# taz.de -- Notübernachtung für Frauen: Hier öffnet sich eine Tür | |
> Die Hilfseinrichtung in Mitte feiert zehnjähriges Bestehen. Die Zahl | |
> obdachloser Frauen in Berlin steigt. | |
Bild: Obdachlose in Berlin. | |
Der große, weiße Stofflöwe wurde auf dem Bett zurückgelassen. Vielleicht | |
soll er auf die paar Habseligkeiten aufpassen, die verstreut auf dem | |
kleinen Nachttisch liegen. Seine Besitzerin ist unterwegs – irgendwo in den | |
Straßen Berlins. Sie ist eine von etwa 200 obdachlosen Frauen, die zurzeit | |
auf der Straße leben. | |
Martina Krägeloh führt ihre Gäste durch die Notübernachtung in der | |
Tieckstraße in Mitte. Das zehnjährige Bestehen feiert die Einrichtung an | |
diesem Mittwoch. „Die einzige ganzjährig geöffnete frauenspezifische | |
Notübernachtung“, erzählt Leiterin Krägeloh stolz. Gekommen sind | |
Staatssekretär für Soziales Dirk Gerstle, Diakoniedirektorin Susanne | |
Kahl-Passoth, Carola von Braun von der Fraueninitiative „Berlin – Stadt der | |
Frauen“ und Gewebo-Geschäftsführer Robert Veltmann, dessen Dienst die | |
Notübernachtung unterhält. | |
„Jeden Abend ab 19 Uhr können hier neun Frauen kostenlos essen, in | |
Sicherheit schlafen und sich waschen“, berichtet Krägeloh. Es gibt auch die | |
Möglichkeit zu einem Beratungsgespräch. „Wir wollen den Frauen hier eine | |
Tür öffnen“, sagt die Sozialpädagogin. Es gehe nicht nur um eine | |
Erstversorgung, es solle vor allem versucht werden, den Frauen neue | |
Perspektiven zu eröffnen. Wie viele Frauen in Berlin denn von | |
Obdachlosigkeit betroffen seien, wird gefragt. Eine präzise Antwort kann | |
Krägeloh nicht geben. Genaue Angaben gebe es seit Jahren nicht. „Wir gehen | |
davon aus, dass derzeit etwa 800 bis 1.300 Menschen auf der Straße Leben. | |
20 Prozent davon sind Frauen, Tendenz steigend.“ | |
Die Gründe dafür, dass Frauen in Wohnungsnot geraten, seien ganz | |
unterschiedlich, sagt Krägeloh. Viele der Frauen hätten massive | |
Gewalterfahrungen hinter sich, aber auch psychische Probleme, eine | |
Suchterkrankung oder eine problematische Trennung könnten dazu führen, dass | |
Frauen auf der Straße landen. | |
Mittlerweile gebe es große Schwierigkeiten, allen Anfragen nachzukommen. | |
„Wir brauchen in der Stadt mehr Einrichtungen, die sich speziell an | |
wohnungs- und obdachlose Frauen wenden“, sagt Krägeloh an die Adresse von | |
Staatssekretär Gerstle. „Nicht zuletzt wegen der hohen Dunkelziffer von | |
Frauen, die bisher noch in keiner Einrichtung aufgetaucht sind.“ Gerstle | |
gibt zurück, er sei sich der besonderen Aufgabe der Notübernachtung sehr | |
bewusst: „Der Berliner Senat unterstützt dieses Angebot und ist sich im | |
Klaren darüber, dass noch mehr Hilfe vonnöten ist.“ Was genau das denn | |
heiße, will man in der Runde wissen. Gerste lächelt freundlich. „Das Thema | |
ist im Senat sehr präsent“, sagt er. Es gebe allerdings keine konkreten | |
Pläne, neue Einrichtungen aufzubauen. | |
11 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Gesa Steeger | |
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