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# taz.de -- Islamophobie-Streit in Frankreich: Die Ungeliebten der Nation
> Konzept radikaler Muslime – oder reelle Form von Rassismus? Was
> „Islamophobie“ ist, darüber gehen die Meinungen in Frankreich weit
> auseinander.
Bild: Kopftuch: In Frankreich nicht von allen gerne gesehen.
Niemand würde bestreiten, dass in der französischen Gesellschaft ein
Problem mit den muslimischen Mitbürgern existiert. Wie soll man es
benennen? Von den „Ungeliebten“ der Nation spricht der Journalist Claude
Askolovitch in seinem Buch „Nos Mal-Aimés, ces musulmans dont la France ne
veut pas“ (in etwa: Die Ungeliebten, diese Muslime, die Frankreich nicht
will), das eine Polemik ausgelöst hat. Schon die Tatsache, dass ein Atheist
aus einer jüdischen Familie die Begegnung mit Muslimen sucht, brachte ihm
den Vorwurf der Voreingenommenheit ein.
Askolovitch stellt die These auf, dass die weltliche Republik in ihrer
Abwehr religiöser Dominanzversuche „zu weit“ gegangen sei. Damit fördere
der Staat, was zwei andere Autoren, Marwan Mohammed und Abdellali Hajjat,
„Islamophobie“ nennen. Die beiden Soziologen kommen zum Schluss, dass es
sich bei der „Islamophobie“ um ein ideologisches Schreckgespenst handelt,
mit dem die Gesellschaft geängstigt wird.
Der Innenminister, Manuel Valls, der auch für die Glaubensfreiheit
zuständig ist, lehnt eine solche Sicht empört ab. Er hält die
„Islamophobie“ im Gegenteil für ein Konzept radikaler Muslime vom Stil der
Salafisten. Wie schon vor ihm die Fernsehjournalistin Caroline Fourest
glaubt Valls zu wissen, dass dieser Begriff Ende der 70er von iranischen
Mullahs erfunden worden sei.
Was nicht stimmt, das heute so umstrittene Wort existierte schon in den
1920er Jahren. Neu ist für Fourest die Instrumentalisierung: „Das Ziel der
Fundamentalisten ist es, glauben zu machen, wer den Islam kritisiert, sei
(automatisch) muslimfeindlich. Damit wollen sie jede feministische oder
weltliche Kritik verhindern.“
## Ausdruck der Islamfeindlichkeit
Als eine sehr reelle Form von Rassismus erfasst dagegen das „Collectif
contre l’islamophobie en France“ (CCIF) alle Diskriminierungen und
Aggressionen gegen Muslime. Dass der Innenminister die Beschreibung dieser
Phänomene als „islamophob“ nicht zulassen will, ist für das CCIF
bezeichnend für die herrschende Islamfeindlichkeit.
Der Religionsforscher Raphaël Liogier bestätigt: „Indem sie sagen, der
Begriff sei von Fanatikern erfunden worden, versuchen Valls oder Fourest
diesen unanwendbar zu machen. Doch es handelt sich um eine soziale
Realität. […] Heute sagen drei von vier Franzosen, sie hätten ein negatives
Bild vom Islam“ Die Begriffsstutzigkeit und die gegenseitige
Disqualifizierung in dieser Polemik verhindern den Dialog, erklärt der
Soziologe Marwan Mohammed.
4 Oct 2013
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Islamophobie
Schwerpunkt Frankreich
Manuel Valls
Muslime
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Frankreich
Manuel Valls
Schwerpunkt Rassismus
Ausschreitungen
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