Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Chile: Zwei Frauen
> Die Sozialistin Bachelet hat die absolute Mehrheit verfehlt. Nun
> entscheidet eine Stichwahl mit der rechten Kandidatin Matthei, wer Chile
> künftig regiert.
Bild: Ein echter Michelle-Bachelet-Fan in Santiago de Chile.
BUENOS AIRES taz | In Chile muss Michelle Bachelet in die Stichwahl. Mit
46,7 Prozent der Stimmen hat die Sozialistin bei der ersten Runde der
Präsidentschaftswahl am Sonntag die erforderliche Mehrheit von mehr als 50
Prozent der Stimmen verfehlt. Die rechte Kandidatin Evelyn Matthei schafft
mit 25 Prozent überraschend deutlich den Einzug in die zweite Runde. Auf
Platz drei kommt der unabhängige Mitte-Links-Kandidat Marco
Enríquez-Onimani mit elf Prozent der Stimmen, dicht gefolgt von dem nach
allen Seiten offenen Kandidaten Franco Parisi mit zehn Prozent.
Mariano hat es geahnt. Schon als der ambulante Händler seine
Michelle-Bachelet-Fahnen, -wimpel und -buttons vor dem Hotel Plaza San
Franzisco ausbreitet, spürt er die fehlende Nachfrage nach seinem Angebot.
„Mehr als 2.000 stehen hier nicht vor dem Hotel, und das ist der harte
Kern, der ist mit solchen Sachen versorgt.“ Drinnen wartet die Kandidatin
der „Neuen Mehrheit“ darauf, dass sie ihren Einzug in den Präsidentenpalast
feiern kann: „Bachelet – Presidente“.
Kaum hatten die Wahllokale um 18.00 Uhr geschlossen, zeichnete sich jedoch
der Trend ab. Zwei Stunden später steht die Stichwahl fest. Der Frust im
Bachelet-Lager ist deutlich zu spüren. Ihr Auftritt im Pressezelt wird
abgesagt, stattdessen steigt Michelle Bachelet gleich auf die Bühne vor dem
Hotel.
Wir haben mit großem Vorsprung gewonnen,“ sagt sie trotzig. Das Ziel, es im
ersten Wahlgang zu schaffen, sei zu „komplex“ gewesen. „Jetzt haben die
Chilenen die Wahl zwischen zwei verschiedenen Projekten,“ kündigt die
Kandidatin des Mitte-Links-Bündnisses aus Christdemokraten,
Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten an. Sie gibt sich
siegessicher und verspricht erneut eine grundlegende Bildungs-, Steuer- und
Verfassungsreform.
## Lichtorgeln für die Siegesfeier
Nach 15 Minuten Auftritt ist alles vorbei, verschwindet die Kandidatin
durch die Tiefgarage. Schau Dir das Equipment an.“ Mariano zeigt auf die
riesigen Boxen und Lichtorgeln. „Die haben für die Siegesfeier aufgebaut.“
Tatsächlich wurde der Bühne gerade noch rechtzeitig fertig.
Zur gleichen Zeit aber anderenorts feiert Evelyn Matthei ihren Einzug in
die Stichwahl. „Sí se puede – Ja, es geht doch“ skandieren ihre Anhänge…
„Das ist ein großer Erfolg,“ strahlt die sichtlich erleichterte Kandidatin
der Allianz aus strammen Konservativen und Anhängern der Pinochet-Diktatur.
Chile sei auf einem guten Weg, der nicht durch linken Reformeifer gefährdet
werden dürfe, kritisiert sie abermals die Vorhaben Bachelets und gibt sich
von ihren Erfolg in der Stichwahl überzeugt.
Am 15. Dezember kommt es damit zu einem ungewöhnlichen Frauen-Duell.
Bachelet und Matthei sind beides Töchter von Generälen der Luftwaffe und
besuchten die gleiche Schule. Unter der Militärdiktatur von Augusto
Pinochet (1973-1990) standen ihre Väter jedoch auf verschiedenen Seiten.
