# taz.de -- Kommentar Große Koalition: Das geheime Kabinett | |
> Die SPD-Führung kommt mit Erfolgen aus den Verhandlungen mit der Union. | |
> Warum verkauft sie ihre Basis bei den Personalfragen für dumm? | |
Bild: Die Parteiführung hat entschieden. Folgt auch die Basis? | |
Die Große Koalition steht, aber sie nennt keine Namen. | |
Wenn Angela Merkel und Sigmar Gabriel heute der Öffentlichkeit ihren | |
Koalitionsvertrag präsentieren, wird eine wichtige Information über die | |
künftige Regierung fehlen. Wer wird Minister oder Ministerin? | |
Keine Ahnung, das Kabinett bleibt geheim. Zumindest vorerst. Etwas seltsam? | |
Nein, ein Plan. Allerdings eben ein seltsamer. | |
Der Grund für die Geheimniskrämerei sind Bedenken der SPD-Spitze. Die | |
Zurückhaltung soll ein „Signal an die Basis“ sein, dass es bei der | |
Entscheidung über die Koalition nur um Inhalte geht, heißt es in der SPD. | |
Um Themen. | |
Und um nichts anderes: Schließlich stimmen schon bald die 470.000 | |
Mitglieder über das Schicksal der Regierung ab. Und sie entscheiden, ganz | |
nebenbei, auch über die Zukunft von Gabriel, Andrea Nahles und der anderen | |
Spitzengenossen. | |
## Das Basismisstrauen der Genossen | |
Deshalb wollen diese unbedingt jeden Verdacht zerstreuen, es gehe auch um | |
persönliche Ambitionen. Was für ein Unfug. | |
Die SPD-Spitze hat doch viel richtig gemacht in dem zurückliegenden | |
Verhandlungsmarathon, sie hat echte Erfolge eingefahren. Da hätte sie die | |
Idee der Trennung von Personal und Inhalten ruhig im Keller des | |
Willy-Brandt-Hauses begraben dürfen. | |
Denn damit verkauft sie ihre Basis für dumm. Sie unterstellt ihren | |
Mitgliedern, nicht verstanden zu haben, wie Politik funktioniert. Und | |
Furcht vor den eigenen Leuten passt schlecht zur propagierten | |
Basisdemokratie. | |
Nehmen wir mal an, es gibt sie tatsächlich, die Politikverdrossenen, die | |
brav jeden Monat ihren Mitgliedsbeitrag bezahlen, aber trotzdem auf | |
Ministernamen allergisch reagieren. Wird ein SPD-Genosse, der ernsthaft | |
denkt, "denen da oben" gehe es nur um einen gut bezahlten Posten, freudig | |
für die Große Koalition stimmen? Eher nicht. | |
## Do you remember Scharping? | |
Und die Frage, ob der kritische Genosse die Namen der SPD-Minister sofort | |
oder erst in drei Wochen erfährt, ist dabei irrelevant. Die anderen in der | |
SPD aber wissen, dass der Erfolg in einer Koalition wesentlich von Menschen | |
abhängt. Eine starke Ministerin kann auch aus einem weniger wichtigen | |
Ressort viel machen, das hat zum Beispiel Ursula von der Leyen im | |
Familienministerium bewiesen. | |
Ein schwacher Chef hingegen wird auch in einem Superministerium keine | |
Strahlkraft entfalten. Erinnert sich noch jemand an Rudolf Scharping? Der | |
war mal SPD-Chef, Kanzlerkandidat und Verteidigungsminister. Sehr wichtige | |
Ämter, trotzdem blieb von ihm nicht viel, außer ein paar Fotos aus dem | |
Swimming-Pool. Personen und Politik gehören nicht nur untrennbar zusammen - | |
sie werden bei Wahlentscheidungen immer wichtiger. | |
Die Bundestagswahl hat das gerade bewiesen. Angela Merkel siegte deshalb so | |
grandios, weil viele Menschen ihr vertrauen – nicht wegen eines ehrgeizigen | |
Programmes. | |
Die SPD-Spitze handelt falsch, wenn sie über Ressortzuschnitte und | |
Ministernamen bis zum Ergebnis des Mitgliederentscheides nicht sprechen | |
möchte. Sie enthält ihrer Basis eine wichtige Informationen vor. Jedes | |
SPD-Mitglied, das jetzt entscheiden muss, sollte wissen, mit wem es in | |
dieser großen Koalition rechnen kann. Und mit wem nicht. | |
Die Ironie dabei ist, dass sich die übervorsichtige SPD-Spitze selbst | |
schadet. Schließlich nehmen sich Gabriel und Nahles die Chance, mit | |
demokratischer Rückendeckung ins Kabinett zu starten. | |
27 Nov 2013 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
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