| # taz.de -- Steinbrück im „SZ-Magazin“: Den Finger am Anzug | |
| > Fuck you! Steinbrück streckt den Mittelfinger in die Kamera und | |
| > inszeniert Authentizität. Ist der Mann arschcool oder saudoof? | |
| Bild: Authentisch, humorvoll, bescheiden, schlagfertig, was auch immer. So ein … | |
| Die letzten Wochen liefen nicht schlecht für Peer Steinbrück. Zumindest | |
| nicht mehr ganz so beschissen wie die Monate davor. Seit dem Fernsehduell | |
| mit Angela Merkel steigen die Umfragewerte der SPD: Laut | |
| ARD-Deutschlandtrend ist sie [1][bei 28 Prozent]. Das wäre ein | |
| gesichtswahrendes Ergebnis für Steinbrück. Der Typ schien wegzukommen vom | |
| Bild des hanseatischen Pannenschnackers. | |
| Und jetzt das: Steinbrück lässt sich auf der Titelseite des | |
| [2][SZ-Magazins] mit erhobenem Mittelfinger, und versuchtem, leicht in | |
| Schnappatmung abgleitendem Stierblick ablichten. „Sagen Sie jetzt nichts“ | |
| heißt das Format, in dem Interviewte nicht verbal antworten, sondern mit | |
| Gesten. | |
| Steinbrück bekam die Frage vorgesetzt: „Pannen-Peer, Problem-Peer, | |
| Peerlusconi – um nette Spitznamen müssen Sie sich keine Sorgen machen, | |
| oder?“ Und zeigte nach all dem Spott seiner Kritiker, all den | |
| Korinthenkackern, die ihn auf ein paar daher gesagte Sprüche reduzierten, | |
| mal so richtig, was er von ihnen hält. | |
| Man muss wissen: Das Foto ist vor einigen Wochen entstanden, als Peer | |
| Steinbrück noch Pannen-Peer war. Das SZ-Magazin schreibt, Steinbrücks | |
| Pressesprecher wollte das Bild damals erst nicht freigeben. Der | |
| Kanzlerkandidat habe spontan geantwortet: „Nein, das ist okay so.“ | |
| Dass ein solches Foto zum Kult werden, ziemlich schnell ohne seinen Kontext | |
| fortleben wird und damit offen für alle Interpretationen ist (Fuck you | |
| Wähler, Fuck you Wahl, Fuck you Merkel, Fuck you und überhaupt) muss | |
| Steinbrück wissen. Dass es in der SPD-Wahlkampfzentrale noch keine | |
| Selbstmorde gab, zeugt von einer gewissen Professionalität: Die haben | |
| monatelang geackert, Steinbrück einen Hauch bundesrepräsentativen Flairs zu | |
| verleihen, jetzt mittelfingert er alles wieder kaputt. | |
| ## Steinbrück schlägt zurück | |
| Ist das so? Viele Kommentatoren im Netz jedenfalls sind empört. Besonders | |
| Frauen sind angewidert von Steinbrücks [3][„Macho-Geste“]. Die politischen | |
| Gegner nutzen das Foto genüsslich aus. Eines Kanzlers nicht würdig, meint | |
| FDP-Chef Philipp Rösler. Linksparteichef Bernd Riexinger sieht im | |
| Stinkefinger gar das „offizielle Ende seiner Kanzlerkandidatur“. Steinbrück | |
| beleidige die Wähler. „Peinlich, peinlich, peinlich“, kommentiert | |
| CDU-Politiker Jens Spahn. | |
| Doch man kann den Fall auch anders deuten. Steinbrück hat sich mit dem Bild | |
| befreit. Zeigt, dass er autenthisch ist, schlägt zurück gegen all jene, die | |
| ihn seit Beginn seiner Kandidatur wegen Wein, Kanzlergehalt und | |
| Clownsäußerungen totsagen. Mit einer guten Portion Ironie, die sicher nicht | |
| jeder verstehen wird oder will, entwirft er einen Gegenentwurf zu Merkels | |
| Raute. Aggression und Authentizität statt Zurückhaltung. Es ist die | |
| sympathischere Geste. | |
| Steinbrück hat stets betont, dass er sich nicht verbiegen will. Dass er | |
| Klartext spricht. Der Stinkefinger ist die bildliche Umsetzung dieser | |
