# taz.de -- Grüne Energie: Berlin ist nicht Pfarrkirchen | |
> Die Grünen legen ihr Konzept für die Gründung eines Stadtwerks vor. Es | |
> soll für einen dreistelligen Millionenbetrag den Gesetzentwurf des | |
> Energietischs umsetzen. | |
Bild: Lieber dezentral als alles auf einmal: Das grüne Energiekonzept. | |
Die Vision dürfte vielen gefallen, der teure Weg dorthin wird jedoch | |
Kritiker auf den Plan rufen: Am Mittwoch hat die Grünen-Fraktion im | |
Abgeordnetenhaus ihr Konzept für die Gründung eines Stadtwerks vorgelegt. | |
Es soll helfen, bis 2030 Berlins Strom- und bis 2050 den Wärmebedarf | |
vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken und den Verbrauch der Stadt | |
massiv zu senken. „Unser Vorschlag fußt auf dem Gesetzentwurf des | |
Energietisches und füllt diesen inhaltlich aus“, sagte der grüne | |
Energieexperte Michael Schäfer. | |
Berlin würde nach einer Realisierung des Konzepts etwa so aussehen: Auf | |
Schulen und Bahnhofsdächern erzeugen Solaranlagen Energie, in den Kellern | |
landeseigener Gebäude sorgen Blockheizkraftwerke für Strom und Wärme und | |
ergänzen so das ohnehin klimaschonende Fernwärmenetz, das Vattenfall in | |
Teilen der Stadt betreibt. Windräder drehen sich auf den Flächen der | |
Stadtgüter im Umland, die Stadtreinigungsbetriebe (BSR) liefern den Dampf | |
aus ihrem Müllheizkraftwerk an eine landeseigene Turbine, während die | |
Wasserbetriebe (BWB) Klärschlämme zu Energie machen. | |
## Umweltverwaltung zuerst | |
Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und Berliner Energieagentur (BEA) | |
kümmern sich um den auf 8 Milliarden Euro angewachsenen Sanierungsstau | |
öffentlicher Gebäude. Mit privaten Krediten und Eigenmitteln aus dem | |
Landeshaushalt bauen sie diesen ab, beginnend mit der überfälligen | |
Sanierung eines großen Hauses in der Württembergischen Straße: dem Sitz des | |
Umweltsenators. | |
All das kostet viel Geld. Abzüglich privater Kredite und Anteilen der | |
Landesunternehmen kalkulieren die Grünen für den kommenden Doppelhaushalt | |
mit Investitionen von 80 Millionen 2014 und 105 Millionen 2015. Zum | |
Vergleich: SPD und CDU haben für ein Stadtwerk jährlich 1,5 Millionen | |
eingestellt. „Diese drei Millionen entsprechen dem Eigenkapital der | |
Stadtwerke Pfarrkirchen in Bayern“, sagt Schäfer. Pfarrkirchen habe aber | |
nicht mal halb so viele Einwohner wie Berlin-Biesdorf. „Der Senat will kein | |
Stadtwerk – er tut nur so, als ob.“ | |
Kern eines Stadtwerks nach Schäfers Vorstellung soll die BEA sein. Bisher | |
gehört der Energie-Dienstleister zu je einem Viertel dem Land, der | |
staatlichen Bank KfW, Vattenfall und der Gasag. Von letzteren beiden soll | |
Berlin für 7,5 Millionen die Anteile kaufen. Das öffentliche Unternehmen | |
soll zwei Sparten haben. | |
Die eine, Berlin Energie Erneuerbar, kümmert sich um den Ausbau der | |
klimafreundlichen Energieerzeugung und liefert diese an Kunden in Berlin. | |
Drei Landesunternehmen sollen Teilhaber der Sparte werden: BSR, BWB und | |
Stadtgüter. | |
An der anderen Sparte, Berlin Energie Effizienz, sollen sich die BIM und | |
die Wohnungsbaugesellschaften des Landes beteiligen. Ihre Aufgaben: | |
Veraltete Heizungs- durch effiziente Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ersetzen, | |
Energiesparberatungen anbieten und die Sanierung der Gebäude durch | |
„Contracting“: dabei organisiert Berlin Energie Effizienz die nötigen | |
Investitionen, etwa für Dämmungen, und refinanziert diese langfristig durch | |
die eingesparten Energiekosten. Ein 12,5 Millionen großer Anteil an den | |
Gesamtkosten soll dafür fließen. Größer ist der Brocken für die nötigen | |
baulichen Instandsetzungen: 50 Millionen 2014 und 80 Millionen 2015. | |
Doch woher soll das Geld für die hochtrabenden Pläne kommen? Die Fraktion | |
kündigt „solide gegenfinanzierte Anträge“ für die Haushaltsberatungen an. | |
Mittelfristig soll Berlin Teile seiner Haushaltsüberschüsse in den nächsten | |
Jahren nicht in die Schuldentilgung, sondern in die Energiewende stecken. | |
28 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Puschner | |
## TAGS | |
Berlin | |
Erneuerbare Energien | |
Grüne | |
Energiewende | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Volksentscheid: Energietisch wirbt für Briefwahl | |
Mit 10.000 Plakaten sollen die Wähler mobilisiert werden, um das Quorum zu | |
knacken. Das Bündnis setzt auf Rückenwind aus Hamburg. | |
Erneuerbare Energien: Abkehr von der Wende | |
Auch 2014 wird die Umlage für erneuerbare Energien steigen und damit der | |
Strompreis. Eine Quotenregelung soll das Problem beheben. | |
Vor Energie-Volksentscheid: Senat unter Hochspannung | |
Rot-Schwarz positioniert sich zum Volksentscheid - und legt zwei völlig | |
unterschiedliche Entwürfe vor. Jetzt soll’s der Chef der Senatskanzlei | |
richten. | |
Sofortprogramm der Grünen: Energiewende exklusiv | |
Einem Medienbericht zufolge fordern die Grünen im Falle einer | |
Regierungsbeteiligung ein Ministerium für die Energiewende. Und zwar für | |
sich. | |
Volksentscheid am 3.11.: Energietisch erhöht Widerstand | |
Die rot-schwarze Resolution zum Volksentscheid verbreitet Unwahrheiten – | |
sagen die Initiatoren des Begehrens. |