| # taz.de -- Literaturfestival in Berlin: Sex und Weißraum | |
| > Katherine Angel schreibt über weibliches Begehren, über Ficken und | |
| > Geficktwerdenwollen und junge Katzen. Eine Lesung in Berlin. | |
| Bild: Katze, ungebändigt | |
| Lesen macht schön: Was für ein bekloppter Spruch. Wenn man ins Haus der | |
| Berliner Festspiele kommt, gibt es links im Foyer einen Bücherstand, und | |
| dort eine Kasse, und an der Kasse klebt der Spruch. Eine Frau im Trenchcoat | |
| fragt die Verkäuferin nach einem Buch. „Leider nein“, sagt die Verkäuferi… | |
| „wir haben hier immer nur Bücher von Autoren, die jeweils an dem Tag auch | |
| lesen.“ Direkt vor mir liegt ein Buch von Antoine de Saint-Exupéry. | |
| Etwas weiter liegt ein Buch mit dem Titel „Schöne Frauen lesen“, dahinter | |
| ein Plakat: „Buchbox – die schönsten Lesungen“. Und da vorne liegt das | |
| Buch, für das ich hergekommen bin: Katherine Angel, „Ungebändigt. Über das | |
| Begehren, für das es keine Worte gibt“, Tropen-Verlag. Eine Frau mit Hut | |
| nimmt das Buch in die Hand, blättert, streicht übers Cover und sagt: „Ein | |
| schönes Buch.“ | |
| Heute ist alles schön. Ich hole mir meine Eintrittskarte. Auf der | |
| Presseliste ist mein Name mit pinkem Textmarker angestrichen. Auch schön? | |
| Bei der Lesung sind die meisten Leute im Publikum ungefähr 50 plus. Das ist | |
| interessant, die Autorin ist viel jünger. Als Publikumshaarfarbe dominiert | |
| nachgefärbtes Mittelblond mit grauen Strähnen. | |
| „In der folgenden Veranstaltung sind als Handyklingelton nur Stöhngeräusche | |
| erlaubt“, sagt der Mann auf der Bühne, bevor er die Autorin, Moderatorin | |
| und Sprecherin vorstellt. Und uns „einen erregenden Abend“ wünscht. Oh | |
| Mann. Geh weg. | |
| ## Schäbiger Porno | |
| Katherine Angel liest auf Englisch, Schauspielerin Regina Gisbertz liest | |
| dann andere Auszüge auf Deutsch. Es geht um Sex am Morgen, am Abend, ohne | |
| Fesseln, mit Fesseln. Um den Unterschied zwischen gutem Porno und | |
| „misogynem, zwanghaftem, schäbigem Porno“, bei dem man sich leer fühlt – | |
| und trotzdem feucht wird. Wieso? | |
| Und wenn eine Frau sich sexuell mit einer jungen Katze identifiziert, ist | |
| das okay? Wenn sie sieht, wie ein Mann die Katze hochhebt, wenn sie sagt: | |
| „Ich fühle mich wie Lottie“, und: „Du könntest mich im Genick packen.�… | |
| Gut? Nicht gut? Ist das unfeministisch? | |
| Die Autorin beschreibt einen Streit mit ihrem Partner. Dann: | |
| Versöhnungssex, er spritzt auf sie. „Ich liebe das. Die jähe feuchte Kühle | |
| auf mir.“ Und dann: „Dummchen. Kollaborateurin.“ | |
| Katherine Angel hat in Cambridge promoviert und forscht in London zu dem, | |
| was man „weibliche Sexualstörungen“ nennt. Darum geht es, auf | |
| nichtakademische Art, auch in „Ungebändigt“. Was, wenn eine Frau sich als | |
| Feministin sieht und sich beim Sex dem Mann unterwerfen will? Ist das | |
| falsch, irgendwie? Ist es besser, wenn sie beim Sex oben ist? Wenn sie | |
| seinen Penis nicht bewundert? Reicht es, wenn sie sich wohlfühlt? Kann | |
| Begehren gut oder schlecht sein, und: Wer darf das bewerten? | |
| Angels Buch hat viele sehr weiße Seiten. Manchmal steht auf einer Seite | |
| nur: „Fick mich. Ja, fick mich!“, oder „Ich bin so verfickt hungrig!“ I… | |
| wieder zitiert sie Virginia Woolf, Foucault, Susan Sontag. Dazwischen der | |
| Satz: „Ich will meine eigenen Worte“ – vielleicht der wichtigste Satz im | |
| ganzen Buch. Eigenes Begehren, eigene Widersprüche, eigene Worte. „Es gibt | |
| keine Regeln. Kein Schuh passt allen.“ | |
| Später, bei Bier und Wasser mit der Übersetzerin Gertraude Krueger, die | |
| auch Monty Python übersetzt hat, der Verlagsfrau und Laura Méritt lacht | |
| Katherine Angel viel. Noch später [1][schreibt] sie auf Twitter, dass sie | |
| nicht nach London zurück will, sondern in Berlin bleiben. Das wär schön. | |
| 13 Sep 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://twitter.com/KayEngels/status/377932428255723520 | |
| ## AUTOREN | |
| Margarete Stokowski | |
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