# taz.de -- Der Kauf von Start-ups: Frischzellenkur für Großkonzerne | |
> Wenn große Unternehmen kleine Start-ups schlucken, geht es ihnen nicht | |
> nur um neue Ideen. Sondern immer auch um Daten – und um Geld. | |
Bild: Manchmal geht es einfach nur darum, einen Konkurrenten auszuschalten. | |
BERLIN taz | Es geht um Millionen, manchmal auch um Milliarden, wenn | |
Internetgrößen ein kleines Unternehmen schlucken. So zahlte Yahoo für den | |
Blog-Dienst Tumblr 1,1 Milliarden Dollar. Vergleichsweise günstig soll | |
dagegen die Übernahme der Video-App Qwiki im Juli gewesen sein, 40 bis 50 | |
Millionen Dollar. | |
Die Übernahmen sind Teil einer Frischzellenkur, die Yahoo-Chefin Marissa | |
Mayer dem Konzern gewordenen Internetpionier verordnet hat. Und | |
gleichzeitig ein weiterer Schritt in Richtung auf eine Konzentration des | |
Internets und mehr Kontrolle der Nutzer durch die Unternehmen. | |
Die Tumblr-Übernahme ist nur ein Beispiel dafür, dass die Yahoo-Strategie | |
einiges gemeinsam hat mit den großen Übernahmen der vergangenen Jahre. | |
Dabei ist es nicht so, dass alle Konzerne, die Start-ups aufkaufen, Trends | |
verschlafen haben. Manchmal geht es einfach nur darum, einen Konkurrenten | |
auszuschalten. Oder einen Konkurrenten von der Übernahme abzuhalten. Doch | |
immer geht es um eines: die Nutzer. | |
So war es auch beim Kauf der Videoplattform YouTube durch Google. 1,65 | |
Milliarden Dollar zahlte der Internetriese 2006 für das Portal. Er gewann | |
damit einerseits eine attraktive Werbeplattform. Mit Clips vor und in | |
Videos lässt sich dem Trend der sinkenden Werbeeinnahmen pro Klick auf | |
Websites gegensteuern. Kostenpflichtige Kanäle, wie es sie seit einigen | |
Monaten für US-Nutzer gibt, könnten noch mehr Geld einbringen. | |
## Zwang zum Klarnamen | |
Mehr als eine Milliarde Nutzer besuchen nach Unternehmensangaben monatlich | |
die YouTube-Seite, über ein Viertel davon kommt von mobilen Geräten wie | |
Smartphones. Das lässt Rückschlüsse auf die Zielgruppe zu – und seit der | |
Übernahme durch Google weiß das Unternehmen noch genauer, wer die Seite | |
nutzt. Denn wer ein hochgeladenes Video kommentieren will, wird seit dem | |
vergangenen Jahr aufgefordert, sich mit Klarnamen anzumelden und sein | |
Profil mit dem des hauseigenen sozialen Netzwerks Google+ zu verknüpfen. So | |
lässt sich ein deutlich umfassenderes Profil eines Nutzers erstellen, als | |
wenn nur die Daten von einem der beiden Dienste vorliegen. | |
„Die Monopolbildung wird durch Übernahmen größer und größer“, sagt Mic… | |
Zinke, Referentin für Datenschutz und Netzpolitik beim Verbraucherzentralen | |
Bundesverband (vzbv). Sie vermutet, dass es bei Yahoo und Tumblr ähnlich | |
laufen könnte wie bei Google und YouTube. „Gerade Portale wie Tumblr, auf | |
denen Nutzer sehr persönliche Bilder und Geschichten posten, bieten ein | |
großes Potenzial für personalisierte Werbung.“ | |
Auch Facebook setzt zunehmend auf Klarnamen. Zunächst mit der scheinbar | |
harmlosen Frage, ob der Name eines Facebook-Freundes der echte sei. Und | |
dann weniger harmlos: per Klage. Im April entschied das | |
Oberverwaltungsgericht Schleswig, dass Facebook die Konten seiner Nutzer in | |
Deutschland sperren darf, wenn diese ihren Klarnamen nicht angeben. | |
## Praktisch für Geheimdienste | |
Bei den Suchmaschinen ist die Konzentration weit fortgeschritten – und das, | |
obwohl es Alternativen zu Google gibt. Der Medienwissenschaflter Theo Röhle | |
von der Universität Paderborn bezeichnet den Status des Marktführers in | |
seinem Buch „Der Google-Komplex“ als „fast monopolähnlich“. Begonnen h… | |
dieser Prozess schleichend, mit Übernahmen und strategischen | |
Partnerschaften, die für Nutzer nicht immer erkennbar waren. | |
Bequem ist die zentralisierte Struktur auch für Geheimdienste: Die Daten | |
liegen bei wenigen Unternehmen, die Wege sind kurz und bekannt, und mit | |
Klarnamenpflicht lassen sich Nutzer noch schneller identifizieren. | |
Als Google ankündigte, die Profile von YouTube und Google+ zu verknüpfen | |
und die Nutzer zur Angabe ihrer Klarnamen aufzufordern, begann ein | |
Proteststurm. „Seitdem habe ich das Gefühl, dass Unternehmen vorsichtiger | |
sind und bei solchen Änderungen eher in kleinen Schritten vorgehen“, sagt | |
Zinke. | |
## Alternativen gibt es selten | |
Wenn sich Nutzungsbedingungen ändern, haben die User kaum eine Möglichkeit, | |
sich zu wehren. Sind sie mit den Bedingungen, die der neue Eigentümer | |
verfasst, nicht einverstanden, müssen sie auf die Nutzung verzichten. Oder | |
die Kröte schlucken. Denn alternative Dienste die das Gleiche anbieten – | |
und das ist eines der Probleme der Konzentration –, gibt es nur selten. | |
„Und die meisten Verbraucher nehmen die Änderungen nicht einmal wahr, vor | |
allem wenn die Nutzungsbedingungen ausgedruckt 50 Seiten umfassen und die | |
Änderung auf Seite 48 unten steht“, kritisiert Zinke. | |
Noch bezahlen Nutzer den Verlust der Vielfalt mit ihren persönlichen Daten | |
und mit ihrer Zeit und Aufmerksamkeit, die sie beispielsweise Werbeclips | |
vor Videos widmen. Doch das könnte sich eines Tages ändern. Das zeigen etwa | |
die kostenpflichtigen Kanäle bei YouTube: Ist ein Anbieter erst einmal der | |
einzig relevante in seinem Bereich, kann er leicht auf die Idee kommen, für | |
seine Dienste zusätzlich Geld zu verlangen. Bei YouTube wird sich zeigen, | |
welcher Weg mehr Einnahmen bringt: hohe Werbeeinnahmen dank vieler Nutzer | |
freier Angebote – oder kostenpflichtige Angebote für alle, die direkt | |
zahlen wollen. | |
12 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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