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# taz.de -- Gesetzgebung gegen Rassismus: Das Sarrazin-Versprechen
> Die Bundesregierung will prüfen, ob die Gesetze gegen Rassismus
> ausreichen. Die türkische Gemeinde macht jetzt Vorschläge, wie das
> aussehen könnte.
Bild: Ungestraft rassistisch: Thilo Sarrazin bei der Frankfurter Buchmesse 2010
BERLIN taz | „Das Thema Rassismus kommt in der Ausbildung von
Staatsanwälten, Richtern und Anwälten bislang zu wenig vor“, fürchtet Kenan
Kolat, der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland. „Bei
der nächsten Justizministerkonferenz sollte darüber gesprochen werden, wie
sich das verbessern lässt.“ Die bestehenden Gesetze gegen Volksverhetzung
und Beleidigung reichten zwar aus, so Kolat. Nötig sei aber vielleicht
„eine Klarstellung im Gesetz“, dass es auch Rassismus jenseits des
klassischen Rechtsextremismus aus der Nazizeit gebe.
Kolat reagiert damit auf eine Ankündigung der Bundesregierung, die
deutschen Gesetze daraufhin zu überprüfen, ob sie genügend Schutz vor
rassistischen Äußerungen bieten. Das hat die Bundesregierung in ihrer
Antwort an den Antirassismus-Ausschuss der Vereinten Nationen zugesagt. Wie
und in welcher Form diese „Überprüfung“ stattfinden soll, schreibt sie ab…
nicht. Kolat schlägt vor, einen Ausschuss aus Fachleuten und
Ministerialbeamten einzurichten, der konkrete Verbesserungsvorschläge
macht.
In ihrem Schreiben erklärt die Bundesregierung auch, sie habe die Berliner
Staatsanwaltschaft gebeten, ihre Gründe für die Einstellung des
Ermittlungsverfahrens gegen Thilo Sarrazin zu überprüfen. „Ein
Ermittlungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden, wenn dazu
ein Anlass besteht“, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums der taz.
Ob im Fall Sarrazin ein Anlass besteht, dazu wollte sie sich nicht äußern.
Kenan Kolat fordert von der Berliner Staatsanwaltschaft, das 2009
eingestellte Strafverfahren gegen Thilo Sarrazin wieder aufzunehmen. Der
Berliner Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) solle die Initiative
ergreifen.
Der Antirassismus-Ausschuss der UN hatte die Bundesrepublik im April dafür
gerügt, dass die deutsche Justiz gegen Thilo Sarrazin völlig tatenlos
geblieben war. Dabei hatte es gegen den früheren Berliner SPD-Finanzsenator
eine Vielzahl von Klagen gegeben. Schon in einem Interview, das er der
Kulturzeitschrift Lettre International im Jahr 2009 gab, hatte er den
türkischen und arabischen Einwanderern Berlins kollektiv vorgeworfen, sie
hätten „keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel�…
Außerdem unterstellte er ihnen die Absicht, die Bundesrepublik durch eine
hohe Geburtenrate zu „erobern“. Später verdichtete er seine Weltsicht in
seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ zu einer allgemeinen
Verblödungstheorie. Die Berliner Justiz hatte ein Verfahren gegen Sarrazin
damals mit der Begründung eingestellt, dieser habe nicht zu Hass oder
Gewalt aufgerufen, deshalb seien seine Äußerungen von der Meinungsfreiheit
gedeckt. Nach der UN-Antirassismus-Konvention, die Deutschland
unterschrieben hat, gehört die Verbreitung rassistischen Gedankenguts
allerdings bestraft.
Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg hatte sich an den
Antirassismus-Ausschuss der UN gewandt. Dessen Rüge wertet er als Erfolg –
und wundert sich über das verhaltene Echo. „Den Thesen von Thilo Sarrazin
wurde in den Medien damals viel Platz eingeräumt. Dass die UN-Rüge in den
Medien jetzt vergleichsweise wenig Beachtung findet, wundert uns sehr“, so
Kenan Kolat. Er findet, dass sich zumindest die Politik des Themas annehmen
sollte – etwa in Form einer aktuellen Stunde im Bundestag. Doch er ist
wenig optimistisch: „Auch von den Oppositionsparteien ist in dieser
Hinsicht derzeit nur wenig zu hören.“
15 Jul 2013
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
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