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# taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Freierbestrafung ist scheinheilig“
> Strafen für Freier fordert die „Emma“-Kampagne gegen Prostitution. Gregor
> Gysi hält das für kontraproduktiv. Auch Prostituierte protestieren.
Bild: Sexarbeiterinnen: Manche fürchten um ihre Arbeitsplätze.
Gregor Gysi ist dagegen, Freier zu bestrafen. Es sei kontraproduktiv,
legale Prostitution mit Strafen zu belegen, „weil dann Prostituierte wegen
Beihilfe bestraft werden müssten“, schreibt der Fraktionsführer der
Linkspartei im sonntaz-Streit. Menschenhandel und Zwangsprostitution
müssten aber verschärft strafrechtlich verfolgt werden.
Gysi spricht sich damit gegen den [1][Vorschlag] der Zeitschrift Emma aus,
Prostitution in Deutschland abzuschaffen. In einer gemeinsamen
Unterschriftenliste hatten 90 Prominente außerdem gefordert, Freier mit
Geldbußen zu bestrafen. Die Unterzeichner, unter ihnen die Schauspielerin
Maria Furtwängler und der ehemalige CDU-Politiker Heiner Geißler, regen
damit an, die Legalisierung der Prostitution unter SPD und Grünen vor gut
zehn Jahren zurückzunehmen.
Die rot-grüne Reform hatte sich zum Ziel gesetzt, Prostitution zu
legalisieren und die Situation der Prostituierten zu verbessern. Am Ende
bewirkte sie laut ihren Kritikern das Gegenteil: Die Polizei kann heute
keine Razzien in Bordellen mehr durchführen, für Prostitution wird offen
geworben. Eine Studie der EU-Kommission zeigt: Der Menschenhandel hat seit
der Gesetzesänderung zugenommen.
Die österreichische Journalistin Anneliese Rohrer plädiert deshalb für ein
Verbot der Prostitution. „Prostitution ist eine Sache der Nachfrage“, sagt
sie. Rohrer fordert „drakonische Strafen“ für Freier und eine „intensive
Aufklärungskampagne für männliche Teenager“. So könne der Markt für
Prostitution verkleinert werden, sagt Rohrer, die eine Dokumentation über
Menschenhandel und Prostitution produziert hat.
In Schweden drohen Freiern seit 2002 Geldbußen und Hafstrafen, die
Prostituierten selbst aber werden nicht illegalisiert. In Frankreich wird
derzeit über ein ähnliches Gesetzesvorhaben debattiert.
## Hilfe, nach der niemand gefragt hat
Fragt man die Prostitutierten selbst, zeigt sich im sonntaz-Streit jedoch:
Viele wehren sich dagegen, dass ihr Berufsstand verboten werden soll.
Freier zu bestrafen sei eine scheinheilige Methode, um die Prostitution
generell abzuschaffen, schreibt Johanna Weber vom Berufsverband für
erotische und sexuelle Dienstleistungen. „Dass wir dabei aber unsere
Arbeitsplätze und unsere Existenzgrundlage verlieren, scheint niemanden zu
interessieren.“ Die „Emma“-Kampagne bezeichnet sie als Hilfe, nach der
niemand gefragt habe.
Auch Manuel Izdebski, Vorstand der deutschen Aids-Hilfe, kritisiert den
„Emma“-Appell. Kriminalisiere man die Prostitution, verschiebe sie sich nur
in „eine dunkle Ecke“. Er sagt: „Aus unserer Präventionsarbeit wissen wi…
was wirklich hilfreich wäre: die rechtlichen Bedingungen zu verbessern,
unter denen Sexarbeit stattfindet.“
Die Streitfrage in der aktuellen sonntaz vom 9./10.November beantworteten
außerdem die Schrifstellerin Sibylle Berg, der CSU-Bundestagesabgeordnete
Hans-Peter Uhl, der Schauspieler Hannes Jaenicke, die französische
Abgeordnete Maud Olivier, die schwedische Journalistin Kajsa Ekis Ekman und
der Leser Moritz Müller.
9 Nov 2013
## LINKS
[1] http://www.emma.de/thema/das-politische-magazin-fuer-menschen-150185
## AUTOREN
Sebastian Kempkens
## TAGS
Sexarbeit
Prostitution
Emma
Streitfrage
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