# taz.de -- Rechtsextremismus: Glimpflich davongekommen | |
> In Schöneweide jagen Neonazis einen Mann durch die Brückenstraße. Das | |
> Gericht stellt die Verfahren ein – obwohl die Männer einer „Terrorcrew“ | |
> angehören. | |
Bild: In der Nähe der Kneipe "Zum Henker", Treff der rechten Szene, nahm die H… | |
Es war ein martialisches Transparent, mit dem die norddeutschen | |
Rechtsextremen im September in Lichtenberg anrückten. „Die Schonzeit ist | |
vorbei“, stand auf dem schwarzen Banner, das sie bei dem Aufmarsch der | |
Neonazi-Partei „Die Rechte“ mitführten. „Nationalen Sozialismus | |
durchsetzen, mit allen Mitteln.“ Darunter hielten die Träger auch ihren | |
Namen fest: „Weisse Wölfe Terrorcrew“. | |
Drei Mitglieder der „Kameradschaft“ waren vor einem Jahr schon mal in | |
Berlin: Heiko W., 32, ein bärtiger Glatzkopf aus einer Kleinstadt bei | |
Wismar; Torsten O., ein 24-jähriger Wittstocker mit Wampe, und der | |
19-jährige Maximilian F. aus Schleswig-Holstein. Am 2. September 2012 hatte | |
das Trio mit Gesinnungsgenossen am Stadtrand demonstriert, in Velten. Am | |
Abend wurde in Schöneweide gezecht, in der Szenekneipe „Zum Henker“. | |
Was dann folgte, schilderte die Polizei so: Um 3.20 Uhr stoppten die drei | |
Männer in Lokalnähe einen 23-Jährigen, den sie für einen Linken hielten. | |
Sie nahmen ihm sein Basecap weg, schubsten ihn, schlugen ihm ins Gesicht. | |
Dann jagten sie das Opfer durch die Straße, bis dieses sich in einen Imbiss | |
flüchtete. Mitarbeiter hielten die Angreifer mit einem Dönerspieß fern, bis | |
die Polizei eintraf. Da brüllten die Neonazis noch immer fremdenfeindlichen | |
Parolen. | |
Dass die Täter zu der „Weiße Wölfe Terrorcrew“ gehören, sagte die Poliz… | |
nicht – oder sie wusste es nicht. Die in Hamburg gegründete „Kameradschaft… | |
genießt einen rauen Ruf. Sie pflegt militante Auftritte, Mitglieder | |
gerieten bereits in den Fokus der Bundesanwaltschaft. Sie sollen ein | |
„Werwolf-Kommando“ gegründet haben, eine rechtsterroristische Vereinigung. | |
Im Juli durchsuchten Beamte deshalb bundesweit Wohnungen, auch in der | |
Schweiz und den Niederlanden. Eine gehörte: Heiko W. | |
Ende Oktober folgte der Prozess zur Schöneweider Hetzjagd vorm Amtsgericht | |
Tiergarten. Und der fiel glimpflich aus: Laut Gerichtssprecher Tobias | |
Kaehne wurden alle Verfahren eingestellt. Bei Maximilian F. sei dies im | |
Hinblick auf eine andere Verurteilung in Schleswig-Holstein geschehen. Er | |
soll derzeit für anderthalb Jahre in Neumünster in Jugendhaft sitzen. Heiko | |
W. und Torsten O. kamen mit Geldzahlungen von 150 Euro an das Opfer davon. | |
Beide seien „nicht vorbestraft“ gewesen, so Kaehne, und hatten „sich | |
entschuldigt“. Zudem wäre es „sehr zweifelhaft“ gewesen, ob man ihnen mit | |
der bestehenden Beweislage eine Körperverletzung hätte nachweisen können. | |
In Schöneweide sorgt das Urteil für Kopfschütteln. Von einem „Skandal“ | |
spricht Hans Erxleben vom Bündnis für Demokratie und Toleranz. „Hier wird | |
ein gewalttätiger Überfall verharmlost, ein falsches Zeichen gesetzt.“ Auch | |
Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) nennt das Urteil „enttäuschend“. | |
„Wie sich jetzt zeigt, waren das eben keine leichten Jungs, sondern | |
waschechte Nazis.“ Die Tat sei als Bagatelle abgetan worden. „Das war sie | |
aber nicht. Wären die Täter nicht aufgehalten worden, hätten sie wohl ohne | |
Skrupel zugeschlagen.“ Der Bezirk hatte die Imbiss-Betreiber mit einem | |
Zivilcourage-Preis ausgezeichnet. | |
Gerichtssprecher Kaehne sagte, der Richterin sei nicht bekannt gewesen, | |
dass die Angeklagten zur „Weiße Wölfe Terrorcrew“ gehörten. „Das hat s… | |
nicht aus der Akte ergeben.“ Bürgermeister Igel vermutet, dass die drei | |
Neonazis nach dem Verfahren weiter aktiv bleiben. Deren Gruppe jedenfalls | |
tritt unverändert aggressiv auf – zuletzt im September in Lichtenberg. | |
12 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Rechtsextremismus | |
Rechtsextremismus | |
Rechtsextremismus | |
Hamburg | |
NPD | |
Rechte Gewalt | |
Cottbus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Prozess gegen Rechtsextreme: Aus T-Shirt wird ’ne Uniform | |
Ein Mitglied der verbotenen Kameradschaft „Weisse Wölfe Terrorcrew“ wurde | |
zu einer Geldstrafe verurteilt, er und 13 Gleichgesinnte trugen | |
einschlägige T-Shirts. | |
Kommentar Verbot der „Weissen Wölfe“: Geringe Symbolkraft | |
Das Verbot der „Weisse Wölfe Terrorcrew“ ist richtig. Mehr Wirkung hätte | |
aber eine bessere Aufklärung der Anschläge auf Flüchtlingsheime. | |
Razzia gegen rechtsextreme Gruppierung: „Weisse Wölfe Terrorcrew“ verboten | |
Der rechtsextreme Verein wurde am Mittwoch von Innenminister de Maizière | |
für illegal erklärt. Seit dem Morgen laufen Durchsuchungen in zehn | |
Bundesländern. | |
Bergedorf & Altona vereint gegen Neonazis: Nazis raus -wörtlich genommen | |
Altonaer Fußballfans sollen Rechtsextreme unsanft aus dem Stadion befördert | |
haben. Auch die Staatsanwältin würde das Verfahren gern einstellen, doch | |
sie darf nicht. | |
Hochschule in Berlin-Oberschöneweide: „So wat wie dir helf ick nich“ | |
An der Hochschule für Technik und Wirtschaft studieren junge Leute aus mehr | |
als 100 Nationen. Wie gehen sie damit um, dass der Kiez eine | |
Neonazi-Hochburg ist. | |
Rechte Gewalt: Neue Dimension des Grauens | |
Seit Jahren schwelt der Streit um die korrekte Zahl der Neonazi-Opfer. Bei | |
746 ungeklärten Todesfällen könnte ein rechtsextremes Tatmotiv | |
dahinterstehen. | |
Neonazi-Netzwerk in Brandenburg: Richter prüfen Klage gegen Verbot | |
Seit Juni 2012 ist das Netzwerk „Widerstandsbewegung in Südbrandenburg“ | |
illegal. Seine Mitglieder sind aber weiter klandestin unterwegs – und nun | |
auch vors Gericht gezogen. |