| # taz.de -- Frauenfußball-EM 2013: Locker in Schweden | |
| > Um die diesjährige Frauenfußball-EM herrscht weniger Trubel als um | |
| > frühere Wettkämpfe. Scheinbar hat das einen positiven Effekt auf das | |
| > DFB-Team. | |
| Bild: Training – und ein Kamerateam ist immer dabei | |
| Ja, ich habe mich gefreut, als die deutschen Fußballfrauen 2011 von den | |
| Japanerinnen aus dem Turnier gekickt wurden. | |
| Endlich war sie vorbei, diese aufgesetzte Erregtheit wegen „unserer | |
| Mädels“. Es war wie in einer (Kurz-)Beziehung, in der man selbst mehr | |
| geliebt wird, als man zurückgeben kann. Egal, wie sehr sich der Partner | |
| oder die Partnerin müht, man empfindet einfach nicht genug. Sich das selbst | |
| einzugestehen ist schwer, das zu artikulieren noch schwerer – und geht es | |
| um Fußball, grenzt der Liebesentzug gegenüber einer deutschen Auswahl an | |
| Landesverrat. | |
| Dieser Hype bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land war abstoßend. Es war | |
| ein von oben diktiertes „Wir machen’s so wie 2006!“ Wieder ein | |
| Sommermärchen. Wieder in Deutschland. Diesmal halt mit den Frauen. Packen | |
| wir’s an! Beziehung ist halt auch Arbeit. | |
| Bei der WM 2011 hatte das kleinste Stadion, das in Bochum, 20.000 | |
| Sitzplätze. Das Eröffnungsspiel fand gar im mehr als 70.000 Plätze | |
| bietenden Berliner Olympiastadion statt. Das deutsche Team spielte in der | |
| Vorrunde in ebendiesem Olympiastadion, in Frankfurt (48.000 Plätze) und | |
| Mönchengladbach (45.000) sowie das Viertelfinale in Wolfsburg (26.000). | |
| Alle Spiele waren ausverkauft. Alle wurden von mehr als 15 Millionen | |
| ZuschauerInnen im Fernsehen geguckt. Dann war Schluss für die Deutschen. | |
| Und als die Arbeit vorbei war, war ich froh. Und mit ziemlicher Sicherheit | |
| nicht nur ich. In der anschließenden Bundesligasaison kamen im Schnitt | |
| 1.121 ZuschauerInnen pro Partie – das war zwar ein deutlicher Anstieg im | |
| Vergleich zum Vorjahr, inzwischen hat sich die Zahl der Besucher aber | |
| längst wieder eingependelt – auf gerade einmal 890 pro Spiel. | |
| ## Der „Riesenhype“ bleibt aus | |
| In Schweden, bei der diesjährigen Europameisterschaft, fasst bis auf das | |
| Stadion im Finalort Solna, in das 50.000 Zuschauer hineinpassen, keine | |
| Arena mehr als 15.000 BesucherInnen. Die deutsche Elf spielt in der | |
| Vorrunde in Växjo (11.000 Plätze) und Kalmar (11.800 Plätze). Die ersten | |
| beiden Partien in Växjo waren nicht ausverkauft. | |
| Es gibt auch nicht jeden Tag Sonderseiten in den deutschen Zeitungen, die | |
| dann – nach dem unerwarteten Ausscheiden der Deutschen – einfach mal auf | |
| eine halbe Seite reduziert wurden. Ebenso wenig wie stundenlange | |
| Sonderberichterstattung im Fernsehen und Horden von Medienvertretern und | |
| Fans beim Training und vor den Hotels der Spielerinnen. Und auch keine | |
| Fanmeilen und keinen Theo Zwanziger, der einem immer wieder einzutrichtern | |
| versucht, wie wichtig, groß und toll der Frauenfußball doch sei. | |
| Sogar das deutsche Team scheint froh zu sein, dass in Schweden alles zwei | |
| Nummern kleiner ist. 2011 „überwog die Belastung durch diesen Riesenhype“, | |
| sagte Bundestrainerin Silvia Neid der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. | |
| „Jetzt haben wir diese Leichtigkeit.“ | |
| ## Die EM wirkt aus sich selbst heraus | |
| Das Turnier in Schweden scheint genau das richtige Gegenmittel zu sein für | |
| alle, die während der WM 2011 sauer aufstoßen mussten. Das Maaloxan für die | |
| ZuschauerInnen. So wie einst die Olympischen Spiele 1994 in Lillehammer, | |
| die in der Rückschau wie die letzte Ruhe vor dem großen Sturm der | |
| Olympia-Gigantomanie wirken: Ein kleiner Ort im dünn besiedelten Norwegen, | |
| wo die nordischen Sportarten zu Hause waren und sind und wo sich die | |
| Menschen wirklich für Wintersport begeisterten. | |
| Wie damals in Lillehammer braucht es auch heute in Schweden kein ständig | |
| wiederkehrendes Marketing-Mantra, um die Bedeutung des Ereignisses | |
| herbeizuschreien. Die EM 2013 wirkt aus sich selbst heraus. | |
| Und auch die ZuschauerInnen hierzulande nehmen das Turnier an. Knapp sechs | |
| Millionen sahen am Sonntagabend das [1][3:0 der Deutschen gegen Island]. | |
| Zugegeben, an die Quoten von 2011 werden die übertragenden Sender in diesem | |
| Sommer nicht heranreichen. Aber wen stört das? | |
| Mich nicht. Im Gegenteil. Es fühlt sich viel besser an. Ehrlicher. Es gibt | |
| mir die Chance, den Frauenfußball wieder lieben zu lernen. Diesmal werde | |
| ich mich nicht freuen, sollten die Deutschen vorzeitig rausfliegen. Glaube | |
| ich zumindest. | |
| 17 Jul 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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