# taz.de -- Die Wahrheit: Gastkatastrophen zum Geburtstag | |
> Tagebuch einer Sommerfrischlerin: Zu Besuch in der Toskana bei einer | |
> Freundin, die sich einen Monat lang auf ihren Geburtstag vorbereitet. | |
Die Taxifahrerin hat das Bedürfnis, an den Reiseabenteuern ihrer Kundschaft | |
teilzuhaben: „Wo fahrn se ’n hin, wenn ick ma fra’n darf?“ – „Zu Fr… | |
Toskana. Da, wo nix los ist, nur Wildschweine.“ – „Na, det könnse och in | |
Berlin ham, ick hab meen janzen Jarten voll mit die Viecha!“ | |
Es ist Sommer, und der Mensch verreist. Vermutlich notierte während der | |
Feldzüge früherer Jahrhunderte der ein oder andere Soldat: „Nette Gegend, | |
ordentlicher Wildschweinbraten, ansehnliche Damen … nach dem Gemetzel | |
später noch mal vorbeikommen.“ Und seine Gattin hegte, getreu dem Motto, | |
„Wo du hingehst, da will auch ich hingehen“, eigene Pläne, und so | |
entwickelte sich die Paarreise. Manche Paare hörten mit dem Reisen bald | |
wieder auf und ließen sich ganz in der Fremde nieder. Im Sommer, sollten | |
wir das Glück haben, von ihnen eingeladen zu werden, besuchen wir sie dann. | |
Die Versuche der Gastgeber-Paare, dem Gast die beste Erholung zu bieten, | |
sind zahlreich, werden jedoch unweigerlich vom Schicksal vereitelt. | |
Streikende Wasserpumpen mitten in der schlimmsten Augusthitze; faustgroße | |
Insekten überfallen den Gastgeber und verursachen eine baumstammdicke | |
Armschwellung; der Gast (ich) präsentiert nicht nur stolz einen als Unkraut | |
verachteten Wiesenstrauß, sondern kippt anschließend die Vase um und | |
exekutiert mit dem Wasserschwall sein Laptop. Als Folge blockiert der Gast | |
den Gastgeber-PC, um rechtzeitig zu Redaktionsschluss eine Kolumne | |
abzuliefern, die im Sommer sowieso keiner liest, weil ja alle verreist | |
sind. | |
All das ist lediglich das Präludium für ein Thema: Meine Gastgeberin C. hat | |
Geburtstag. Damit an dieser Stelle keine Verwirrung aufkommt: Ich habe | |
mehrere Freundinnen, deren Namen mit C beginnen, ja, ich wage zu behaupten, | |
dass etwa die Hälfte aller internationalen weiblichen Vornamen mit C | |
anfangen. Es handelt sich also nicht um die letzthin erwähnte Berliner C., | |
die unfähig ist, Wasser zu kochen (was wiederum bei einer Hamburger C. zu | |
Empörung führte und meinerseits ausführlicher Erklärungsarbeit bedurfte), | |
sondern um C. aus Iowa, die zwar Traktor fahren und toskanische Machos in | |
rudimentärem Italienisch auf Waschlappengröße zusammenfalten kann, aber | |
ihrem jährlich wiederkehrenden Trauma hilflos ausgeliefert ist: Es ist | |
„International C-Birthday-Month“, und nichts ist, wie es sein soll. | |
Seit Teenagerjahren wird pünktlich am 1. Juli der Countdown bis zum 29. (!) | |
eröffnet, und auf mein zaghaftes Nachfragen nach dem besten Geburtstag | |
jemals erfahre ich: Frisch gemähte Wiese hinter dem Haus, plus Icecream und | |
Angelfood Cake, plus Gewinn des jährlichen Basketballturniers und des | |
Titels „Miss Congeniality“. | |
C. wird 47! Ich erwäge, die Wiese zu mähen, verwerfe die Idee aber | |
angesichts C.s furchteinflößenden Mähmonsters. Ihr Liebster schenkt C., die | |
offene Gewässer hasst, einen Tagestrip ans Mittelmeer und die Aussicht auf | |
den Erwerb eines Bootes. Der Gast genießt derweil seinen Erholungsurlaub | |
von Gewittern umtost an C.s Computer und hofft, dass der Strom nicht au… | |
31 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Pia Frankenberg | |
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