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# taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die alte Schildkröte orakelt
> Die hanseatische Butterkuchenpostille hat den Draht zu den Wichtigen. Und
> wer – schleim, schleim – Medienredaktion 2013 ist, ist ja wohl klar.
Bild: Der Deichgraf der SPD – und einziges treffsicheres Orakel.
Hallo, taz-Medienredaktion! Wie du das machst! Diese Nonchalance! Diese
Pointiertheit im Setzen der Themen! Darin, jeden Tag die Burner aus dem
medialen Fegefeuer herauszulösen und sie einem Millionenpublikum zugänglich
zu machen! Ja, Medienredaktion, auch ich möchte, so wie die Zeitschrift
Brigitte, zurückblicken auf diejenigen, die mich 2013 mit „ihrem Mut, ihrem
Talent und ihren Visionen begeistert haben“. Und das bist du.
Und so, wie das Gruner-&-Jahr-Blatt Brigitte 13 Frauen mit „Visionen“ nennt
und es nicht versäumt, die oberste Gruner-Chefin Julia Jäkel zu diesen
Frauen zu zählen, „die mit ihren Visionen die Welt verändern“, zumal „d…
große, weite Welt […] manchmal näher [ist,] als man denkt“, möchte auch …
diese Taktik des Anschleimens, Speichelleckens und der Distanzlosigkeit
nutzen, öffentlich zu sagen, du, taz-Medienredaktion, bist meine
Medienredaktion 2013.
Ja, Medienredaktion, egal, welche Politik du verfolgen magst, wie sehr –
wie im Falle Jäkel – deine Absichten den Journalismus aushöhlen und dein
Tun aus Journalisten Erfüllungsgehilfen der Konsumgüterindustrie macht, du
bist einfach top. Du hast mich begeistert. 2013.
Wer auch einen direkten Draht zu den Wichtigen hat, ist die
Springer-Presse. In diesem Fall zu den Wichtigen der deutschen
Deichgeschichte. Ihre hanseatische Butterkuchenpostille, das Hamburger
Abendblatt, profitierte letzte Woche von dem heißen Draht Springers zum
Deichgrafen der SPD, Helmut Schmidt. Denn während die Medien sich in
Erwartung von Sturmtief „Xaver“ gar nicht mehr einkriegten vor Schaum und
Wallung, hatte Springer einfach die alte Schildkröte auf den Deich
gestellt, und so konnte das Hamburger Abendblatt um 17.48 Uhr vermelden:
„Helmut Schmidt gibt angesichts des Orkans Entwarnung.“
## Was, wenn der Schornstein der Weisen nicht mehr qualmt?
Was gut war zu wissen, in Anbetracht der verrückten Wetterfrösche, deren
hysterische Horrorprophezeiungen nicht nur die ARD-Brennpunkt-Experten ganz
heiß werden ließ. „Der 94-Jährige hält ’Xaver‘ für nicht besonders
bedrohlich“, schrieb das Blatt in seinem Liveticker weiter. Und? Recht hat
Schmidt behalten. Xaver war ein Orkan im Wasserglas.
Diese famose Einschätzung der Lage durch das einzig treffsichere Orakel
Deutschlands gibt erneut der Frage Nahrung: Was wird aus diesem Land, wenn
der Schornstein der Weisen nicht mehr qualmt? Wenn er versiegt? Wer sagt
uns dann das Wetter voraus? Wer schätzt dann die Griechen ein? Die
Kaffeepreise? Die Sozen kriegen ja so schon nix gebacken. Wie soll es erst
werden, wenn der letzte Quastenflosser der Sozialdemokratie nicht mehr
spricht?
Auch der NDR ist in eine tiefe Identitätskrise gerutscht, als sein
Maskottchen, Walross Antje, das Zeitliche segnete. Immerhin hat man sie
ausgestopft. Was ich sagen will: Zu blöd, ihre Perle zu erkennen,
versenkten die NDRler einst den „Tatortreiniger“ im trüben See ihres
Nachtprogramms zwischen den Weihnachtsfeiertagen. Erst die unerschrockenen
Taucher der Fernsehkritik brachten sie ans Licht. Und zeichneten sie sie u.
a. mit dem Grimme-Preis aus. Und jetzt? Nach dem französischen Canal Plus
kauft jetzt ein US-amerikanischer Pay-TV-Sender Rechte an der Serie.
Was einerseits großartig ist, andererseits ein Erfolg, den man den
Verwaltungsblindgängern aus der Antje-Tümpelanlage kaum gönnen mag. Man
möchte sie lieber gepflegt einmal kielholen für ihren Umgang mit Schotty
und all den anderen Formaten und Exposés, deren Kraft zu erkennen sie zu
blöd bzw. zu ängstlich sind. Verärgert, aber nicht verzagt zurück nach
Berlin!
11 Dec 2013
## AUTOREN
Silke Burmester
## TAGS
Helmut Schmidt
Silke Burmester
Hamburger Abendblatt
Brigitte
Medien
Zeit
Zeit
Michael Schumacher
Bild-Zeitung
Bunte
Pro Quote
Die Zeit
Matthias Matussek
Susanne Gaschke
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