# taz.de -- Jesuitenprotest gegen Flüchtlingspolitik: Raus aus den normalen Kn… | |
> Immer noch sind Flüchtlinge, die abgeschoben werden sollen, in normalen | |
> Gefängnissen untergebracht. Obwohl das gegen EU-Recht verstößt. | |
Bild: Da will keiner gerne hin – Abschiebegefängnis in Langenhagen (Niedersa… | |
BERLIN taz | Eigentlich sollen Personen in Abschiebehaft nicht gemeinsam | |
mit Strafgefangenen inhaftiert werden. Das zumindest verbietet seit 2011 | |
eine EU-Richtlinie. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst forderte deswegen am | |
Mittwoch in Berlin erneut die Bundesländer dazu auf, die Inhaftierung von | |
Abschiebegefangenen in Justizvollzugsanstalten (JVAen) zu beenden. „Flucht | |
ist kein Verbrechen", sagte Jesuitenpater Dieter Hillebrandt. | |
Nur Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz bringen Abschiebegefangene | |
bisher in sogenannten Abschiebegewahrsamen unter. Dort können die | |
Flüchtlinge telefonieren, Besuch empfangen und sich innerhalb des Gebäudes | |
frei bewegen. | |
Doch zumindest Bayern will nun noch in diesem Monat einen Abschiebeknast | |
leisten. Dazu wird eine Justizvollzugsanstalt (JVA) in Mühldorf am Inn | |
gerade geräumt. Anschließend sollen dort ausschließlich Abschiebegefangene | |
untergebracht werden. | |
Das geschieht nicht freiwillig. Der Freistaat musste seit September 40 | |
Abschiebehäftlingen die Freiheit schenken, weil ihre Unterbringung in einer | |
JVA gegen EU-Recht verstößt. Der katholische Jesuiten-Orden hatte die | |
Freigelassenen mit Anwälten unterstützt. 18 weitere Verfahren sind noch | |
nicht entschieden. Auch in Sachsen haben die Landgerichte Dresden und | |
Görlitz Menschen in die Freiheit entlassen, weil sie in einer JVA | |
inhaftiert waren. Niedersachsen könnte dem Beispiel bald folgen. | |
## Viele wissen nicht, warum sie in Haft sind | |
„Es ist ein großer Erfolg unserer Arbeit. Aber es ist nur ein Teilerfolg. | |
Wir fordern die Politik auf, über Alternativen zur Abschiebehaft | |
nachzudenken", sagte Heiko Habbe vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst in Berlin. | |
Zwischen 60 und 80 Prozent der Abschiebegefangenen bundesweit säßen nicht | |
in Haft, weil die Gefahr bestünde, dass sie sonst ntertauchen würden. | |
Vielmehr seien die Personen, bevor sie ihren Asylantrag offiziell beim | |
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellen konnten, in eine | |
Personenkontrolle der Bundespolizei geraten. | |
Nur deswegen müssten sie ihr Asylverfahren jetzt aus der Haft heraus | |
betreiben. Hätten sie den Antrag offiziell beim Bundesamt stellen können, | |
würden sie hingegen in einem Flüchtlingsheim leben. „Oftmals wissen die | |
Menschen gar nicht, warum sie inhaftiert sind. Ich höre immer wieder von | |
Menschen, sie hätten doch gar nichts getan“, sagt Jesuitenpater Ludger | |
Hillebrand, der als Seelsorger arbeitet. | |
In Bayern hat das Justizministerium nun innerhalb weniger Tage eine | |
Kehrtwende um 180 Grad vollzogen. Noch letzte Woche hatte es erklärt, die | |
Abschiebehaft im Freistaat sei rechtskonform. Das sieht man im Süden der | |
Republik nun wohl nicht mehr so und räumt eine JVA. | |
In Sachsen hingegen hält man an der herkömmlichen Unterbringung weiterhin | |
fest. Die Abschiebegefangenen seien schließlich in einer eigenen Station | |
innerhalb der JVA und hätten keinen Kontakt mit Strafgefangenen, sagte | |
Thomas Ziegert vom Sächsischen Innenministerium der taz. Die Jesuiten sehen | |
darin aber trotzdem Probleme: Es gebe dann in der Regel weniger Hofgang für | |
die Abschiebegefangenen, denn der Hofgang sei den regulären Strafgefangenen | |
vorbehalten. | |
Die Jesuiten gehen davon aus, dass Sachsen seit Oktober vermehrt | |
Abschiebegefangene nach Berlin bringt, weil es dort ein eigenes | |
Abschiebegefängnis gibt. Ministeriumssprecher Ziegert dementierte jedoch, | |
dass der Grund dafür in der aktuellen Rechtssprechung liege. Pragmatische | |
Gründe seien vielmehr ausschlaggebend, etwa der kürzere Weg zum Flughafen. | |
21 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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