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# taz.de -- Die Wahrheit: Islam auf Keltisch
> Bizarr fundamentalistisch geht es im schottischen Fussball zu: Hier
> geraten vermeintlich muslimische Fans in absurde Shitstürme.
Bild: Karim Benzema feiert einen Sieg mit Real Madrid – in Frankreich gibt es…
Die Weihnachtszeit ist für deutsche Fußballfans eine langweilige Zeit, der
Ball macht Winterpause. In Schottland, wo manchmal sogar im Sommer Winter
herrscht, spielt man unverdrossen durch. Der Meister Celtic Glasgow zum
Beispiel muss zwischen Weihnachten und Neujahr drei Spiele absolvieren.
Seit man den bankrotten Erzrivalen Glasgow Rangers vor anderthalb Jahren in
die vierte Liga verbannt hat, herrscht Langeweile im schottischen Fußball.
Celtic hat keinen ernsthaften Gegner mehr, das Pokalfinale gewann man im
Frühsommer mühelos mit 3:0 gegen Hibernian. Dennoch gehörte das Spiel zu
den bizarrsten Ereignissen des Jahres. Das lag an den Fans. Als die Spieler
nach dem Sieg eine Ehrenrunde liefen, entdeckte ein Fernsehzuschauer ein
Spruchband von Celtic-Anhängern: „Islam Celtic Supporters Club.“ Der Rest
ist soziale Netzwerkgeschichte.
Muslimische Fußballfans in Glasgow? Auf Twitter ging es hoch her, zumal
kurz zuvor der britische Soldat Lee Rigby von muslimischen Extremisten in
London ermordet worden war. „Die Celtic-Fans zeigen wieder mal ihren Hass
auf alles Britische“, twitterte es einem entgegen. „Abschaum!“ Ein anderer
stellte fest: „Wer Celtic unterstützt, unterstützt den Terror.“
Es wurde immer grotesker: „Celtic-Fans feiern den Tod des Soldaten Rigby.
Widerlicher Dreck!“ Manchen entglitt vor lauter Wut die Fähigkeit, sich
verständlich auszudrücken: „Celtic-Fans hatten ein Banner, auf dem Islam
und Celtic stand, nachdem sie einen Soldaten ermordet haben.“ Celtic-Fans
ermordeten einen Soldaten? Die meisten Tweets stammten von Rangers-Fans
oder Mitgliedern der rechtsextremen English Defence League, wobei die
Schnittmenge ziemlich groß ist.
## „Islam“ hieß tatsächlich „Island“
Irgendwann studierte man die Fernsehbilder genauer und stellte fest, dass
das Banner in den irischen Farben Grün-Weiß-Orange ein paar Falten aufwies.
Was wie „Islam“ ausgesehen hatte, hieß tatsächlich „Island“. Und davor
stand das Wort „Achill“. Das Banner gehörte dem Celtic-Fanclub Achill
Island, einer Insel vor der irischen Westküste, auf der Heinrich Böll ein
Haus erworben und sein „Islamisches Tagebuch“ geschrieben hatte.
Auf Achill leben 2.500 Menschen. 38 davon gehören dem Celtic-Fanclub an,
also immerhin anderthalb Prozent. Die freuten sich über die Klotzköpfe, die
nicht richtig gelesen und sich zum Narren gemacht hatten. Flugs erschienen
im Internet Fotos aus Achills Wirtshaus Lynnot’s, auf dem die Gäste eine
Trinkpause einlegen, um ihre Gebetsteppiche auszurollen. Auf Twitter wurde
vermeldet, dass al-Dschasira die Fernsehrechte für alle Celtic-Spiele
gekauft habe. Ein selbsternannter Religionswissenschaftler erklärte, der
Koran sei nach der Familie Curran aus Achill benannt.
Nur einer merkte an, dass die wütenden Tweets nicht nur Blödheit
offenbarten, sondern vor allem Rassismus: Schließlich sei der Islam nicht
verboten, und wenn es tatsächlich ein solches Banner gegeben hätte, wäre
das kein Grund für die Hasskommentare gewesen. In diesem Sinne: No man is
an Islam. Und frohes neues Jahr!
29 Dec 2013
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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