# taz.de -- Erik Zabels Dopinggeständnis: Gute neue Zeit | |
> Der Exradrennprofi gibt zu, genommen zu haben, was er kriegen konnte. Wie | |
> viele seiner Kollegen nimmt auch er die Radler von heute in Schutz. | |
Bild: Man mag kaum glauben, dass dieser Betrugsversuch bei der Tour 1998 nieman… | |
Wollen wir ihm jetzt glauben? Erik Zabel, einst einer der besten Finisher | |
im Radzirkus, hat eine zweite Dopingbeichte abgelegt. Die ganz großen | |
Betrügereien hat er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung | |
gestanden. Epo hat er genommen, einen irrwitzigen Cocktail regelmäßig | |
geschluckt, Cortison und Blutdoping waren ihm auch nicht fremd. | |
In dem Gespräch hat er sich auch für einen anderen, ganz großen Beschiss zu | |
entschuldigen versucht, für seine Dopinglüge des Jahres 2007. Damals hat er | |
mit Tränen in den Augen gestanden, es einmal mit Epo versucht zu haben, das | |
aber schnell wieder bleiben lassen, weil er es nicht vertragen habe. Nun | |
also die ganze Wahrheit? | |
Damals wie heute wurde er zur Beichte regelrecht getrieben. 2007 waren es | |
Enthüllungen zum Doping im Team T-Mobile, die Zabel zur Reueshow bewegten. | |
Diesmal war es die Liste, die eine Enquetekommission des französischen | |
Senats veröffentlicht hat und in der die Fahrer aufgelistet sind, deren | |
Urinproben von der Tour de France 1998 im Nachhinein positiv auf das | |
Blutdopingmittel Epo gestestet wurde. | |
Zabel ist neben anderen Heroen jener Jahre wie Mario Cipollini, Laurent | |
Jalabert, Jacky Durand, Marco Pantani und Jan Ullrich einer dieser | |
Positiven. Zabel hat im Gegensatz zu seinen ehemaligen Kollegen immerhin | |
viel mehr zugegeben, als die Senatskommission in Frankreich herausgefunden | |
hat. | |
## Da war nix | |
So hat der gerade zurückgetretene Stuart O’Grady, der Australier, der 17 | |
Frankreichrundfahrten hintereinander bestritten hat, so viele wie kein | |
anderer Fahrer, nachdem auch sein Name auf der Senatsliste stand, nur | |
zugegeben, vor der Tour 1998 einmal kurz mit Epo hantiert zu haben. Das | |
Mittel habe er sich auch selbst besorgt, und niemand in seinem Team habe | |
etwas damit zu tun gehabt – eine Minimalbeichte, die arg an Zabels erstes | |
Geständnis erinnert. Und wie gut er lügen kann, auch das hat O’Grady schon | |
unter Beweis gestellt. Als eine Untersuchungskommission die Fahrer des | |
australischen Teams Orica-GreenEdge auf ihre Dopingvergangenheit befragte, | |
da sagte der heute 39-Jährige: Da war nix. | |
Mit seiner halbgaren Beichte ist der australische Madison-Olympiasieger von | |
2004, der umgehend aus der Athletenkommission des Australischen Olympischen | |
Komitees entfernt wurde, aber immer noch weitergegangen als der | |
französische Radsportheroe Roland Jalabert, der über einen Anwalt hat | |
ausrichten lassen, nicht gewusst zu haben, was sein Team ihm alles | |
verabreicht habe. Und er ist auch weiter als der ehemalige französische | |
Ausreißspezialist Jacky Durand, der in einem Statement auf der Seite seines | |
Arbeitgebers Eurosport, für den er als Kommenator tätig ist, nur indirekt | |
zugibt, im Dopingzirkus mitgemischt zu haben („Es ist passiert“). | |
## Die „dunkle Ära“ abgehakt | |
Alle mehr oder weniger geständigen Radler der Epo-Hochzeit legen Wert auf | |
die Feststellung, dass sich der Radsport gewandelt habe, und singen das | |
Hohelied auf den Radsportnachwuchs. Erik Zabel, der am Tag nach seinem | |
Bekenntnis seinen Job als Organisator des letzten hochklassigen Radrennens | |
in Deutschland, der Cyclassics in Hamburg, verloren hat, tut das mit | |
Verweis auf seinen Sohn Rick, der gerade seinen ersten Profivertrag | |
unterschrieben hat. | |
Durand verweist auf die guten Platzierungen junger französischer Radler bei | |
dieser Tour, die man gefälligst nicht infrage stellen sollte. Sie liegen | |
damit auf einer Linie mit dem Radsportweltverband UCI, dessen Chef Pat | |
McQuaid die „dunkle Ära“ längst abgehakt hat, ohne untersuchen zu lassen, | |
wie es zu einer derartigen Dopingnormalität im Radsport hat kommen können. | |
Einzige Reaktion der UCI auf die Dopingliste der Tour 1998 war der Hinweis, | |
dass die Tests den heutigen Analysemaßstäben nicht gerecht würden und | |
sportrechtlich deshalb nicht verwertet werden dürften. Insofern dürfte es | |
der UCI ganz recht sein, dass sich etliche Fahrer der Positivliste von 1998 | |
bis jetzt gar nicht geäußert haben. So war von Mario Cipollini, dem | |
italienischen Sprint-Beau, bislang ebenso wenig zu hören wie vom späteren | |
Lance-Armstrong-Edelhelfer Kevin Livingston. | |
29 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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