sich zunehmend auf die vom | |
| Internationalen Gerichtshof in Den Haag gegebene Einschätzung von 2007, es | |
| handele sich bei den damaligen Verbrechen nicht um Genozid. 2007 wurden | |
| allein die Verbrechen in Srebrenica als Genozid anerkannt. Angeblich | |
| fehlten in Bezug auf die 1992 stattgefundenen Verbrechen die Beweise, was | |
| lokalen serbischen Behörden bis heute als entlastend bewerteten. | |
| So hat die Entscheidung des Berufungsgerichtes, Radovan Karadzic nicht von | |
| den Verbrechen von 1992 zu entlasten, eine weit über den Prozess | |
| hinausgehende politische Bedeutung. Der frühere bosnische Serbenführer | |
| bleibt weiterhin wegen Völkermords in Srebrenica angeklagt. | |
| Karadzic muss sich seit Oktober 2009 vor dem Haager Tribunal verantworten. | |
| Er war im Juli 2008 in der serbischen Hauptstadt Belgrad gefasst worden, | |
| nachdem er sich 13 Jahre lang versteckt gehalten hatte. Insgesamt starben | |
| im Bosnienkrieg etwa 100.000 Menschen. Rund 2,2 Millionen weitere Menschen | |
| wurden aus ihrer Heimat vertrieben. | |
| 11 Jul 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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