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# taz.de -- Kolumne Wortklauberei: Es päpstelt
> Zwei lebende Päpste treiben im Vatikan ihr Wesen. Daraus müssten sich
> doch am laufenden Band superlativistische Schlagzeilen produzieren
> lassen.
Bild: Doppelfromm: Doppelpapst beim Doppelgebet.
Haben Sie’s gehört: „Erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche“
ist eine päpstliche Enzyklika „von zwei lebenden Päpsten“ verfasst worden,
so pfeifen es die Spatzen aus den Radionachrichten.
Weil der alte Papst sie noch angefangen hat, dann bei lebendigem Leib
zurücktrat und der neue dann, als er den Heiligen Stuhl einnahm, sozusagen
auf dem Heiligen Schreibtisch in der Heiligen Schreibmaschine den
angefangenen Text fand – nanu, was haben wir denn da? – und ihn flugs
fertiggeschrieben hat.
Ich mache keinen Hehl daraus (übrigens ist laut Duden beides erlaubt:
keinen Hehl machen und kein Hehl machen; und ja, es ist auch erlaubt, Hehl
zu machen, aber es hilft einem heute freilich nicht mehr viel, weil die NSA
und das GCHQ und der BND von jedem Hehl, den Sie vielleicht rührenderweise
zu machen glauben, schon eine Fotokopie im Archiv haben, wobei wirklich:
wer macht heute schon noch einen Hehl aus irgendwas und nicht lieber einen
Tweet?), dass ich mir gewünscht hätte, bei der Übernahme dieses
Kolumnenspots eine ähnliche Situation vorzufinden – ein paar ausformulierte
Gedanken vielleicht, einen halbfertigen Text gar? Nix.
Es päpstelt ja überhaupt ungemein in diesen Tagen. Zwei lebende Päpste
treiben im Vatikan ihr Wesen – und könnten im Grunde am laufenden Band so
superlativistische Schlagzeilen produzieren: Erstmals in der Geschichte der
katholischen Kirche surfen zwei lebende Päpste gleichzeitig im Internet!
Erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche finden zwei lebende
Päpste gleichzeitig Kondome pfui! Erstmals in der Geschichte der
katholischen Kirche kotzen zwei lebende Päpste gleichzeitig im Strahl
darüber, was für einen Saustall sie da beieinander haben in ihrem mafiösen
Kirchenstaat!
Jetzt geht es der Vatikanbank nass rein, Geldwäsche, ein schurkischer
Prälat sitzt im Knast und in den Medien ist die Rede von Ermittlungen gegen
„die Bank Gottes“. Jetzt kann man ja bitte schön von Gott und seiner
Existenz halten, was man will, aber ihm/ihr auf Erden die Eigentümerschaft
einer Bank unterschieben zu wollen, das müsste ja noch der gefestigtste
Beton-Atheist blasphemisch finden. Die Vatikanbank heißt übrigens gar nicht
Vatikanbank, sondern „Istituto per le Opere di Religione“, also „Institut
für die religiösen Werke“. Schön. Da könnte man etwa die Deutsche Bank
umbenennen in „Institut für die den Kleinsparer ins Knie fickenden Werke“.
Die miesen Schlagzeilen kontert der Vatikan mit noch mehr Papst-Action: Wie
wild werden jetzt Päpste heiliggesprochen! Noch in diesem Jahr sollen
Johannes XXIII. und Johannes Paul II. drankommen (ja, genau, der ist jetzt
bald heilig; schon fragen sich fromme Kiffer in aller Welt: Darf ich dann
mein „I like the pope, the pope smokes dope“-T-Shirt noch tragen?). Werden
sie die ersten toten Päpste sein, die von zwei lebenden Päpsten
heiliggesprochen werden?
Oder holen Franziskus und Benedikt gar zum ganz großen Coup aus? Denn:
Erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche könnten sich zwei
lebende Päpste gegenseitig heiligsprechen! OMG! Wir bleiben dran.
8 Jul 2013
## AUTOREN
Josef Winkler
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