# taz.de -- Verfassungsputsch in Tschechien: Präsident trickst das Parlament a… | |
> Milos Zeman und sein „Kumpelkabinett“ haben die Vertrauensfrage im | |
> tschechischen Parlament verloren. Trotzdem bleiben sie im Amt. | |
Bild: Der tschechische Staatschef Milos Zeman hält kurz vor der Vertrauensfrag… | |
PRAG taz | Selbst eine Zahnoperation und eine frisch gestellte | |
Diabetesdiagnose hinderten Tschechiens Staatschef Milos Zeman nicht daran, | |
seine Sommerfrische im böhmisch-mährischen Hochland zu unterbrechen, um die | |
Regierung zu unterstützen, die er selbst ernannt hatte. | |
Die Vertrauensfrage, über die die Abgeordneten am Mittwochabend im Prager | |
Parlament entschieden, hatte die Regierung allerdings verloren: Nur 93 von | |
193 anwesenden Abgeordneten hatten sich vor der Abstimmung für | |
Premierminister Jiri Rusnok und seine Regierung – Beiname „Zemans | |
Kumpelkabinett“ – ausgesprochen. | |
Doch der Präsident kündigte an, die Regierung auch ohne Bestätigung durch | |
das Abgeordnetenhaus weitermachen zu lassen. Er werde sicher keinen zweiten | |
Versuch der Regierungsbildung unternehmen, solange die Untersuchungen im | |
Bestechungs- und Bespitzelungsfall noch laufen, die die Regierung von Petr | |
Necas [1][zu Fall gebracht hatte], erklärte Zeman in seiner Rede vor der | |
Abstimmung. Und die könnten sich noch Wochen hinziehen, wie Zeman süffisant | |
bemerkte. | |
Mit seinem Schritt geht Zeman gegen das Parlament wie auch die praktische | |
Auslegung der Verfassung vor. Der zufolge hätte Zeman die Vertreterin der | |
ehemaligen Regierungskoalition, Miroslava Nemcova, zur Ministerpräsidentin | |
ernennen müssen, die über die notwendigen 101 Abgeordnetenstimmen verfügt. | |
Mit Berufung auf sein Direktmandat, das ihn zu einem politischen | |
Präsidenten mache, werde er diese Regierung aber keinesfalls ernennen, so | |
Zeman. | |
Die tschechische Verfassung gibt dem Präsidenten zwei Versuche der | |
Regierungsbildung. Sie schreibt ihm aber dafür keinen zeitlichen Rahmen | |
vor. Zemans Verhalten, so sind sich Verfassungsexperten und Politologen | |
einig, kommt einem präsidentiellen Putsch gleich. Der dient offensichtlich | |
einem Austausch der Eliten des Landes. | |
In den vier Wochen ihres – bislang unlegitimierten – Bestehens hat die | |
Regierung Rusnok schon einige „Säuberungen“ in Ministerien und staatlichen | |
Firmen und Institutionen durchgeführt und Schlüsselpositionen neu besetzt. | |
Es wird auch immer wahrscheinlicher, dass sie über den Ausbau des AKWs | |
Temelin entscheiden wird. | |
8 Aug 2013 | |
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## AUTOREN | |
Alexandra Mostyn | |
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