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# taz.de -- Al-Qaida-Ableger in Syrien: Dschihadisten übernehmen Kontrolle
> Ihr Ziel ist die alleinige Macht in den Rebellengebieten. Ein
> Al-Qaida-Ableger nimmt den Assad-Truppen im Norden und Osten Syriens die
> Arbeit ab.
Bild: Regierungstruppen in Nordsyrien
BEIRUT dpa/afp | Mit Al-Qaida verbundene Dschihadisten haben die Kontrolle
über den Norden und Osten Syriens gewonnen. Sie verfolgen inzwischen offen
die Strategie, die von Rebellen eroberten Gebiete im Osten und Norden
Syriens alleine zu kontrollieren. Systematisch vertreiben sie gegenwärtig
die rivalisierenden Fraktionen der bewaffneten Opposition gegen die
Regierung in Damaskus aus den Zonen, die an die Nachbarländer Irak und
Türkei grenzen.
Der auch im Irak operierende Al-Qaida-Ableger „Islamischer Staat im Irak
und der Levante“ (Isil) errichtete Sperren auf allen wichtigen
Zubringerstraßen zu den Grenzen und hindert konkurrierende Rebellen am
Zutritt. Wie Bewohner der Grenzgebiete und dort aktive Aufständische der
Nachrichtenagentur AFP übereinstimmend berichten, will die Isil die
Ressourcen und Verbindungswege dieser Regionen kontrollieren. Die ansässige
Bevölkerung werde mit brutalem Auftreten eingeschüchtert.
Charles Lister, Terrorismus-Experte bei der Denkfabrik IHS Jane's, hat
beobachtet, dass die Strategie der Isil schon seit ihrem ersten Auftreten
in Syrien im Frühjahr dieses Jahres „darauf ausgerichtet war, die
Randgebiete zur Türkei und zum Irak zu beherrschen, um so für sich den
Zufluss an frischen Rekruten, Nachschub und Finanzmitteln sicherzustellen“.
Zugleich wolle die Isil so „den Zugriff auf die Nachschubwege für die
gemäßigten Aufständischen haben“, sagt Lister.
Im Internet rechtfertigen die Dschihadisten das aggressive Vorgehen, indem
sie die anderen Fraktionen beschuldigen, diese seien Vasallen des Westens
und würden wie die sunnitischen Milizen im Irak agieren, die dort mit den
USA gegen Al-Qaida kämpften.
Der kurdisch-syrische Blogger Havidar ist sich sicher, dass die Isil in
Teilen Syriens und des Iraks einen islamischen Staat errichten will. „Und
deshalb verhindern sie, dass sich andere Rebellengruppen versorgen und
bewaffnen können.“ Die Dschihadisten gingen aus diesem Grunde auch seit
Monaten gegen kurdische Oppositionelle vor, die ihre Siedlungsgebiete nach
dem Abzug der syrischen Armee autonom verwalten wollen.
## Provinzhauptstadt abgeriegelt
Auch im nordsyrischen Raka, der ersten Provinzhauptstadt, die der Kontrolle
der Regierung in Damaskus völlig entglitten ist, herrscht inzwischen der
Al-Qaida-Ableger. Ein Aktivist, der seinen Namen nicht veröffentlicht sehen
will, berichtet, dass es ihm faktisch unmöglich ist, die Stadt zu
verlassen, ohne einen Kontrollposten der Isil zu passieren. „Assad darf
begeistert sein, wie die ihm hier die Arbeit abnehmen“, klagt er
verbittert.
Die Spannungen zwischen der Isil und den anderen – sogar den islamistischen
– Gruppierungen der bewaffneten Opposition gegen Präsident Baschar al-Assad
gibt es schon seit Monaten, wurden aber nach außen kaschiert. Doch nachdem
die aus dem Irak eingesickerten Dschihadisten Mitte September auch die
nordwestliche Stadt Asas an der türkischen Grenze eroberten, brach der
Konflikt offen aus: Sechs radikalislamische Rebellengruppen forderten in
einer gemeinsamen Erklärung die Isil vergeblich auf, Asas wieder zu
verlassen.
Ein Vertreter dieser Gruppen sagt der AFP: „Die haben es geschafft, sich
mit allen hier zu verfeinden. Die wollen die totale Kontrolle aller
Rebellenzonen. Aber das wird ihnen nicht gelingen, weil die anderen ihnen
wegen der Erfahrungen im Irak nicht trauen.“ Die Sunniten im Nachbarland
Irak hatten 2003 nach der US-geführten Invasion und angesichts der
schiitischen Bevölkerungsmehrheit die Al-Qaida-Kämpfer zunächst mit offenen
Armen aufgenommen. Wegen der brutalen Drangsalierung der Bevölkerung durch
die Fanatiker stellten sie sich aber bald gegen sie.
Die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation, die direkt an der türkischen
Grenze im Einsatz ist und anonym bleiben will, sieht wegen der Strategie
der Isil die Versorgung der breiten Bevölkerung bedroht: „Kontrolliert die
Isil weiter die Straßensperren im Grenzgebiet, ist die Versorgung nicht nur
für Asas und die Nachbarorte gefährdet, sondern für die gesamte Provinz
Aleppo“, warnt sie.
## Tote bei Sprengsatzexplosion
Derweil sind bei einer Explosion im Süden Syriens am Mittwoch mindestens 21
Menschen getötet worden. Nach Angaben der oppositionellen syrischen
Menschenrechtsbeobachter waren die Opfer, unter ihnen vier Kinder, in einem
Fahrzeug in der Provinz Daraa unterwegs, als auf der Straße ein Sprengsatz
explodierte.
Aktivisten aus der Region gehen davon aus, dass es sich dabei um eine von
Regierungstruppen gelegte Landmine gehandelt habe. Vom Regime gab es
zunächst keine Äußerung zu dem Vorfall. Daraa gilt als der Geburtsort des
Aufstands gegen Assad.
16 Oct 2013
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