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# taz.de -- Streit um die letzte Ruhestätte: Welches Grabmal soll's denn sein?
> Die NRW-Landesregierung will islamische Friedhöfe zulassen. Kirche und
> der Ver.di-Landesverband sind darüber nicht gerade erfreut.
Bild: Muslimische Gräber auf dem ansonsten christlichen Sennefriedhof in Biele…
KÖLN taz | Noch bis Ende August können Interessierte beim [1][Grabmal-Ted]
des Vereins Aeternitas mitmachen. Motive wie Wellen oder Pusteblumen ringen
um den Titel „Bestes Grabmal des Jahres“. Einige Motive zeigen christliche
Symbole. Für Muslime ist nichts im Angebot.
„Grabsteine für Muslime sind eher ein Randgebiet für Steinmetze“, sagt
Alexander Helbach vom Verein Aeternitas, der sich als Lobby für Kunden von
Friedhofsbedarf versteht. Die klassische Erdbestattung ist längst nicht
mehr die Regel. Urnenwände werden immer populärer. Auch Baumbestattungen in
Wäldern nehmen zu.
An Menschen muslimischen Glaubens geht der Trend zur individuelleren
Beerdigung jedoch vorbei. Das will Nordhrein-Westfalens Landesregierung
jetzt ändern. Religiöse Vereine sollen die Erlaubnis bekommen, muslimische
Friedhöfe zu betreiben.
Nach Schätzungen der türkisch-islamischen Union Ditib werden nur 5 Prozent
der in Deutschland verstorbenen Muslime hierzulande beerdigt, 95 Prozent
aber zur Bestattung in ihr Ursprungsland überführt. „Vor allem Migranten
der ersten und zweiten Generation wollen in ihrer ehemaligen Heimat
bestattet werden“, sagt Bekir Alboga, Vize-Generalsekretär im
Ditib-Bundesvorstand.
## Räume für rituelle Waschungen fehlen
Bei ihren Kindern und Enkeln wird das anders aussehen. Doch die meisten
Friedhöfe sind darauf nicht vorbereitet. Es fehlen Räume für rituelle
Waschungen des Toten. Auch dürfen im muslimischen Glauben Gräber nicht
schon einmal mit Verstorbenen belegt gewesen sein.
Ditib begrüßt deswegen, dass die Landesregierung das Bestattungsgesetz
überarbeiten will. „Wer baut, der bleibt. Es ist ein Schritt zur
Normalität, wenn es neben christlichen und jüdischen Friedhöfen auch
muslimische in Deutschland gibt“, sagt Alboga. Es sei wichtig für die
Gemeinden, eigene Ruhestätten zu haben. Auch der Landesintegrationsrat
begrüßt die Idee: „Es ist nicht tragbar, Menschen in diesem Land leben zu
lassen und nach ihrem Tod ins Ausland zu schicken.“
Aber es gibt Widerstand. Bislang ist die Trägerschaft eines Friedhofs an
den Status als öffentlich-rechtliche Körperschaft gebunden. Den haben
muslimische Religionsgemeinschaften im Gegensatz zu christlichen Kirchen
nicht. Der katholischen Kirche im Rheinland sieht durch eine Änderung ihre
Privilegien in Gefahr. Die vorgesehene Regelung komme einer faktischen
Aushebelung des in der Verfassung gewährleisteten Korporationsstatus der
öffentlich-verfassten Kirchen gleich, heißt es. „Den nachvollziehbaren
Anliegen der Muslime könnte alternativ dadurch entsprochen werden, dass den
Kommunen auferlegt wird, entsprechende Bestallungsflächen auszuweisen“,
heißt es aus der Kirche.
Solche Flächen gibt es bereits. Sie würden aber nicht in dem erhofften Maß
angenommen, sagt Barbara Meißner vom Städtetag NRW. Auch die Gewerkschaft
Ver.di NRW ist gegen die Einrichtung islamischer Friedhöfe. „Es gibt
genügend freie Flächen, um auf Friedhöfen spezielle Grabstellen für Moslems
auszuweisen“, sagt Gewerkschaftssekretär Martin Nees. Friedhöfe seien eine
Begegnungsstätte für Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen.
## Den Friedhöfen gehen die Leichname aus
Ver.di ist generell gegen die Einrichtung neuer Friedhöfe, vor allem durch
private Anbieter. Denn die bestehenden Friedhöfe leiden mittlerweile unter
Überkapazitäten. Im Ruhrgebiet ist bereits jede zweite Beerdigung eine –
preiswertere – Urnenbestattung. Dadurch liegen Flächen auf den Friedhöfen
brach, die Gebühren für die Nutzer steigen. „Es gibt nur noch selten große
Familiengrabflächen“, sagt Rolf Harbaum vom Gartenbauverband
Westfalen-Lippe, der die Friedhofsgärtnereien vertritt.
Früher galt die Regel: ein Toter pro Grab. Heute werden jedoch immer öfter
mehrere Urnen in ein Grab gestellt. Oder Tote eben in einer Grabkirche oder
im Wald bestattet. „Wir als Berufsstand wollen den Friedhof aber als Ort
der Trauer erhalten“, sagt Harbaum.
29 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.grabmal-ted.de/aaa_ted_phase
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Friedhof
NRW
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Nordrhein-Westfalen
Friedhof
Baden-Württemberg
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