# taz.de -- Chefpostensuche der IG BAU: Baustellen der Baugewerkschaft | |
> Nach dem Rückzug Klaus Wiesehügels stellt sich die Gewerkschaft neu auf. | |
> Eine Kampfkandidatur bleibt aus, Reibereien gibt es trotzdem. | |
Bild: Schlechte Stimmung: Mit Werkverträgen wird auf dem Bau oft der Mindestlo… | |
BERLIN taz | Die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) gehört nicht zu den großen | |
Gewerkschaften. Eher selten hört man darum, wenn es in ihrem Innenleben | |
knirscht, so wie das derzeit der Fall ist. Ob Mitgliederschwund, | |
organisationseigene Frauenquote oder Werkverträge in der Baubranche – auf | |
dem Kongress der IG BAU, zu dem ab diesem Montag für vier Tage 300 | |
Delegierte in Berlin zusammenkommen, dürfte es die ein oder andere gereizte | |
Aussprache geben. | |
Der Unmut brach aus, nachdem Gewerkschaftschef Klaus Wiesehügel, scharfer | |
Agendakritiker und Arbeitsmarktexperte [1][im SPD-Kompetenzteam], nach 17 | |
Jahren seinen Rückzug von der Spitze angekündigte. 14 | |
Gewerkschaftssekretäre kritisierten per Brief, der Vorstand habe keine | |
überzeugenden Konzepte, um auf den Mitgliederschwund zu reagieren. | |
Auch um Wiesehügels Nachfolge gab es Gerangel. Zur Wahl für den Chefposten | |
stellt sich der 50-jährige Robert Feiger, bisher im Vorstand für Finanzen | |
und Personal zuständig. Dietmar Schäfers, der zweite Vize neben Feiger, | |
hatte noch bis vor Kurzem eine Kampfkandidatur gegen Feiger erwogen. Nun | |
aber will er es bei der erneuten Kandidatur für den Vizeposten belassen. | |
Ein Fauxpas war zudem, dass der Gewerkschaftsbeirat für die anstehenden | |
Vorstandswahlen keine einzige Frau nominiert hatte. Da die einzige Frau im | |
fünfköpfigen Vorstand, Bärbel Feltrini, nicht mehr antritt, weil es auch | |
sie als mögliche sozialdemokratische Arbeitsministerin Hessens in die | |
Politik zieht, würde das Spitzengremium künftig nur noch aus Männern | |
bestehen. Und das, obwohl die Satzung der IG BAU vorsieht, dass Frauen | |
entsprechend ihrem Mitgliederanteil in den Gremien vertreten sein sollten. | |
Rund ein Drittel der IG-BAU-Mitglieder ist weiblich. | |
## Frauen fordern Quote | |
In der Frauenfrage kann die Gewerkschaft noch einmal die Kurve kriegen. Für | |
einen Vorstandsposten werfen nun auch Ulrike Laux-Harnack und Gabriele | |
Kailing ihren Hut in den Ring. Der Bundesfrauenvorstand hat sich einstimmig | |
für Laux-Harnack ausgesprochen. „Wenn nun auf dem Gewerkschaftstag keine | |
Frau in den Vorstand gewählt wird, dann wäre das wirklich übel“, sagt | |
Bundesfrauensekretärin Sylvia Honsberg. Die Frauen fordern als Lehre aus | |
dem Beiratsdebakel eine verbindliche Quote von 30 Prozent für alle Gremien. | |
Gebeutelt ist die IG BAU aber auch ohne interne Querelen schon genug. Mit | |
der großen Krise in der Bauwirtschaft ab Mitte der 1990er Jahre ging nicht | |
nur die Zahl der Beschäftigten von rund 1,4 Millionen auf 700.000 zurück. | |
Auch die IG BAU schrumpfte um mehr als die Hälfte auf 300.000 Mitglieder. | |
Als Antwort auf den Mitgliederschwund versucht die IG BAU, die Arbeit | |
vermehrt auf Ehrenamtliche zu delegieren. Denn für bezahlte | |
Gewerkschaftssekretäre gibt es immer weniger Geld. | |
## Werkverträge als Problem | |
Die Öffnung des europäischen Binnenmarktes brachte weitere Probleme für die | |
Baubranche: Aus Süd- und Osteuropa schickten Firmen Werkvertragsarbeiter | |
für deutlich geringere Löhne nach Deutschland. Auf dem Bau ist zwar | |
Leiharbeit gesetzlich verboten und es gibt einen Mindestlohn von derzeit | |
10,25 Euro im Osten und 11,05 Euro im Westen. Aber mit Werkverträgen lassen | |
sich die Lohnuntergrenzen umgehen. | |
Intern wurde auch Kritik laut, die IG BAU habe unter den Gebäudereinigern | |
wieder an Attraktivität eingebüßt. Dort hatte es die Gewerkschaft 2009 zum | |
ersten Mal geschafft, einen bundesweiten Streik zu organisieren. Das war | |
deswegen bemerkenswert, weil die Branche durch Niedriglöhne, Befristungen | |
und Minijobs geprägt ist. Solche Arbeitsverhältnis erschweren gemeinhin die | |
Mobilisierung der Beschäftigten. | |
Auf Wiesehügel-Nachfolger Feiger warten also Herkulesaufgaben. „Wir werden | |
uns künftig noch stärker an den Betrieben ausrichten und daran, was den | |
Beschäftigten unter den Nägeln brennt“, sagt er zur taz. Zudem zähle der | |
Kampf gegen prekäre Beschäftigung und für vernünftige Übergänge in die | |
Rente zu den Schwerpunkten. | |
Neues Unheil droht bereits – dieses Mal von der EU-Kommission. Die will den | |
Schutz für aus dem Ausland entsandte Arbeitskräfte deutlich zu reduzieren. | |
Das würde nicht zuletzt die Beschäftigten in der Baubranche hart treffen. | |
9 Sep 2013 | |
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## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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