# taz.de -- Bericht zum Stand der deutschen Einheit: Alle schon weg | |
> Die Abwanderung aus dem Osten ist nahezu gestoppt, auch die Geburtenrate | |
> steigt wieder. Dennoch schrumpft die Bevölkerung. Auch wirtschaftlich | |
> geht es kaum voran. | |
Bild: Wittstock, in Brandenburg: Von hier geht niemand mehr weg | |
BERLIN dpa | Die Abwanderung aus Ostdeutschland ist nahezu gestoppt. Die | |
neuen Bundesländer werden dennoch auch in Zukunft besonders mit der | |
demografischen Entwicklung zu kämpfen haben. Das geht aus dem jährlichen | |
Bericht zum Stand der Deutschen Einheit vor, über den das Bundeskabinett am | |
Mittwoch beriet. | |
Erstmals seit der Wiedervereinigung zogen 2012 ungefähr so viele Menschen | |
von Ost- nach Westdeutschland wie umgekehrt, heißt es darin. Der Osten | |
werde in den kommenden Jahren trotzdem sehr von Alterung und Schrumpfung | |
betroffen sein. Wirtschaftlich sind die neuen Länder - trotz einiger | |
Fortschritte - nach wie vor im Rückstand. | |
Nach der Wiedervereinigung waren über Jahre viele Menschen aus dem Osten | |
weggegangen, die Geburtenzahlen brachen dort ein. In Ostdeutschland sank | |
die Einwohnerzahl zwischen 1990 und 2012 um 13,5 Prozent. Die verbesserte | |
wirtschaftliche Situation und die bessere Lage auf dem Arbeitsmarkt hätten | |
nun jedoch dazu beigetragen, die Abwanderung weitgehend aufzuhalten, heißt | |
es im Bericht. Auch die Geburtenrate entwickele sich positiv und liege seit | |
einigen Jahren über dem westdeutschen Niveau. | |
Aufatmen kann der Osten nach Einschätzung der Bundesregierung aber nicht. | |
Die frühere Entwicklung wirke nach. Außerdem schreite die Alterung der | |
Gesellschaft in den neuen Ländern schneller voran als in den alten. Die | |
Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter werde im Osten bis 2030 um weitere 27 | |
Prozent schrumpfen, im Westen nur um 18 Prozent. Das mache sich vor allem | |
in ländlich geprägten Regionen bemerkbar, die in Ostdeutschland fast vier | |
Fünftel der Fläche ausmachen. | |
## Zeit, noch mehr Zeit | |
Die Wirtschaftsentwicklung Ostdeutschlands kommt laut Bericht voran. Der | |
materielle Wohlstand habe sich dort in den vergangenen Jahren deutlich | |
verbessert. Die Angleichung an das westdeutsche Wirtschaftsniveau habe sich | |
zuletzt aber verlangsamt. Bis der Rückstand aufgeholt ist, braucht es laut | |
Regierung noch Zeit. Nach wie vor gibt es spürbare Unterschiede in der | |
Wirtschaftskraft, bei Löhnen und Gehältern, Renten oder auf dem | |
Arbeitsmarkt. | |
Das Bruttoinlandsprodukt der ostdeutschen Länder pro Einwohner ist in den | |
vergangenen Jahren zwar gestiegen, liegt aber noch immer deutlich unter dem | |
Westniveau (bei 71 Prozent). Die Löhne und Gehälter im Osten haben sich | |
zuletzt nur leicht erhöht und liegen bei etwa 80 Prozent der westdeutschen | |
Gehälter. Auch bei der Rente gibt es weiterhin Unterschiede. | |
Die Arbeitslosigkeit nahm 2012 im Jahresdurchschnitt in Ostdeutschland | |
stärker ab als in Westdeutschland und erreichte dort den niedrigsten Stand | |
seit 1991. Die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern war im vergangenen | |
Jahr mit 10,7 Prozent trotzdem fast doppelt so hoch wie in den alten | |
Bundesländern. Ähnliches gilt für die Arbeitslosenquote von Jugendlichen. | |
20 Nov 2013 | |
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