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# taz.de -- „Washingtonian“-Chef über Manning: „Die Regierung hält zu v…
> Der Manning-Prozess ist Teil einer Kampagne der Regierung, sagt der
> Journalist Garrett Graff. Ständig würden Journalisten und ihre Quellen
> verfolgt.
Bild: Verfolgt mehr Whistleblower als seine Vorgänger: Obama, der im Wahlkampf…
taz: Herr Graff, muss nach dem Manning-Prozess nun jeder investigative
Journalist um seine Freiheit fürchten?
Graff: Das Urteil allein wird keine signifikanten Konsequenzen für
Journalisten haben, solange man es nicht im größeren Kontext sieht. Und der
ist, dass die Obama-Regierung eine hartnäckige und besonders intensive
Kampagne gegen Löcher im Netz der nationalen Sicherheit fährt. Das hat zu
einer schärferen Verfolgung geführt, als es sie unter allen vorangegangenen
US-Präsidenten zusammen gegeben hat. Es ist diese Atmosphäre, in der
Institutionen vom Außenministerium über das Pentagon bis hin zum
Geheimdienst sehr aggressiv und bestrafend gegen Whistleblower vorgehen.
Das steht doch im Widerspruch zum Loblied auf Whistleblower und
Transparenz, das der Kandidat Obama von 2008 gesungen hat.
Ja und nein. Die Entschlossenheit der Regierung hat viele überrascht. Aber
die Wahrheit ist, dass es heute viel leichter geworden ist als früher,
Informanten auszumachen, denn sie hinterlassen zum Beispiel durch E-Mails
viele Spuren. Kontakte zwischen Journalisten und Informanten können durch
neue Technologien viel besser nachvollzogen werden. Sie haben diese neue
Richtung der Verfolgung erst möglich gemacht.
Das bessere Instrument der Informanten ist gleichzeitig die größere
Bedrohung?
Ja, genau. Und was viele von uns dabei beunruhigt, ist der allgemeine Trend
der Obama-Regierung. Noch nie in der Geschichte des Landes sind so viele
Menschen nach dem Spionagegesetz verurteilt worden (Anm. der Red.: das aus
der Zeit des Ersten Weltkriegs datiert): Es gibt sechs Fälle allein seit
Obamas Amtsantritt im Vergleich zu dreien in all den Jahrzehnten davor.
Verfolgungen gibt es in diesem Jahr nahezu auf wöchentlicher Basis.
Entweder von Quellen oder von Journalisten, die diese Quellen genutzt und
darüber berichtet haben.
Nehmen Sie die Abhöraffäre bei der Nachrichtenagentur Associated Press oder
die Attacke gegen Fox News-Reporter James Rosen oder James Risen von der
New York Times. Journalisten werden als Komplizen der Informanten
betrachtet, nicht als Berichterstatter.
Ein Kernargument der Verteidigung im Prozess war, dass Plattformen wie
Wikileaks für ihre Enthüllungspraxis juristisch nicht anders bewertet
werden sollten als traditionelle Medien wie etwa die New York Times.
Die Regierung würde dem mit Sicherheit zustimmen, denn sie verfolgt sie ja
alle gleichermaßen. Das Entscheidende hier ist, dass es unterschiedliche
Motivationen für die Informanten und ihre Plattformen gibt. Es gibt die,
denen es darum geht, spezifische Informationen zu lancieren, um der
Öffentlichkeit etwa moralische Missstände aufzuzeigen. Oder Informanten,
die unspezifisch eine riesige Datenmasse enthüllen.
Daniel Ellsberg, der seierzeit mit den Pentagon-Papieren zur Beendigung des
Vietnamkriegs beitragen wollte, verbindet zum einen viel mit Bradley
Manning. Zum anderen ging er viel systematischer vor und hielt Dokumente
zurück, von denen er meinte, sie schadeten der nationalen Sicherheit oder
Diplomatie.
Müssen jetzt in den USA alle investigativen Journalisten um ihre Freiheit
bangen, wenn ihnen jemand ein Geheimnis ausplaudert?
Viele meiner Kollegen sorgen sich darum, was passiert, wenn sie etwas
enthüllen, das die nationale Sicherheit betrifft. Wie gesagt, es gibt
genügend Fälle. Der Fall Manning steht nicht in einem luftleeren Raum.
Journalisten und Verfechter der freien Meinungsäußerung beunruhigt diese
allgemeine Atmosphäre der Angst, die die Obama-Regierung kreiert hat.
Zumal paradoxerweise ausgerechnet die Obama-Regierung, mehr Transparenz und
Fairness versprach, als sie Einzug in Washington hielt.
Ja, das ist paradox. Die Obama-Regierung wiederholt gezeigt: Es ist ein
großer Unterschied, über das Regieren zu reden und es zu tun. Im Wahlkampf
wertete das Team Whistleblower auf. Als dieselben Leute in der Regierung
saßen, empfanden sie es abstoßend, dass viele große und kleine Geheimnisse
an die Presse drangen – vor allem des Klatsches wegen. Gleichzeitig hatten
sie immer mehr technologische Möglichkeiten, den undichten Stellen auf den
Grund zu gehen.
Wie können die USA, die seit Benjamin Franklin und Tom Paine das Land der
freien Presse sind, diese Freiheit nun auch über die Ära Obama retten?
Ich glaube, dass die Balance zwischen einer freien Presse und der
nationalen Sicherheit schon immer schwierig gewesen ist. Die größte
Herausforderung heute ist aber die Bürokratie der Dienste mit Blick auf
Geheimnisse. Das Ausmaß der Geheimhaltung von Regierungs-Programmen und
-Aktionen ist derart enorm, dass es dafür keinen Grund gibt. Das Erbe des
Kalten Kriegs ist nach den Terroranschlägen des 11. September 2001
ausgeufert und ad absurdum getrieben worden.
Die Regierung hütet momentan zu viele sogenannte Geheimnisse. Das
verhindert eine wirkliche Auseinandersetzung mit nationaler Sicherheit. Und
es limitiert unsere Fähigkeit als Gesellschaft, das Verhältnis zwischen
Bürgerrechten und nationaler Sicherheit zu debattieren. So verrückt das
klingt: Wenn die Regierung einen besseren Sinn dafür hätte, welche die
wahren Geheimnisse sind, die geschützt werden müssen, gäbe es für diese auf
der anderen Seite auch mehr Verständnis.
30 Jul 2013
## AUTOREN
Antje Passenheim
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