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# taz.de -- Neues Album von Omar Soulayman: Auf Hochzeiten nicht mehr gefragt
> Omar Souleyman mischt arabischen Folk mit elektronischen
> Produktionsweisen. Mit „Wenu Wenu“ veröffentlicht er das erste, außerha…
> Syriens produzierte Studioalbum.
Bild: Mach meinen Kumpel nicht an: Omar Soulayman
Er kleidet sich in der Kufija, trägt einen dichten Oberlippenbart und eine
Sonnenbrille – zumindest äußerlich: Omar Souleyman, der Sänger aus der
Kleinstadt Ra’s al’-Ayn im Nordosten Syriens, spielt nicht nur einen für
westliche Ohren eigenwilligen Musikstil, er sieht mit seinem arabischen
Kopftuch für westliche Augen auch einigermaßen markant aus.
Von einem stereotypischen, womöglich gar religiösen Fundamentalisten ist
Omar Souleyman aber meilenweit entfernt. Tatsächlich steht Souleyman, der
heute als der international bekannteste Musiker seines Landes gelten kann,
für eine Verbindung von traditioneller Volks- und elektronischer Tanzmusik.
Dieser Tage erscheint mit „Wenu Wenu“ sein erstes Studioalbum beim Londoner
Indie-Label Domino Records.
Omar Souleyman, der seit 1994 musikalisch aktiv ist, eilt der Ruf voraus,
in knapp 20 Jahren rund 500 Alben veröffentlicht zu haben. Dass der
ehemalige Maurer eine so beeindruckende Produktivität an den Tag legt, hat
einen handfesten Grund: Souleyman begann seine Karriere als
Hochzeitssänger. Seine Auftritte wurden für gewöhnlich mitgeschnitten und
dem Brautpaar überreicht.
Anschließend kamen die Aufnahmen als Bootlegs auf den Markt. Souleymans
Musik, die auf dem Dabke beruht, einem fußstampfenden Kreistanz, der in
arabischen Ländern bei Feiern üblich ist, war zunächst traditionell und
akustisch gehalten. Durch die Begegnung mit dem Keyboarder Rizan Sa’id
änderte Souleyman seine Herangehensweise. Dank programmierter Beats und
verstärktem Einsatz elektronischer Instrumente wurde aus seinen Liedern ein
energisches Gemisch aus Alt und Neu, das sich auch unter
Hochzeitsgesellschaften immer größerer Beliebtheit erfreute.
Außerhalb des Nahen Ostens bekannt wurde Souleyman durch das von
Mitgliedern der experimentellen Rockband Sun City Girls gegründete US-Label
Sublime Frequencies, das auf Künstler aus dem arabischen, afrikanischen und
asiatischen Raum spezialisiert ist. Ein Mitarbeiter des Labels, der
Produzent Mark Gergis, hatte Souleymans Musik in Damaskus kennengelernt und
begann vor einigen Jahren, Zusammenstellungen von Souleymans Stücken zu
veröffentlichen.
## Häufig auf Festivals zu Gast
Die zunehmende Bekanntheit Souleymans brachte ihn auf Festivals in aller
Welt, unter anderem lud ihn der kanadische Musiker Dan Snaith alias Caribou
zu All Tomorrow’s Parties ins Britische Sussex ein. Für „Wenu Wenu“
zeichnet als Produzent der britische Musiker Kieran Hebden (Four Tet)
verantwortlich – Hebden ist seinerseits eng mit Dan Snaith befreundet.
Musikalisch hat sich Hebden bei der Produktion jedoch betont
zurückgehalten, so dass Souleyman und Sa’id ihre Stücke fast unter
Live-Bedingungen einspielen konnten. Ihre Musik erinnert an fremdartige
Psychedelik, der alle Verwaschenheit ausgetrieben wurde. Sa’ids
Synthesizer-Melodien flirren und schwirren nur so vor Ornamenten und lassen
einen ganzen Regenbogen von Obertönen durch den Raum schnellen. Die
Rhythmen setzen hart synkopierte Akzente, darüber singt Souleyman mit
kehliger Stimme, die fast ein wenig klagend klingt.
Seine Musik schreit geradezu nach einem Publikum, das dazu ekstatisch in
Bewegung gerät – es ist unkonventionelle Clubmusik. Im englischen
Sprachraum hat sich für Souleymans Klänge sogar die – leicht irreführende …
Bezeichnung „Syrian Techno“ eingebürgert.
Auch wenn Souleyman in seinen Texten von vordergründig unpolitischen Themen
wie bedingungsloser Liebe singt, spricht sein Verhalten als Künstler eine
andere Sprache: Souleyman singt wegen der immer hoffnungsloseren Situation
in seinem Land nicht mehr auf Hochzeiten, stattdessen gibt er Konzerte vor
großem Publikum – in anderen Ländern. Sein Wohnsitz ist längst in der
Türkei. Das hinderte die schwedischen Behörden aber nicht, Souleyman im
August, als er beim Way-Out-West-Festival in Göteborg auftreten sollte,
zunächst die Einreise zu verweigern: Man fürchtete, er wolle in Schweden
Asyl beantragen.
11 Oct 2013
## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
Pop
Folk
Jazz
elektronische Musik
Musik
Outsider Art
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