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# taz.de -- ARD-Film „Gestern waren wir Freunde“: Raus aus dem Traumhotel
> Mit einem anspruchsvollen Film will die ARD sich vom Vorwurf der
> „Degetoisierung“ befreien. Auf halber Strecke bleibt sie dabei stehen.
Bild: Max (André Szymanski) hat Aussicht.
Vielleicht soll das nun ein Anfang sein. Der „Film Mittwoch im Ersten“ ist
traditionell der Termin, an dem die ARD ihre anspruchsvolleren
Spielfilmproduktionen zeigt, meist unter der Produzentenangabe einer der
neun Landesrundfunkanstalten.
Der Sendeplatz am Freitagabend steht hingegen für ein Programm, das dem
Ersten den Vorwurf der „Degetoisierung“ eingetragen hat. Und dass da was
dran war, das war so augenfällig, dass die ARD irgendwann beschloss, ihre
Filme nicht nur einkaufende, sondern auch produzierende
Filmhandelstochterfirma Degeto vom lästigen
Klinik-unter-Palmen-Das-Traumhotel-Image zu befreien.
Mit Stühlerücken in der Chefetage, der Schließung des „Traumhotels“ und
einem Eventfilm über Erwin Rommels Untergang im vergangenen Herbst.
Und nun also dieser „Film Mittwoch“-Film (Regie: Matthias Tiefenbacher;
Buch: Martin Kluger, Maureen Herzfeld) unter dem Degeto-Label. Das Bemühen
darum, das unerschöpfliche Liebe-mit-Hindernissen-Thema einmal
anspruchsvoll zu erzählen, es ist in jeder Sekunde zu spüren.
## Neue Gesichter
Zum Beispiel die Besetzung. In der alten Degeto hätten die Hauptrollen
vielleicht Christian Kohlund den Vater und Soap-Schauspielerin Sandra
Speichert die Tochter gespielt. Die neue Degeto fährt Thomas Thieme und
Lisa Wagner auf. Den ehemaligen Burgschauspieler und Schauspieler des
Jahres der Zeitschrift theater heute, den Darsteller für die besonders
gewichtigen Rollen („Der Mann aus der Pfalz“), und die junge
Grimme-Preisträgerin, die erstmals in dem Ensemblefilm „Shoppen“ so richtig
aufgefallen ist.
Zwei Spezialisten für sperrige Charaktere spielen Vater und Tochter, die
sich in Sachen Sperrigkeit in nichts nachstehen. Den beiden zuzuschauen
könnte eine reine Freude sein. Auch dass sich die Sperrige wider Willen in
einen vermeintlichen Filou (André Szymanski) verliebt – einen, der sie an
der Fleischtheke im Supermarkt mit Komplimenten für ihr hübsches Kleid
charmiert – wird, die Klischee-Klippe immer hart am Wind umschiffend, so
weit sehr glaubwürdig erzählt und gespielt.
Aber jetzt kommt das Aber. Das Aber hat mit dem Liebeshindernis zu tun. Die
Mutter besucht die Tochter im schicken Otto-Steidle-Haus auf der Münchner
Theresienhöhe: „Gibst du mir mal ’n Schnaps! Ich muss dir was sagen. Ich
muss dir was Wichtiges sagen.“ Genau jetzt klingelt der neue Freund, er
stellt sich vor, Vorname, Nachname, die Mutter guckt entsetzt, rennt aus
dem Haus, berichtet ihrem Mann am Handy, es sei „was ganz Schreckliches“
passiert, und hat vor Schreck einen tödlichen Autounfall.
## Alte Geschichten
Da kombiniert der versierte Fernsehzuschauer, dieses Motiv ist ihm nicht
ganz neu, denn was sonst kann heute noch der zwingende Grund sein, weshalb
eine Liebe unter Erwachsenen von Anfang an nicht sein darf? Nur, die
Liebenden können natürlich nicht wissen, dass sie in einem Film spielen mit
dem Titel „Gestern waren wir Fremde“. So dauert es eben geschlagene 68 von
89 Minuten, bis auch bei der Tochter endlich der Groschen fällt.
Aber nun, wo es endlich spannend werden könnte; wo zu erzählen wäre, wie
die Tochter die kleine Lebenslüge der Eltern verarbeitet; wo
gesellschaftliche Konventionen und strafrechtliche Verbote auf die Probe zu
stellen wären von den Liebenden, die gerade noch meinten, ohne einander
nicht mehr leben zu können, da bleibt nur noch der Zeitraffer.
Und so wird das unter diesen Umständen einzig Mögliche unternommen: Das
sozialadäquate kleine Happy End wird schnell noch auserzählt.
21 Aug 2013
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
ARD
Degeto
Film
ZDF
ARD
Mexiko
Medien
Tatort
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