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# taz.de -- Leistungszucht ist eine Qual für Tiere: Wachsen, bis es wehtut
> Gelenkprobleme und Fruchtbarkeitsstörungen: Nutztiere werden heute so
> stark auf Leistung gezüchtet, dass sie krank werden. Das zeigt eine neue
> Studie.
Bild: Puter bei der Arbeit: Das Zuchtziel heißt schnelles Wachstum und übergr…
BERLIN taz | Die Züchtung von Nutztieren auf immer höhere Leistung hat das
Leiden in den Ställen vergrößert. Das geht [1][aus einer neuen Studie] der
Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde im Auftrag der Grünen
hervor. Autor Bernhard Hörning hat dafür unter anderem wissenschaftliche
und amtliche Publikationen ausgewertet.
Auf den seit Jahrzehnten starken Kostendruck hat die Landwirtschaft laut
Hörning auch reagiert, indem sie Rinder, Schweine, Puten und Hühner züchten
ließ, die immer mehr Fleisch oder Eier produzieren. 1955 beispielsweise gab
eine Kuh 3.762 Kilogramm Milch pro Jahr. Bis 2011 hat sich diese Zahl mehr
als verdoppelt – auf 8.173 Kilo. Hühner legen heute fast dreimal so viel
Eier wie einst – rund 300 im Jahr.
Der Preis, den die Tiere dafür zahlen, ist hoch. „Leistungsbedingte
Gesundheitsstörungen sind häufig festzustellen“, schreibt Hörning. 55 bis
90 Prozent der Masthühner litten verschiedenen Praxisstudien zufolge an der
Gelenkerkrankung Tibiale Dyschondroplasie. Das ist oft schmerzhaft –
Versuche hätten ergeben, dass sich Tiere „mit Zugang zu Schmerzmitteln mehr
und schneller fortbewegten“.
Laut der Studie ist der Grund für die Erkrankungen, dass die Tiere auf sehr
schnelles Wachstum und übergroße Brustmuskulatur gezüchtet wurden.
Innerhalb nur eines Monats erreichten Hähnchen ein Gewicht von 1.800 Gramm.
Der Anteil des Brustfleischs mache bereits mehr als ein Viertel des
gesamten Schlachtkörpers aus, bei Puten sogar mehr als ein Drittel,
berichtet der Autor. „Skelett und innere Organe können mit dem rasanten
Muskelwachstum nicht Schritt halten“, so Hörning. Die Brust werde so groß,
dass sich der Körperschwerpunkt verlagere, die Tiere liefen unsicher.
Dass etwa 10 Prozent der Legehennen während ihrer mit rund einem Jahr
ohnehin kurzen „Nutzungszeit“ sterben, führt Hörning auch auf die hohe
Legeleistung zurück. Denn: Eine der Hauptursachen seien Erkrankungen der
Legeorgane, zum Beispiel der Eileiter. Milchkühe und Säue litten oft an
Fruchtbarkeitsstörungen.
## Qualzucht ist per Gesetz verboten
Zwar verbietet das Tierschutzgesetz sogenannte Qualzucht, also Züchtungen,
die etwa zu Schmerzen führen. Das Bundeslandwirtschaftsministerium habe
aber nicht präzisiert, was genau damit gemeint ist, kritisiert Hörning. Er
schlägt unter anderem vor, Tierschutzindikatoren festzulegen, bestimmte
Rassen zu verbieten oder Leistungsobergrenzen einzuführen.
Der Bauernverband dagegen [2][warf den Grünen vor], mit der Untersuchung
während des Bundestagswahlkampfs „Misstrauen gegen den landwirtschaftlichen
Tierhaltern“ zu säen. „In der Studie wurde vollkommen vernachlässigt, dass
Vitalität, Langlebigkeit und Krankheitsresistenz feste Bestandteile der
Züchtungsziele sind“, erklärte Generalsekretär Helmut Born. In der Folge
würden die Sterblichkeitsraten in der Schweinemast und in der
Ferkelerzeugung sinken. Die Lebensdauer der Milchkühe sei seit zehn Jahren
konstant.
Studienautor Hörning wies die Vorwürfe zurück. Zwar legten viele
Zuchtunternehmen seit einigen Jahren tatsächlich weniger Wert auf Leistung.
Aber bei Kühen der Holstein-Rasse etwa mache eine höhere Milchmenge immer
noch 45 Prozent des Zuchtziels aus. Hörning: „Dabei ist die Milchleistung
schon jetzt sehr hoch. Warum muss sie immer weiter gesteigert werden?“
15 Aug 2013
## LINKS
[1] http://www.topagrar.com/dl/4/1/8/2/0/8/Studie.pdf
[2] http://www.bauernverband.de/tierzucht-als-wahlkampfthema-vollkommen-ungeeig…
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Tierquälerei
Fleischproduktion
Geflügel
Ferkel
Landwirtschaft
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