| Strategie, die logische Konsequenz. Wer das als unprofessionell und | |
| unwürdig verteufelt, soll sich nie wieder über knöcherne, unnahbare und | |
| künstliche Politiker beschweren. | |
| Zu verlieren hat er ohnehin nichts mehr. Eine Woche vor der Wahl zockt er. | |
| All in. Ich das Original, Merkel die blasse Verwalterin. Unabhängig vom | |
| Wahlsieg hat er sich sein eigenes Denkmal gesetzt. Selbst wenn er nach | |
| gescheiterter Wahl wieder auf Vortragsreisen geht, der Finger wird bleiben. | |
| Das kann nicht jeder Kanzlerkandidat von sich behaupten. | |
| 13 Sep 2013 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Letzte-Umfrage-vor-der-Wahl/!123662/ | |
| [2] http://sz-magazin.sueddeutsche.de/ | |
| [3] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2013-09/peer-steinbrueck-mittelfinge… | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
| Paul Wrusch | |
| ## TAGS | |
| Wahlkampf | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| SPD | |
| Peer Steinbrück | |
| Peer Steinbrück | |
| Wahlkampf | |
| Peer Steinbrück | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Steinbrück | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Wahlkampf | |
| TV | |
| FDP | |
| Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Peer Steinbrück kritisiert die Medien: „Ich bin keine Leberwurst, aber...“ | |
| Kurz vor der Bundestagswahl hätte man ihn in die Nähe von Stasi und KGB | |
| ziehen wollen. Nicht nur das ging Peer Steinbrück dann doch deutlich zu | |
| weit. | |
| Kommentar Kanzlerschaft: Lasst mich mit eurem „nett“ in Ruhe | |
| Merkel ist uneitel und authentisch. Na und? Was hat das mit Politik zu tun? | |
| Wie ein Politiker tickt ist egal. Es geht um Klugheit und Härte. | |
| Peer Steinbrück: Johlen, Klatschen, Stampfen | |
| Weitermachen! Das ist sein Motto im Wahlkampf. Zu guter Letzt hat | |
| SPD-Kandidat Steinbrück Tritt gefasst. Es wird wohl zu spät sein. Ein | |
| Porträt. | |
| Gesten im Wahlkampf: Phallus folgt auf Vagina | |
| Wir wollten einen Wahlkampf mit starken Symbolen? Jetzt haben wir ihn. | |
| Steinbrücks Mittelfinger ist der beste Gegenentwurf zur Merkel-Raute. | |
| Genese einer universellen Geste: Flipping the Mittelfinger | |
| Peer Steinbrück zeigt uns seinen Mittelfinger. Warum gerade den? Was | |
| bedeutet das? Eine kurze Kulturgeschichte des Fingerzeigens. | |
| Letzte Umfrage vor der Wahl: Die Opposition holt auf | |
| SPD, Grüne und Linke kommen im neuesten „Deutschlandtrend“ zusammen auf 46 | |
| Prozent. Union und FDP erreichen 45 Prozent. | |
| Kommentar Online im Wahlkampf: Dialektik des Grauens | |
| Lange wurde von deutschen Parteien gefordert, das Netz müsse im Wahlkampf | |
| wichtiger werden. Nun zeigt sich: Diese pauschale Forderung war falsch. | |
| TV-Formate zum Wahlkampf: Liebe Fremdschämen als Langweilen | |
| Wenn Fernsehmacher spießigen Formaten etwas entgegensetzen, darf das auch | |
| mal schiefgehen. Wenigstens wagen sie Experimente. | |
| Onlinewahlkampf der FDP: Meckern im Sandkasten | |
| Innovativ, klassisch oder peinlich? Wir analysieren, wie sich die Parteien | |
| während des Wahlkampfes im Netz schlagen. Dieses Mal: die FDP. | |
| Rot-rot-grüne Koalition: Das linke Gespenst | |
| Eine Koalition aus SPD, Grünen und Linken passt in die Zeit. Doch es fehlt | |
| an einer wichtigen Voraussetzung: dem gegenseitigen Vertrauen. |