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# taz.de -- Justiz in Ägypten: Kontrahenten vor Gericht
> Die Verfahren gegen Mubarak und die Muslimbrüder fallen unterschiedlich
> aus: Der Expräsident wird eingeflogen, die Islamisten kann der Staat
> nicht schützen.
Bild: Protest gegen die Freilassung Mubaraks: Ein junger Ägypter baut ein Zelt…
KAIRO taz | Es ist wohl eine Ironie der Geschichte. An ein und demselben
Tag mussten sich am Sonntag der gestürzte ägyptische Diktator Husni Mubarak
und die eingesperrte Führung der Muslimbrüder in Kairo vor Gericht
verantworten.
Ein kleines verlorenes Häuflein Mubarak-Anhänger hielt vor dem Gericht in
der Polizeiakademie am Stadtrand von Kairo am Sonntagmorgen die Stellung,
nicht mehr als ein Dutzend. Sie vollzogen die übliche Show für die Kameras
und küssten die mitgebrachten Poster mit dem Antlitz des gestürzten
Präsidenten und reckten die Finger zum Siegeszeichen.
Mubarak selbst, juristisch gesehen ein freier Mann, weil er die im
ägyptischen Recht maximal festgeschriebene Zeit in der Untersuchungshaft
abgesessen hat, kam per Hubschrauber aus dem Militärkrankenhaus geflogen.
Dort steht er seit seiner Freilassung am vergangenen Donnerstag unter
Hausarrest.
## Mubarak macht einen recht fitten Eindruck
Im Gerichtssaal machte Mubarak einen recht fitten Eindruck, aufrecht
sitzend verfolgte er das Geschehen aufmerksam. In einem neu aufgenommenen
Verfahren muss er sich erneut für den Tod von über 800 Demonstranten Anfang
2011 verantworten.
Mubaraks Verteidigung beantragte, den jetzigen Militärchef,
Verteidigungsminister und starken Mann im Land, Abdel Fattah al-Sisi, als
Zeugen zu laden. Unter Mubarak fungierte al-Sisi als Chef des
Militärgeheimdienstes. Der nächste Prozesstag ist für den 14. September
angesetzt.
Das Verfahren gegen die Führung der Muslimbrüder in der Innenstadt hatte
eindeutig mehr Aufmerksamkeit. Dort drängelten sich die Journalisten um die
besten Plätze. Aber die im Gefängnis sitzenden 32 Angeklagten waren nicht
erschienen. Darunter Mohammed Badie, der Chef der Muslimbrüder, und dessen
beide Stellvertreter, Chairat al-Schater und Raschad al-Bajumi.Im,
## Im Fall der Muslimbrüder schickt das Innenministerium einen Brief
Stattdessen schickte das Innenministerium ein Schreiben, das im Saal
verlesen wurde. Demnach konnte es nicht für die Sicherheit der Angeklagten
beim Transport und vor Gericht garantieren. Deshalb wurde der Prozess nach
nur fünf Minuten auf den 29. Oktober vertagt.
Im Grunde geht es dabei um zwei Verfahren. Einem Teil der Angeklagten,
darunter der Führung, wird vorgeworfen, für den Tod von einem Dutzend
Demonstranten mitverantwortlich zu sein, die bei dem Sturm auf das
Hauptquartier der Muslimbrüder in Kairoer Stadtteil Mukattam am 30. Juni
umgekommen sind, als aus dem Inneren des Gebäudes heraus auf sie geschossen
wurde. Andere sind angeklagt, weil in der Zentrale der Muslimbrüder Waffen
gefunden worden sein sollen.
## Anwalt spricht von Diskriminierung
„Das ist eine offensichtliche Diskriminierung. Mubarak wird mit dem
Hubschrauber samt Ärzteteam eingeflogen. Und bei den anderen kann die
Polizei zwar Tausende von ihnen verhaften, aber dann kann sie angeblich
nicht für deren Sicherheit vor dem Gericht garantieren“, erregte sich
Mohammed al-Damati, der Vorsitzende des Verteidigungsteams der
Muslimbrüder, gegenüber der taz.
Das ganze Verfahren entbehre jeglicher Grundlage, sagt er. Die
Staatssicherheit habe bisher keinerlei Beweise vorgelegt. Sie haben die
Leute einfach festgenommen und haben dann nach etwas gesucht, was sie ihnen
per Strafgesetz anhängen könne.
## Weitere 2.000 Muslimbrüder festgenommen
Beispielsweise hätten Nachbarn angeblich ein vor dem Hauptquartier der
Muslimbrüder abgeparktes Fahrzeug voller Waffen gefunden und das auch noch
selbst durchsucht. „Das kann vor keinem Gericht Bestand haben, den niemand
weiß, wer das Fahrzeug dorthin gebracht hat und ob es nicht nachträglich
mit den Waffen bestückt wurde,“ meint der Verteidiger der Muslimbrüder.
Laut Angaben aus Sicherheitskreisen wurden in den vergangenen Tagen über
2.000 Muslimbrüder verhaftet. Das ist möglicherweise der Grund dafür, warum
es trotz angekündigter Proteste letzten Freitag relativ ruhig geblieben
ist. Inzwischen wurde die nächtliche Ausgangssperre um zwei Stunden
verkürzt.
25 Aug 2013
## AUTOREN
Karim Gawhary
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Fundamentalismus
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