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# taz.de -- Kolumne Wortklauberei: Das kommt endmadig
> Spähaffäre. Spähaffäre. Spähaffäre. Was immer man davon halten will –…
> Wort sieht schon so bescheuert aus, das geht mal gar nicht.
Bild: Geht auch gar nicht: High Heels mit Stacheln.
Haben Sie’s gehört? Die Bundeskanzlerin hat die mutmaßliche Ausspionage
ihres Handys durch US-Geheimdienste „mit deutlichen Worten verurteilt“.
Ausspähen unter Freunden, so ihr Urteil, „das geht gar nicht“. Das sind so
deutliche Worte, ganz kalt ist es der NSA den stacheligen Rücken
hinuntergelaufen. Eine große Betretenheit machte sich breit im
Hauptquartier der NSA, als diese deutlichen Worte über den Ticker kamen
beziehungsweise aus der Abhöranlage. Das geht gar nicht! Worte wie
Donnerhall.
Gerade den Amis müssten sie noch in den Ohren klingen aus den Mündern
einiger ihrer größten Staatschefs. Man erinnere sich an Kennedy 1962:
„Atomraketen auf Kuba? Das geht gar nicht!“ Oder später Reagan in Berlin:
„Mister Gorbatschow, die Mauer da geht ja wohl gar nicht!“
Klar, Leggings zu kurzen Oberteilen, Arschgeweih und Cameltoe, Rosa Crocs
mit Plüschfutter und der Typ da mit dem 2011er-Ed-Hardy-Käppi, wie der
tanzt! – das geht auch alles gar nicht. Aber eben, Ausspähen unter Freunden
jetzt auch: gar nicht.
Und sicher, Merkel hätte es auch anders formulieren können. Ausspähen unter
Freunden, ey, das is voll so asi! Das kommt echt endmadig. Ausspähen unter
Freunden? Alter, das fuckt mich extrem ab! Ich glaub, mein Hamster bohnert!
Ausspähen unter Freunden? Ja, geht’s noch? Nein, es geht eben GAR nicht,
und drum hat die Kanzlerin gleich den Obama angerufen: Mister President,
outspying under friends – that goes not at all!
Was jetzt alle so aufregt, ist freilich, dass es vorher irgendwie doch
gegangen ist. Und wenn es nicht gegangen ist, dann wurde es halt gefahren,
wie mein alter Mathelehrer in solchen Fällen vorgeschlagen hat. Nein, es
ist schon wirklich ganz gut gegangen mit dem Ausspähen unter Freunden und
sicher bald auch wieder. Jetzt halt grad mal GAR nicht – so schnell kann’s
gehen beziehungsweise nicht. Auch der Verteidigungsminister, bei dem sonst
ja so einiges geht, hat schon beigepflichtet: „Die Amerikaner sind und
bleiben unsere besten Freunde, aber so geht es gar nicht.“
Und Pofalla? Warum hat Ronald Pofalla in der Sache eigentlich noch keinen
Satz mit „geht gar nicht“ formuliert? Fiele das nicht in den
Aufgabenbereich des für die Geheimdienstkoordination zuständigen Chefs des
Bundeskanzleramts, dass er das jetzt in so einer Situation auch sagt oder
besser noch BETONT, dass das GAR nicht geht mit dem Ausspähen? Unter
Freunden?
Dem Westerwelle käme so ein peinlicher Jugendsprech natürlich nicht über
die Lippen, der kann viel schöner sprechen. Mit Stil, auf dem
diplomatischen Parkett! Der hat erst mal den US-Botschafter und eine Pizza
Funghi ins Außenministerium bestellt und gesagt: „Wer einander vertraut,
der hört sich nicht ab. Wer es dennoch tut, der belastet die Freundschaft.“
Einander. Dennoch. Hach … Man könnte auch sagen: Wer es dennoch tut, der
hat halt kein Vertrauen. Aber das wär nicht so schön diplomatisch.
Übrigens: Leider hat Angela Merkel bis Drucklegung noch nicht den
wundervollen Satz gesagt: „Sollten diese Vorgänge zutreffen, so wäre ich
erschüttert.“ Kann aber noch kommen, es bleibt also spannend.
27 Oct 2013
## AUTOREN
Josef Winkler
## TAGS
Spähaffäre
NSA
Schwerpunkt Angela Merkel
Ronald Pofalla
Schwerpunkt Überwachung
NSA
Benedikt XVI.
Floskeln
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