# taz.de -- Kommentar Merkels Finanzversprechen: Eine kafkaeske Strategie | |
> Die CDU versprach im Wahlkampf teure Wohltaten, ohne zu sagen, wo das | |
> Geld herkommen soll. Jetzt steht alles unter „Finanzieurngsvorbehalt“. | |
Bild: Kafkas Schloss? CDU-Luftschloss? Nur Merkel weiß es | |
Die Fähigkeit der Kanzlerin, die Dinge dialektisch zu betrachten, ist | |
bemerkenswert. Angela Merkel hat sich lange in Schweigen gehüllt, während | |
die Verhandler von CDU, CSU und SPD eine teure Wunschliste aufschrieben. | |
Jetzt lässt die Kanzlerin die Öffentlichkeit wissen, dass das „zentrale | |
Projekt“ der nächsten vier Jahre der Abbau der Staatsschulden sein werde. | |
Ach wirklich? | |
Merkel beweist schon erstaunliche Chuzpe, wenn sie nun die Stimme der | |
Vernunft spielt. Schließlich war es ihre CDU, die die ihr nahestehenden | |
Milieus in der Mittelschicht verschwenderisch beschenken wollte. Wo wollte | |
Merkel nicht überall die Milliarden verteilen: Sie versprach im Wahlkampf | |
eine Erhöhung des Kindergelds, die Abschaffung der kalten Progression, | |
Mütterrenten, neue Investitionen in Verkehr und einiges mehr. Dies geht | |
dann in Ordnung, wenn man dazu sagt, wo das Geld herkommen soll. | |
Doch mit derlei Kinkerlitzchen gab sich die CDU nicht ab. Stattdessen legte | |
sie sich fest, Steuererhöhungen fürchterlich zu finden, dem Staat also auf | |
keinen Fall mehr Einnahmen zu verschaffen. Mehr noch, sie versprach, | |
Schulden abzubauen – siehe Merkel. Kafkaesk? Irgendwie unseriös? Klar. | |
Milliarden raushauen, kein frisches Geld beschaffen, Schuldenabbau | |
versprechen – ein Unternehmer, der so redete, würde ausgelacht. | |
Nicht Merkel oder die CDU. Sie stellen ihre Vorhaben unter | |
Finanzierungsvorbehalt, was heißt: Das machen wir vielleicht, liebe Wähler, | |
wahrscheinlich aber nicht. Bereits jetzt deutet sich an, dass viele der | |
Versprechen in windelweiche Prüfaufträge umgewandelt werden. Soll man sich | |
darüber aufregen? | |
Ja, man muss. Zwar kann es der oberen Mittelschicht egal sein, wenn sie die | |
versprochenen 35 Euro mehr Kindergeld nicht bekommt. Doch leider ist es | |
nicht so einfach. Denn die CDU versucht, neue Geldquellen zu erschließen, | |
um ihr Gesicht zu wahren. Sie will etwa die Mütterrente aus der Rentenkasse | |
zahlen, was vor allem Niedrigverdiener belasten würde. Spätestens dann wäre | |
Merkels Politik nicht mehr nur unseriös, sondern auch unsozial. | |
21 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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