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# taz.de -- Die Wahrheit: Syrien spürien
> Rede an den gemeinen Soldaten der zum Orientexpresskrieg nach Damaskus
> ausrückenden Bundeswehr.
Bild: Spring über deinen Schatten, Soldat, nimm einen anderen Weg
O du Soldat der Bundeswehr, du Perle des Abendlandes, du Blume des Feldes
und Sonne des Krieges. Fühlst du es schon? Schwant es dir bereits? Ahnst du
es tief im Innersten? Bald heißt es für dich: Syrien spürien.
Dorthin wirst du ziehen, die Werte der westlichen Welt zu verteidigen.
Vergiss den Hindukusch und seine Freiheit! Lass dich an den Gestaden des
Barada nieder, des duftenden Flusses von Damaskus, der dem heimischen Biere
mit Fug und Recht seinen wohlklingenden Namen gab. Am Ende des
Orientexpresskrieges wird ein tiefer Zug des herben Nasses auf deiner Zunge
perlen, auf den Knospen des Siegers, des Retters der Armen, der Schwachen
und Erniedrigten Arabiens.
Denn höre, o du Soldat der Bundeswehr! Im nahen Libyen einst durftest du
noch nicht ans Werk. Aber die hohe Zeit des Händels ist nun gekommen. „Ein
weiteres Mal können wir uns nicht isolieren“, sagt „ein Mitglied der
Bundesregierung“ dem patriotischen Feldpostblatt Bild. Vorgetragen in der
giftigen Sprache der Politik, verschweigt der mächtige Herr zwar feige
seinen Namen, um vor der leidigen Wahl keinen Wüstenstaub aufzuwirbeln,
aber er liebt den Krieg wie sein Augenlicht, er feuert ihn an und schickt
dich, ja dich, o du Soldat der Bundeswehr, in die Schlacht um Damaskus.
Ist es nicht eine unendliche Ehre, für einen hehren Staatsminister zu
fallen? Für einen Helden des Sessels? Für einen, der mit schwertstarker
Stimme die deutschen Interessen wahrt? Da lohnt der Heroentod im ewigen
Sand der Badiya, in der seit Urzeiten Asche zu Asche, Staub zu Staub wird
und nun der deutsche Waffenträger zum sterblichen Überrest.
## Dann lieber komplett zuverlässig sterben
Klaglos nimmst du, o du Soldat der Bundeswehr, es hin, fällst doch du für
höhere Ziele eines „Mitglieds der Bundesregierung“, das winselnd die
Friedenssehnsucht seines verstockten Volkes beklagt, die leider größere
weltpolitische Pläne verhindert: „Damit stünden wir vor unseren Partnern
als komplett unzuverlässig da.“ Dann lieber komplett zuverlässig sterben.
O ja, du Soldat der Bundeswehr! Bald musst du dein Ränzlein schnüren und
hinaus in die Fremde, der Fehde ein treuer Vasall. Es sei denn, du berufst
dich auf jenes weithin bekannte Damaskus-Erlebnis. Werde ein anderer, wähle
einen neuen Weg und verweigere dich dem prahlerischen Emporkömmling von
Minister, der allein für sich und seine Karriere spricht, dich aber nicht
einmal mit einem Arschbackenrunzeln würdigt.
Schmettere, o du Soldat der Bundeswehr, ihm und allen anderen, die lüstern
dem Kriege am traurigen Zipfel hängen, schmettere jedem, der behauptet,
deine Zeit sei gekommen, so stehe es geschrieben, tapfer drei Worte
entgegen: Nichts steht geschrieben!
30 Aug 2013
## AUTOREN
Michael Ringel
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Bundeswehr
Soldat
Kunst
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Mollath
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Satire
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