| # taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Der Staatschef ist da. Und der Staat? | |
| > Fünf Monate nach der Machtergreifung der Seleka-Rebellen lässt sich ihr | |
| > Anführer Michel Djotodia förmlich als Staatspräsident vereidigen. Er | |
| > regiert ein verwüstetes Land. | |
| Bild: Seleka-Kämpfer vor dem Parlament in Bangui. Nicht immer geht es so geord… | |
| BERLIN taz | Als Tschads Präsident Idriss Déby am Samstag in der | |
| zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui eintraf, um der feierlichen | |
| Amtseinführung von Michel Djotodia als Präsident beizuwohnen, war sein | |
| Zimmer schon belegt. Vor der Präsidentensuite des teuren Ledger-Hotels | |
| tummelten sich Soldaten aus Kongo-Brazzaville, die ihren Staatschef Denis | |
| Sassou-Nguesso bewachen sollten. | |
| Wütend pflasterte Tschads Generalstabschef Mahamat die Flure mit | |
| tschadischen Fähnchenaufklebern und schickte sich an, mit seiner | |
| Nationalflagge in die Suite einzumarschieren. Der kongolesische General | |
| Essongo, der die Suite bereits bezahlt hatte, rief konsterniert seinen | |
| Präsidenten an. Schließlich musste Djotodia höchstpersönlich die Tschader | |
| überreden, mit einer privaten Residenz vorliebzunehmen. | |
| Die Anekdote, berichtet von einer tschadischen Internetzeitung, sagt viel | |
| über die chaotischen Verhältnisse in der Zentralafrikanischen Republik aus, | |
| seit die Rebellenkoalition „Seleka“ am 24. März den autokratischen | |
| Präsidenten Francois Bozizé gestürzt und die Macht in Bangui übernommen | |
| haben. Es hat fast fünf Monate gedauert, bis Seleka-Führer Djotodia am | |
| Sonntag den Amtseid ablegte. Und selbst das Eintreffen von nur zwei | |
| Staatsgästen sorgt für heilloses Durcheinander. | |
| „Es wird keine Straflosigkeit mehr geben“, versprach Präsident Djotodia in | |
| seiner Amtseinführungsrede am Sonntag. Doch für viele Beobachter ist dies | |
| ein leeres Versprechen angesichts der ständigen Übergriffe von | |
| Seleka-Kämpfern. | |
| ## "Dauerzustand der Angst" | |
| „Die Lage in Bangui hat sich ein wenig verbessert, aber außerhalb der | |
| Hauptstadt existiert der Staat nicht“, hatte der UN-Untergeneralsekretär | |
| für Menschenrechte, Ivan Simonovic, am 1. August nach einer Reise in das | |
| Land erklärt. „Es gibt praktisch keine Sicherheit, und die Bevölkerung lebt | |
| in einem Dauerzustand der Angst. Besondere Sorge bereitet mir die hohe Zahl | |
| von Seleka-Mitgliedern, die mangels Sold Straßensperren errichten, Geld | |
| verlangen oder Häuser plündern. Das Ausmaß der Plünderungen und | |
| Zerstörungen, das ich gesehen habe, ist schockierend.“ | |
| Die Seleka war Ende 2012 als Koalition verschiedener Rebellengruppen aus | |
| dem muslimischen Nordosten der Zentralafrikanischen Republik entstanden. | |
| Auf ihrem Blitzvorstoß nach Bangui im Südwesten hatten sich ihr Tausende | |
| Marodeure angeschlossen. Mittlerweile sprechen die Behörden von 25.000 | |
| Kämpfern, von denen 20.000 nicht zu den ursprünglichen Seleka-Teilen | |
| gehörten. | |
| Die wieder aus der Truppe zu entfernen setzt eine geordnete | |
| Kommandostruktur voraus, über die Seleka nicht verfügt. Anfang Juli hatte | |
| sie einen ihrer wichtigsten Führer, General Dhaffane, entlassen, und dessen | |
| Kämpfer sind seitdem autonom. | |
| Dazu kämpfen immer noch bewaffnete Anhänger des gestürzten Präsidenten | |
| Bozizé, der mittlerweile in Paris lebt und dort eine bewaffnete „Front zur | |
| Rückkehr der Verfassungsmäßigen Ordnung in Zentralafrika“ (Frocca) ins | |
| Leben gerufen hat. Die Bozizé-Anhänger sehen in Seleka eine Ansammlung von | |
| Söldnern und Islamisten. | |
| Seit einigen Tagen wird im Stadtviertel Boy-Rabe im Norden von Bangui | |
| gekämpft: Seleka-Truppen haben das Viertel abgeriegelt, um mutmaßliche | |
| schwerbewaffnete Bozizé-Kämpfer dort zu suchen. | |
| ## In 18 Monaten freie Wahlen | |
| Djotodia hatte sich schon wenige Tage nach dem Seleka-Einmarsch zum | |
| Präsidenten ausrufen lassen. Aber parallel dazu hatte er zugesagt, die von | |
| Bozizé gebrochenen Friedensabkommen von Libreville vom Januar zu | |
| respektieren, im Rahmen derer sich eine Allparteienregierung gebildet | |
| hatte. Er hatte sie im Amt belassen, und im Juli verabschiedete sie eine | |
| „Übergangscharta“: Eine neue Verfassung soll dem Volk vorgelegt werden, | |
| worauf innerhalb von 18 Monaten freie Wahlen folgen sollen. | |
| Dass zur Amtseinführung mit Déby und Sassou-Nguesso seine beiden | |
| einflussreichsten Nachbarn anreisten, bestätigt nun Djotodias Legitimität. | |
| Die Afrikanische Union (AU) plant außerdem die Entsendung einer | |
| Friedenstruppe von bis zu 3.500 Soldaten nach Bangui. | |
| Außerdem hält Frankreich mit 1.200 Soldaten die Stellung. Und französische | |
| Soldaten bilden Djotodias Garde aus. Das war in Bangui schon immer der | |
| sicherste Weg für die Exkolonialmacht, den Staatschef unter Kontrolle zu | |
| halten. | |
| 19 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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