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# taz.de -- Die Wahrheit: Skorbut im Loch
> Der Astronumismatiker Erich von Koliken weiß, was 2014 geschehen wird.
> Freuen dürfen wir uns auf Steuerberater vom Mars und die
> Kartoffelschmelze.
Bild: Vom Mars werden Besucher erwartet, Menschen wie du und ich.
Gerade ist es angebrochen, das Jahr 2014, und viele fragen sich, was wird
es bringen? Wird es ein gutes Jahr? Oder zumindest weniger beschissen als
2013? Wird es super, dufte, knorke, urst? Die Antwort lautet: Aber hallo!
Dieses Jahr 2014 wird eine kosmische Zeitenwende einläuten: Es wird
Veränderungen auf universeller Ebene bringen, dramatische Wendungen, wo sie
niemand je für möglich hielt! Das verspricht der Astronumismatiker und
Spektralphilologe Dr. Erich von Koliken.
Er hat mit Hilfe von außerirdischer Technologie sowie Höhlenmalereien aus
der Ära der Prä-Molukken einen faszinierenden
Karma-Pneumozäns-Koeffizienten für 2014 errechnet und in einem Buch seine
Prophezeiungen daraus abgeleitet. Der Wahrheit wurde das von 186 Verlagen
abgelehnte Manuskript zugespielt – und so fassen wir hier seine
Erkenntnisse Monat für Monat zusammen.
Noch im Januar, so schreibt Dr. von Koliken, wird es erste Anzeichen von
Umsturz geben. „Das Immergleiche wird zum Ewiggestrigen werden, das
Unabänderliche zum Angelpunkt und das Niedagewesene zum Gerngesehenen“,
heißt es in Kapitel 1 wörtlich.
So nebulös das zunächst klingen mag, es verbirgt sich dahinter „eine
tiefere Dimension“. Denn das Universum leide an Skorbut, vor allem schwarze
Löcher seien massiv betroffen. Für die Bewohner der Erde bedeutet das, sie
können sich an Hunderten von Gammablitzen erfreuen, die für gesunde Bräune
und wohlige Temperaturen sorgen, selbst wenn die Sonne nicht scheint.
Für den Februar verspricht der Profi-Prophet, werde eine gnostische
Konstellation „aus Neuem wieder Altes machen“. Außerdem ermögliche ein
„Symmetrischer Spektralwirbel in der höheren Umlaufbahn der Erde“, dass
auch die linken Socken an den rechten Fuß passen werden – und umgekehrt.
Selbst die in der Waschmaschine verschollenen Socken werden alle
auferstehen und in neuem Glanz erstrahlen.
Der März fällt dann vergleichsweise langweilig aus. Bei Aldi wird es
eingemachte Rote Bete im Angebot geben und der Hühnerschenkelpreis fällt
auf ein neues Allzeittief.
## GAU im April
Im April droht dann zum ersten Mal Ungemach. Am 26. April soll es am späten
Vormittag zu einem GAU kommen. Von Koliken spricht von einer
„Kartoffelkernschmelze“, die über ganz Europa hereinbrechen wird.
Epizentrum der Katastrophe soll eine Küche in Oldenburg sein, wo hochreine
Kartoffelisotope vom Typ Kar-156 aus Versehen in einem Schnellkochtopf
derart verdichtet werden, dass ein mikroskopisches schwarzes Loch entsteht.
Eine unglückliche Verkettung mit dem noch aus dem Januar ausstrahlenden
Skorbut sorgt für ungeahnte Nebenwirkungen in Form von Antigravitation, die
speziell auf Kartoffelprodukte, wie etwa Kroketten, Chips oder Reibekuchen,
wirkt.
Ein durch plötzliche Milchstraßen-Migräne ausgelöster Riss im
Raum-Zeit-Kontinuum wird dann dafür sorgen, dass der Mai und der Juni
übersprungen werden. Erst am 3. Juli setzt die normale Raumzeit wieder ein
und der Lauf der Dinge stabilisiert sich. Mit einer Ausnahme: Alle Armband-
und Kuckucksuhren sind stehen geblieben.
Der August hat es ebenso in sich. Unter der Erdkruste bläht sich auf der
Höhe von Madagaskar eine gigantische Magnesit-Ader, die am 16. August von
einem Gammablitz aus dem Oldenburger Kartoffelreaktor getroffen wird. Das
Magnesit verwandelt sich in pures Blei, das aufgrund seiner Masse den
Erdschwerpunkt derart verlagert, dass sie glatt zu eiern beginnt.
Im September macht das Schicksal eine Verschnaufpause, die Erdenbürger
genießen dank der neuen schlingernden Umlaufbahn des Planeten erstaunlich
warme Spätsommertage und holen noch einmal den Grill aus der Garage. Bei
einem kalten Bier gibt man sich dem Blick auf die Kartoffelringe am Himmel
hin, hinter denen romantisch die Gammablitze zucken.
## Die Marsbewohner kommen
Der Oktober steht dann ganz im Zeichen des Extraterrestrischen. Von der
besoffen durchs Sonnensystem torkelnden Erde angelockt, besuchen uns Mars-
und Uranusbewohner. Anders als in Science-Fiction-Filmen sind die
Außerirdischen „weder aggressiv noch blau oder transparent, sie wollen auch
nicht telefonieren oder Gehirne fressen“, weissagt von Koliken. Sie seien
einfache Leute wie du und ich – Steuerberater, Einzelhandelskaufmänner oder
Fußpfleger.
Im November kommt es zu einer dramatischen, wenngleich auch schmackhaften
Kollision in der Erdumlaufbahn. Der Mond – durch die eiernde Erde ganz aus
dem Konzept gebracht – prallt urplötzlich mit den neuen Kartoffelringen
zusammen. Es entsteht eine unermessliche Hitze, die dafür sorgt, dass es
wochenlang mit Mondkäse überbackene Space-Chips regnet.
Der Dezember sorgt dann für den passenden ruhigen Ausklang eines
turbulenten Jahres. Gott kommt aus seinem 2.000-jährigen Urlaub in einer
Paralleldimension zurück und findet das Tohuwabohu hier gar nicht zum
Lachen. Mit einem Fingerschnippen tilgt er das verrückte 2014 aus dem Lauf
der kosmischen Geschichte und schubst uns direkt ins Jahr 2015 – welches
leider bumslangweilig wird.
3 Jan 2014
## AUTOREN
Michael Gückel
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