# taz.de -- Straßenschlacht in Tschechien: Pogromstimmung gegen Roma | |
> Ein Gerangel auf einem Spielplatz in Budweis verursacht eine Schlägerei | |
> zwischen Roma auf der einen und Nazis auf der anderen Seite. | |
Bild: Rechtsextreme im tschechischen Budweis. | |
PRAG taz | Zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen hat am vergangenen Wochenende | |
im südböhmischen Budweis (Ceske Budejovice) ein Spielplatzgerangel zwischen | |
Kindern geführt. Angeführt von einer Gruppe Neonazis sind rund 1.000 | |
Menschen am Samstagnachmittag auf das Budweiser Plattenbauviertel Máj | |
marschiert. | |
Die „anständigen“ Menschen, wie sich die Demonstranten selbst bezeichneten, | |
hatten nur ein Ziel: es den Roma des Viertels mal richtig zu zeigen. | |
Dort entwickelte sich die Demonstration in eine Straßenschlacht. Angefeuert | |
von den „anständigen“ Menschen griffen Neonazis mit Steinen und | |
Molotowcocktails die Polizisten an, die eingreifen mussten, um Lynchmorde | |
zu verhindern. Insgesamt 10 Leute wurden verletzt, 30 verhaftet. | |
Direkter Auslöser der Protestaktion vom Samstag war ein Sandkastenstreit am | |
Tag zuvor gewesen. Auf einem Spielplatz des Viertels Máj hatte ein | |
Roma-Kind ein „weißes“ Kind geschubst, laut Zeugen sollen auch Schläge | |
ausgeteilt worden sein. | |
Aus einem Wortgefecht der herbeigeeilten Mütter wurde dann schnell eine | |
Schlägerei, an der zum Schluss fünf Frauen und drei Männer beteiligt waren. | |
Für Empörung sorgte besonders, als eine hochschwangere Frau von Roma | |
geschlagen wurde. „Wenn ich dich nachts treffe, bist du tot“, soll einer | |
der Angreifer der Frau gedroht haben. | |
## Angst und Schrecken | |
Wie in vielen Vierteln tschechischer Kleinstädte brodelt es auch im | |
Budweiser Máj-Viertel schon länger. Als Grund wird vor Ort immer wieder | |
eine kleine Gruppe aggressiver Roma angegeben, die aus Kindern und | |
Jugendlichen bestehe und das Viertel in Angst und Schrecken halte. | |
Daher haben sich im vergangenen Jahr bereits Bewohner des Viertels in einer | |
Petition hilfesuchend an die Stadt gewandt und sich über den Lärm und die | |
Aggressivität einiger Roma im Viertel beschwert. Vor allem die Spielplätze | |
seien zum sozialen Brennpunkt des Viertels geworden, so die Petition. | |
Roma-Kinder würden „weiße“ Kinder schlagen, sie nicht oder nur gegen | |
„Schutzgebühr“ auf die Spielplätze lassen. | |
Die Bewohner des Viertels seien zudem immer wieder Bedrohungen ausgesetzt, | |
man würde Sprengsätze unter ihre Autos legen oder ihre Hunde töten. Bislang | |
war aber allen mehr oder weniger klar, dass diese Bedrohungen nur von ein | |
paar Einzelpersonen ausgingen. | |
## Lösungsvorschläge kamen zu spät | |
„Unter den Unterzeichnern unserer Petition sind auch Roma, denen die | |
Situation im Viertel nicht egal ist“ sagte die Initiatorin des | |
Protestbriefs, Monika Styfalova. | |
Noch am Samstagvormittag hatten die Roma des Viertels in einem | |
Nachbarschaftsfest ihre Bereitschaft erklärt, die angespannte Situation im | |
Viertel zu lösen. Ein Ansatz sei es, so waren sich die Redner einig, | |
Roma-Wachtmeister im Viertel auf Streife zu schicken. | |
Ein paar Stunden später war klar, dass es für derartige Lösungsvorschläge | |
zu spät zu war: Die Teilnehmer des Roma-Straßenfestes mussten von der | |
Polizei vor dem Lynchmob geschützt werden, die am liebsten alle Roma | |
„geklatscht“ hätten, wie sie in ihren Slogans verrieten. | |
1 Jul 2013 | |
## AUTOREN | |
Alexandra Mostyn | |
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