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# taz.de -- Datensicherheit im britischen Parlament: Hacken für die Demokratie
> Die Britische Regierung kooperiert mit Hackern, um ihre Daten
> aufzubereiten. Das Ziel: Neue Lösungen für alte Probleme.
Bild: Hier braucht es keine Anonymität: Für die „Parliamant Hacks“ in Eng…
LONDON taz | Vergangenes Wochenende in London: An der Rezeption des
„Neuseeland-Hauses“, drei Minuten vom Piccadilly Circus, werden rote
Handgelenkbänder mit der Aufschrift „Rewired State“ an die Teilnehmer eines
[1][//hacks.rewiredstate.org/events/uk-parliament-hack-21013:„Parliament
Hacks“] ausgeteilt. Was hat es damit auf sich?
Matt Applegate vom Veranstalter [2][Rewired State], also auf Deutsch: „neu
verdrahteter Staat“, erklärt den Begriff Hack: „Hier werden Experten der
Computerbranche zusammengebracht, um gemeinsam Probleme zu lösen, egal ob
öffentlicher oder kommerzieller Natur.“
Seit drei Jahren organisieren sie dabei „Parliament Hacks“, um öffentlich
verfügbare Daten des britischen Parlaments auszukundschaften, sichtbar zu
machen oder klarer zu verpacken.
Damit sollen unter anderem politisch desinteressierte Gruppen zur
politischen Teilnahme animiert werden. All das übrigens mit dem expliziten
Segen der britischen Regierung.
## Erfolgreiche Kooperation
Nigel Shadbolt, Mitbegründer des [3][Open Data Institutes] und Experte in
Sachen öffentlicher Daten, führt die Kooperation zwischen der britischen
Regierung und Hackern vor allen auf den Erfolg von Hacks vor etwa sechs
Jahren zurück. Damals legten Statistiken die Ansteckungsgefahr in
britischen Krankenhäusern bloß und führten damit zu einer radikalen
Minderung von 80 Prozent der Infizierten. Seit damals wurde die
Veröffentlichung staatlicher Daten parteiunabhängig betrieben.
Mitbeteiligt am Hack war auch ein EDV-Hilfsteam des Parlaments selbst.
Unter ihnen sogar der Direktor der EDV-Dienste des britischen Unterhauses,
John Pullinger, der als einer der Juroren nach zwei Tagen über die besten
Hacks entscheiden sollte.
„Mehr als 90 Prozent unserer Daten sind frei zugänglich, mit Ausnahme von
Dokumenten, die aus Sicherheitsgründen geheim sind“, gibt Pullinger an.
Potenzieller Missbrauch dürfe kein Grund sein, Regierungsdaten geheim zu
halten.
Das Hauptproblem stellen heute die verschiedenen Dateiformate dar.
Beispielsweise können PDF-Dokumente nicht von Suchmaschinen gelesen werden.
Im Zeitalter von NSA sieht Rewired-State-Mann Applegate offizielle Hacks
wie diesen als fundamentale Gegengewichte, die etwas Gutes mit Daten tun.
Dabei will Rewired State besonders die Jüngeren animieren, Computer,
Smartphones und Tablets nicht nur als Konsumobjekte zu betrachten, sondern
vor allen als Werkzeuge.
## „Für eine politische Teilhabe ist man nie zu jung“
Der 15-jährige Benedict Alan aus Südwales sieht das genau so. „Niemand ist
zu jung, um selber bei Politik und Business mitzumachen“, behauptet er.
Seine Idee: die Westminster Stock Exchange, eine Börse mit Politikern als
Aktien, wo man in Abgeordnete investieren kann. Sie gewann den Gefallen der
Juroren und einen der Preise. Das Spiel prüft später in Echtzeit, wie aktiv
die Politiker in der jeweils vergangenen Woche waren, wofür sich ihr Wert
erhöht oder vermindert.
Ein anderes preisgekröntes Beispiel des Wochenendes kam von Lilly Dart, 26,
eine Programmiererin aus London und einer der wenigen Frauen unter den
parlamentarischen Hackern.
Sie entwickelte mit ihrem Team ein Programm namens Metabill, das
Gesetzentwürfe detailliert verfolgt. Metabill zeigt im Gegensatz zur
gegenwärtigen Internetseite des Parlaments auch die Änderungen durch das
Oberhaus sowie nach Wunsch die gesamte Debatte zu verschiedenen Themen.
Ein Winner war auch „What are your true colours?“ von den Mittdreißigern
Seraphina Anderson und Paul Hutson. Mithilfe der Stellungen politischer
Parteien zu Gesetzentwürfen seit dem Jahr 2010 stellt ihr Programm acht
willkürliche politische Fragen zu politischen Themen. Deren Beantwortung
zeigt, welche Regierungspartei den eigenen Antworten am nächsten steht.
Andere zeigten mit ihren Programmen, wie Jungwähler zwischen 18 und 24
Jahren bei höherer Wahlbeteiligung bis zu 212 Sitze in Großbritannien
verändern könnten. Deren Wahlbeteiligung lag bei den vergangenen
Parlamentswahlen 2010 nur bei 45 Prozent. Auch welche
außerparlamentarischen finanziellen Gewinne Abgeordnete machen, lässt sich
aus den Parlamentsdaten herausfiltern.
## Ziel ist Effizienz und Transparenz
Solches Wissen könne man in vielen Bereichen anwenden, sagt Rufus Pollock
von der Stiftung Open Knowledge Foundation, der den Event mit einer
Vorlesung startete.
Bei einem Hackprojekt in Ghana wäre man zum Beispiel der Behauptung der
Regierung nachgegangen, dass eine multinationale Firma kein Geld für eine
Schule gegeben hätte. Durch die veröffentlichten Daten richtete sich der
Finger bald auf die Regierung selbst. Auch private Organisationen könnten
effizienter und transparenter werden.
Mit einem Durchschnittsalter von unter 40 ist der Parliament Hack noch
gesellschaftlich etwas eingeengt. Daher will Rewired State im nächsten Jahr
zum ersten Mal auch Hacks für die über 60-Jährigen veranstalten.
22 Nov 2013
## LINKS
[1] http://https
[2] http://rewiredstate.org/
[3] http://theodi.org/
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
## TAGS
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Breitband
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