Bachelets Vater wurde verhaftet und gefoltert. Er starb in Gefangenschaft,
während Mattheis Vater sogar in die Militärjunta aufstieg.
## Niedrige Wahlbeteiligung
Die rund 13,3 Millionen Stimmberechtigten waren am Sonntag erstmals
aufgerufen freiwillig ihre Stimme abzugeben. Seit Ende 2012 ist die
Wahlpflicht abgeschafft. Nur 56 Prozent gaben tatsächlich ihre Stimme ab.
In absoluten Zahlen erhielt Michelle Bachelet knapp über drei Millionen
Stimmen, Matthei gut 1,6 Millionen. Die beiden Männer auf Platz drei und
vier bekamen zusammen knapp 1,4 Millionen. Beide haben bereits erklärt in
der zweiten Runde nicht für Matthei zu stimmen, ihren Anhängern wollen sie
jedoch nicht empfehlen.
Angesichts der Zahlen und Aussagen, ist Bachelet der Sieg in der Stichwahl
kaum mehr zu nehmen. Mariano ist deshalb auch nicht frustriert. Am Abend
des 15. Dezember ist sein Angebot aktueller denn je: „Bachelet –
Presidente“ hat er aufdrucken lassen.
18 Nov 2013
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Chile
Präsidentschaftswahl
Michelle Bachelet
Augusto Pinochet
Evelyn Matthei
Michelle Bachelet
Chile
Chile
Michelle Bachelet
Michelle Bachelet
Chile
Chile
Chile
Chile
Chile
## ARTIKEL ZUM THEMA
Demo gegen Bildungsreform in Chile: Zehntausende fordern Mitsprache
In Chile demonstrieren Tausende gegen den Einfluss rechter Kreise auf die
versprochene Bildungsreform. Sie befürchten intransparente Verhandlungen.
Grenzstreit zwischen Chile und Peru: Salomonisches aus Den Haag
Der Internationale Gerichtshof hat nach langem Streit die Seegrenzen
zwischen Peru und Chile neu gezogen. Es geht vor allem um Fischereirechte.
Kommentar Präsidentschaftswahlen Chile: Das Schwerste kommt noch
Die Sozialistin Michelle Bachelet hat die Wahlen klar gewonnen. Doch im
realen Leben sind die Anhänger der Diktatur so mächtig wie zäh.
Präsidentschaftwahl in Chile: Bachelet schafft das Double
Die Sozialistin Michelle Bachelet wird wieder Präsidentin. Ihren Erfolg
verdankt sie der Schwäche der Rechten. Nicht-WählerInnen sind die neue
Mehrheit.
Kommentar Wahl in Chile: Die Diktatur wirkt nach
Vor der Stichwahl wird sich Chile polarisieren. Zur Disposition steht das
eigentliche Erbe der Pinochet-Jahre: die neoliberale Ökonomie des Landes.
Bildungskosten in Chile: Pauken auf Pump
Claudio und Nuri Rodriguez aus Santiago haben drei Kinder, die alle eine
gute Ausbildung wollen. Ein echtes Armutsrisiko, selbst in der
Mittelklasse.
Wahlkampf in Chile: M wie Michelle
Schon vor der Wahl am Sonntag steht Chiles künftige Präsidentin so gut wie
fest. Die Stichwahl könnte trotzdem spannend werden.
Chiles Luxus-Gefängnis vor Schließung: Pinochets Chefspitzel erschießt sich
Für seine Taten während der Diktatur saß Odlanier Mena im Luxus-Knast Penal
Cordillera. Der soll nun dicht gemacht werden. Der 87-jährige entging der
Verlegung durch Suizid.
40 Jahre Putsch in Chile: Zum „Urlaub“ nach Deutschland
Unser Autor war sieben Jahre alt, als die Militärs gegen die Regierung
Salvador Allendes putschten. Ein Jahr später floh seine Familie. Eine
Erinnerung.
Debatte Chile: Ein Land als Labor
Chile zeigt, was etliche Länder Europas noch erwartet: Eine Gesellschaft im
permanenten Stress, in der die Demokratie nichts mehr wert ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.