# taz.de -- Die Wahrheit: Das bunte Salz der Erde | |
> Übersteigt der Alkoholwert ein Promille, wird der Computer automatisch | |
> gesperrt. Wer im Internet bestellt, sollte das möglichst nüchtern tun. | |
Bild: Druckbetankung: Wer braucht schon Gläser? | |
Wer betrunken Auto fährt, muss zu Recht den Führerschein abgeben. Ein | |
ähnliches Verfahren sollte es auch für Computer geben – vielleicht ein | |
Röhrchen, in das man pusten muss, bevor man das Gerät einschaltet. | |
Übersteigt der Alkoholwert ein Promille, ist der Computer automatisch | |
gesperrt. So könnte man keinen Unfug anrichten. Ich spreche aus Erfahrung. | |
Einmal – ich weiß gar nicht mehr, was ich gesucht hatte – landete ich auf | |
einer Seite mit exotischen Blumensamen. Ich interessiere mich nicht für | |
Blumen. Aber die abgebildeten Pflanzen sahen recht hübsch aus. Ein paar | |
Tage später kam ein kleines Päckchen: Blumensamen. Was hatte ich bloß | |
getan? Zum Glück konnte ich das geheim halten. Ich pflanzte die Dinger in | |
meinem Büro, nach zwei Wochen keimten zwei der 50 Samen. Die Pflanzen | |
blühten drei Tage lang und gingen dann ein. Das kann man ihnen nicht | |
vorwerfen, ich habe keine grünen Finger. | |
Manche Verkäufer bei E-Bay bauen offenbar auf die Trunkenheit der | |
potenziellen Kundschaft. Die Firma Mondevana aus Bergisch-Gladbach zum | |
Beispiel bietet den grottenschlechten Asterix-Band „Gallien in Gefahr“ | |
gebraucht („wie neu“) für 151 Euro an. So betrunken kann niemand sein. Auf | |
meine nüchterne Nachfrage, ob man noch bei Trost sei, kam keine Antwort. | |
Vor allem in den USA glauben die Händler offenbar, dass die Kundschaft bei | |
Internetkäufen den Verstand abschaltet. Ich hatte ein Taschenbuch über den | |
irischen Betrüger Paul Singer aus den sechziger Jahren gesucht. Zwei | |
US-amerikanische Händler boten es an. Der eine wollte 741,78 Euro für ein | |
sehr gutes Exemplar, der andere einen Cent mehr für ein lediglich gutes | |
Exemplar. Ich fand das Buch in einem Dubliner Antiquariat für 2 Euro. | |
Leider bin ich nicht immer so wachsam. Einmal geriet ich auf eine Seite mit | |
Angeboten für Salz und Pfeffer. Ich war fasziniert: Schwarzes Salz aus | |
Hawaii, rotes aus der australischen Wüste, gelbliche Kristalle aus dem | |
Himalaja und fette Salzklunker aus dem Trockenmeer, die man in Wasser | |
auflösen musste. Oder man konnte sie raspeln, es gab dafür passende | |
Salzreiben. Ich kaufte alles mit ein paar Klicks. Eine Woche später kam das | |
Päckchen an. Die Salzreibe erwies sich als Muskatreibe, sie war lediglich | |
umbenannt worden. | |
Anfangs war es ganz witzig, wenn man Freunden das farbenfrohe Zeug anbot. | |
Besonders dekorativ sah das schwarze Vulkansalz auf Eiern aus. Ich begann, | |
beim Kochen sehr sparsam mit dem Salz umzugehen, so dass die Gäste | |
nachsalzen mussten. Dann konnte ich meine Batterie an Salzstreuern | |
auffahren. Aber schon bald ging meinen Gästen das bunte Treiben auf die | |
Nerven. Sie verlangten nach normalem weißen Salz. Habe ich nicht. Das graue | |
Meersalz aus der Bretagne, das ich ihnen als ungeschältes weißes Salz | |
unterjubeln wollte, fiel durch. Man habe die Nase voll von meinem | |
exotischen Quatsch, hieß es. Das ist misslich, weil der exotische Quatsch | |
noch zehn Jahre reicht, um Speisen zu versalzen. Ganz zu schweigen von dem | |
Sack mit tasmanischem Urwaldpfeffer. | |
9 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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