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# taz.de -- Themenjahr geht zuende: Die Pogrome im Blick
> Mit zahlreichen Veranstaltungen zum 75. Jahrestag der Novemberpogrome
> klingt das Themenjahr „Zerstörte Vielfalt“ aus. Veranstalter ziehen
> positive Bilanz.
Bild: Das Putzen von Stolpersteinen gehört auch zum Programm am 9. und 10. Nov…
Eine Menschenmenge drängt in ein Geschäft, über dessen Eingang „Jüdische
Kultusartikel“ steht. Dieses Bild, vermutlich aufgenommen in der
Artilleriestraße in Mitte, heute Tucholskystraße, ist eines der wenigen
fotografischen Zeugnisse der Plünderungen und Zerstörungen während der
Novemberpogrome 1938 in Berlin. Ein kleiner Bildband versammelt nun
erstmals die einzigen überlieferten Fotos von den Ereignissen. Es sind nur
27.
Die geringe Zahl ist bemerkenswert, schließlich gelten die gewalttätigen
Angriffe auf Menschen, Geschäfte und Synagogen als Wendepunkt in der
Geschichte der Judenverfolgung durch die Nazis, markieren sie doch nach
Auffassung der Historiker den Beginn der systematischen Verfolgung, die im
Holocaust gipfelte. Der 75. Jahrestag der Pogrome am übernächsten
Wochenende ist auch ein Schwerpunkt beim Berliner Themenjahr „Zerstörte
Vielfalt“.
Bei der Vorstellung des Programms für den 9. und 10. November zog
Kulturstaatssekretär André Schmitz am Donnerstag eine positive Bilanz des
Themenjahrs. Mehr als 170 Partner – von Museen über Vereine bis zu
Bürgerämtern – haben über 1.000 Veranstaltungen organisiert. Vor allem die
stadtweit ausgestellten Litfaßsäulen mit Biografien von jüdischen
Persönlichkeiten, deren Geschichten die „zerstörte Vielfalt“ des alten
Berlins repräsentieren sollen, beeindruckten Abertausende Menschen,
Berliner und Touristen, so Schmitz. „Heute ist Berlin international wieder
der place to be. Wir wollten eine Brücke schlagen zur Vielfalt damals.“
Daneben sei es aber auch um den „Zeigefinger“ für die Jüngeren gegangen,
sich frühzeitig gegen Ausgrenzung, Antisemitismus und Rassismus zu wehren.
„Diese Sensibilisierung ist gelungen“, befand der Staatssekretär.
## „Vielfalt heißt Freiheit“
Eine „große Resonanz vor allem bei jüngeren Menschen“ hat auch Moritz van
Dülmen ausgemacht. Der Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin GmbH, die
das Themenjahr organisiert hat, nannte als Beleg unter anderem die über
3.000 Statements, Kurzfilme und Handyaufnahmen, die Jugendliche im Rahmen
des Mitmach-Projekts „Vielfalt heißt Freiheit“ eingeschickt haben. Sie
werden am Abend des 10. November auf eine Leinwand am Brandenburger Tor
projiziert. Bei der Veranstaltung sollen Zeitzeugen – unter anderem wird
der Holocaust-Überlebende und Jazzmusiker Coco Schumann spielen – den
„Staffelstab“ an die Jugend übergeben. „Von hier aus wollen wir die
Botschaft ’Mit uns nie wieder‘ in die Welt senden“, sagte van Dülmen.
Die Vorsitzende des Aktiven Museums, Christine Fischer-Defoy, wies auf zwei
weitere Programmpunkte an diesem Wochenende hin: eine
Stolperstein-Putzaktion am 9. November und diverse Kiezrundgänge zu
Stolpersteinen am selben Tag. Zu den Gedenksteinen für ermordete Berliner
Juden, deren 5.000. im Sommer verlegt wurde, stellte Fischer-Defoy auch ein
neues Buch vor: „Stolpersteine in Berlin. 12 Kiezspaziergänge“. Der Band
wird am 9. und 10. November kostenlos bei den Spaziergängen verteilt.
Optisch besonders beeindruckend dürfte die „Schaufenster-Aktion“ des
Handelsverbands Berlin-Brandenburg werden. In Erinnerung an die Pogrome
wollen Kaufleute und Einzelhändler am Hackeschen Markt, Kurfürstendamm
sowie am Alexanderplatz ihre Geschäfte mit Folien in der Optik
eingeschlagener Schaufenster bekleben.
31 Oct 2013
## AUTOREN
Susanne Memarnia
## TAGS
Jazz
André Schmitz
Judenverfolgung
Twitter / X
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