# taz.de -- taz-Serie Stadtwerk (3/3): Damit das Wasser warm bleibt | |
> Der Berliner Energietisch fordert ein Stadtwerk, das ökologisch, | |
> demokratisch und sozial ist. Die taz beleuchtet dies in einer | |
> dreiteiligen Serie. Teil 3: Das faire Stadtwerk. | |
Bild: Hier sollen die Mieten wegen anstehender Sanierung steigen: Bad mit Warmw… | |
Das Licht ist aus, der Kühlschrank warm und das Radio läuft höchstens noch | |
mit Batterien: Wer mit der Bezahlung seiner Stromrechnung um mindestens 100 | |
Euro im Rückstand ist und Mahnungen ignoriert, dem kann der Versorger vier | |
Wochen nach einer Sperrandrohung den Saft abdrehen ([1][Link: | |
Stromversorgungsverordnung]). | |
[2][8080/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-11531.pdf:19.000 Mal] ist das | |
2012 in Berlin geschehen. | |
[3][8080/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-10596.pdf:Bis zu fünf Tage] | |
kann es erfahrungsgemäß dauern, bis der Strom wieder fließt. Dafür muss | |
dann etwa das Jobcenter ein Darlehen zur Abzahlung in Aussicht gestellt | |
haben. Zu den Schulden kommen allerdings noch mal knapp 100 Euro hinzu: in | |
Berlin berechnet der Stromnetzbetreiber 43 Euro für die Unterbrechung und | |
52 für die Wiederherstellung der Anschlussnutzung ([4][Link: PDF, S. 7]). | |
Solche Stromsperren soll das designierte Stadtwerk möglichst vermeiden, das | |
sieht [5][das Konzept des Energietisches] vor. Es ist ein Baustein der | |
„sozialen Gerechtigkeit“, die der Energietisch ebenso zum Geschäftszweck | |
erheben will wie ökologische Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Das | |
Stadtwerk soll Energiearmut in der Stadt entgegenwirken. Viele verbinden | |
damit die Hoffnung auf niedrigere Strompreise, obwohl das Volksbegehren | |
dies nirgendwo verspricht. | |
Es wäre auch kaum möglich, sagt Unternehmensberater [6][Christof Schorsch], | |
der schon für mehrere Stadtwerke gearbeitet hat: „Der Endkundenpreis im | |
Strom ist von kommunalen Stadtwerken nur sehr begrenzt zu beeinflussen.“ | |
Nur bei Erzeugung, Beschaffung, Betrieb und Service besäße ein Stadtwerk | |
kleine Spielräume für seine Preispolitik. Zwanzig Prozent des Strompreises | |
gehen auf die Netznutzung zurück, ein Stadtwerk kann daran nichts ändern. | |
Und den größten Anteil, mehr als 50 Prozent, machen Steuern und Abgaben | |
aus. Doch über sie entscheidet der Bund. | |
Die [7][Linksfraktion im Bundestag] etwa will durch eine stärkere | |
Preisaufsicht des Bundes, die Abschaffung der Rabatte für Großunternehmen | |
und die Herabsetzung der Stromsteuer den Kilowattstundenpreis um fünf Cent | |
senken. Dagegen soll eine Verschärfung des CO2-Emissionshandels mehr Geld | |
in die Staatskasse spülen. Jedem Haushalt will die Linke ein kostenloses | |
Grundkontingent an Energie zugestehen. Darüber hinausgehender Verbrauch | |
würde teurer. | |
Genau solche möglichen Zusammenhänge zwischen Sozial- und | |
Energieeffizienzzielen untersucht die [8][Sozialwissenschaftlerin Kerstin | |
Tews] vom Forschungszentrum für Umweltpolitik der FU Berlin. Sie hat Daten | |
von 22.000 einkommensschwachen Haushalten ausgewertet, die [9][die | |
Initiative Stromsparcheck] beraten hat. Bei 28 Prozent davon steigen | |
Verbrauch und Kosten immens, weil ihr Wasser elektrisch erwärmt wird. Im | |
bundesweiten Durchschnitt sind nur 20 Prozent auf diese energie- und | |
kostenintensive Technik angewiesen. Tews folgert: „Indizien lassen | |
vermuten, dass arme Menschen eben nicht nur beim Einkommen, sondern vor | |
allem bei der Energieeffizienz schlechter gestellt sind.“ Sie wohnten oft | |
in schlechter gedämmten Gebäuden oder nutzten ältere Haushaltsgeräte mit | |
hohem Verbrauch. Darin liege Potenzial für ein soziales Stadtwerk. | |
Tews gefällt die Definition des Energietisches von „Energiearmut“: „Er | |
begreift Energiearmut als mangelhaften Zugang zu Effizienzdienstleistungen | |
und eben nicht nur mit Blick auf niedrige Preise.“ Das gehe weit darüber | |
hinaus, was mit dem Begriff in Deutschland sonst thematisiert werde. Zwei | |
konkrete Ableitungen aus dieser Definition stehen im [10][Gesetzentwurf]: | |
Das Stadtwerk soll sozialverträgliche energetische Gebäudesanierungen und | |
den Einsatz energiesparender Haushaltsgeräte für Einkommensschwache | |
fördern. Bei Sanierungen könnte ein Stadtwerk wohl zumindest Beratungen | |
anbieten und Kompromisse vermitteln, wie ihn [11][das Bezirksamt | |
Friedrichshain-Kreuzberg im Mai] mit einem Eigentümer von 350 Wohnungen | |
schloss: Die Kommune beschleunigt das Genehmigungsverfahren für die | |
Sanierung, der Eigentümer verzichtet auf eine Umlage der Kosten auf die | |
Mieter. Vorbilder gibt es auch für die Abwrackprämie auf Stromfresser: | |
[12][In Stuttgart] kassieren Stadtwerkekunden derzeit 50 Euro, wenn sie | |
ihren alten gegen einen neuen, sparsamen Kühlschrank tauschen. | |
16 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.gesetze-im-internet.de/stromgvv/BJNR239110006.html | |
[2] http://www.parlament-berlin.de | |
[3] http://www.parlament-berlin.de | |
[4] http://www.stromnetz-berlin.de/de/file/NNE-B-2013_23971052.pdf | |
[5] http://berliner-energietisch.net/images/gesetzentwurf%20und%20begrndung.pdf | |
[6] http://www.lbd.de/cms/1.0-ueber-die-lbd/1.4-mitarbeiter/mitarbeiter-prokuri… | |
[7] http://www.linksfraktion.de/positionspapiere/wie-energiewende-sozial-wird-2… | |
[8] http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/forschung/systeme/ffu/ueber_uns/team… | |
[9] http://www.stromspar-check.de/ | |
[10] http://berliner-energietisch.net/images/gesetzentwurf%20und%20begrndung.pdf | |
[11] http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/aktuelles/pressemitteilun… | |
[12] http://stadtwerke-stuttgart.de/foerderprogramm/stuttgartenergie-cent/ | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
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