| # taz.de -- Kommentar Netanjahus UN-Rede: Ohne eine Prise Diplomatie | |
| > Israels Premier Benjamin Netanjahu bleibt gegenüber dem Iran hart. Dabei | |
| > wäre jede Einigung im Atomstreit besser als der jetzige Status quo. | |
| Bild: Netanjahu ganz ohne Gimmicks – deshalb schaut auch kaum jemand hin | |
| Der Auftritt von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor den Vereinten | |
| Nationen verlief genau so, wie es alle erwarteten. Kompromisslos kündigte | |
| der Israeli den militärischen Alleingang an, sollte es nicht anders | |
| gelingen, Teheran vom Projekt Atomstaat abzubringen. Netanjahu fordert das | |
| Ende der Urananreicherung, die Schließung der Atomanlage bei Qom und der | |
| Zentrifugen in Natanz sowie das Entfernen des bereits angereicherten | |
| Kernmaterials. Alles oder nichts stellt er zur Debatte. So wird es kaum | |
| funktionieren. | |
| Netanjahus Skepsis, ob Verhandlungen mit dem iranischen Präsidenten Hassan | |
| Rohani zum gewünschten Erfolg führen, ist verständlich. Wer weiß besser als | |
| er selbst, wie man Verhandlungen führt, um Zeit zu gewinnen für das eigene | |
| Projekt, das dem erklärten Verhandlungsziel geradewegs entgegensteht. Seit | |
| Jahrzehnten verhandelt Israel mit den Palästinensern über zwei Staaten, | |
| während parallel neue Siedlungen auf palästinensischem Land entstehen. Die | |
| Iraner müssen das Prinzip der Hinhaltetaktik nicht erst erfinden. | |
| So sehr Skepsis angebracht ist, so wäre doch jede Einigung besser als der | |
| Status quo, der auf kurz oder lang alternativ zum Atomstaat oder zum | |
| Präventivschlag, im Zweifelsfall sogar zu beidem führen würde. | |
| Nur zu gern würde man Rohani vertrauen, dass er meint, was er sagt, und | |
| dass er die Macht hat umzusetzen, was er der Welt verspricht. Auch | |
| Netanjahu würde sich wünschen, dem Iraner zu glauben. Aber er tut es nicht. | |
| Als letztem Redner und diesmal ohne Gimmick, wie sein Bombencartoon im | |
| letzten Jahr, schenkte ihm in New York kaum jemand Aufmerksamkeit. Sehr | |
| viel Freude wird Netanjahu nicht gehabt haben, als er vor fast leeren | |
| Reihen Dinge sagte, die die Welt nicht hören will, während sein Gegner als | |
| Star der Veranstaltung die Bühne verließ. Rohani als Lügner und Wolf im | |
| Schafspelz zu schimpfen, ließ den Israeli dabei nur noch bedauernswerter | |
| rüberkommen. Eine Prise Diplomatie hätte ihm nicht geschadet. | |
| ## Eine konzertierte Aktion ist nötig | |
| Israel werde nicht zulassen, dass Teheran in den Besitz von Atomwaffen | |
| kommt und im Zweifelsfall auch allein handeln, sagt Netanjahu. Warum | |
| allein? Zugegeben mag das Anliegen in Tel Aviv dringender sein als in | |
| London oder Paris, denn die Handlanger Teherans stehen hier unmittelbar vor | |
| der Tür, sei es in Form der Hisbollah im Libanon und der Hamas. Eine | |
| Atommacht als Rückendeckung würde die Position der Islamisten im Kampf | |
| gegen Israel unangenehm stärken. | |
| All das ändert indes nichts daran, dass auch Europa den Atomstaat Iran | |
| nicht will und Saudi-Arabien ebensowenig. Niemand soll sagen, er schlafe | |
| nicht ruhiger, solange er sicher sein kann, dass Israel die Drecksarbeit | |
| erledigen wird, wenn es nötig wird. Es wäre nicht das erste Mal. Der | |
| israelische Luftangriff auf die irakische Nuklearanlage Osirak wird im | |
| Rückblick auf die Entwicklungen selbst in der liberalen Öffentlichkeit | |
| anders kommentiert als 1981. | |
| Um eine haltbare Lösung zu schaffen, ist diesmal kein Alleingang sondern | |
| eine konzertierte Aktion nötig. Die neuen Töne in Teheran sind Folge der | |
| Sanktionen. Die international breit angelegten diplomatischen Maßnahmen, | |
| die gerade im letzten Jahr und auch infolge von Israels wiederholten | |
| Drohgebärden forciert worden sind, tragen Früchte. | |
| Warum nicht weiterführen, was sich schon bewährt hat? Per | |
| Reißverschlußprinzip könnten Sanktionen erleichtert werden, sobald Rohani | |
| den Forderungen nachkommt. Wird der Kernreaktor bei Qom geschlossen, findet | |
| eine Kooperation mit internationalen Beobachtern statt. Wird angereichertes | |
| Material abgebaut, muss Teheran mit konstruktiven Konsequenzen rechnen | |
| können. Die Gefahr komplett zu bannen, ist Illusion und auch mit | |
| militärischem Präventivschlag nicht mehr möglich. Wenn es gelingt, die | |
| Bedrohung einzudämmen, dann wäre schon viel erreicht. | |
| 2 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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