# taz.de -- Unwetter-Folgen im Nahost: Die Stadt Gaza steht unter Wasser | |
> Die UNO und die Hamas-Regierung evakuieren mindesten 5.000 Menschen aus | |
> überschwemmten Gebäuden. Treibstoff und Strom waren schon vorher knapp. | |
Bild: Nach dem Temperatursturz, dem Regen und Schnee: Auch im Norden des Gazast… | |
JERUSALEM taz | Ein totes Kind, 100 zum Teil schwer Verletzte und | |
mindestens 5.000 Obdachlose ist die Bilanz der tagelangen schweren Unwetter | |
im palästinensischen Gazastreifen. Die heftigen Regenfälle führten in | |
weiten Teilen der Stadt Gaza zu Hochwasser. Regierung und | |
Hilfsorganisationen waren zum Teil mit Booten unterwegs, um die Menschen zu | |
bergen. | |
Besonders schlimm traf der dramatische Temperatursturz und der andauernde | |
Schneesturm die syrischen Flüchtlinge im Libanon und in Jordanien. In | |
Syrien selbst sollen zwei Kinder erfroren sein. Um sich zu wärmen, | |
verbrennen die Leute Schuhe oder alte Autoreifen, hieß es. | |
Auch in Israel litten zig Tausende Haushalte, die tagelang keinen Strom | |
hatten, unter dem plötzlichen und ungewöhnlich heftigen Kälteeinbruch. Per | |
Hubschrauber evakuierten Sicherheitskräfte am Sonntag mehrere Familien aus | |
Mizpe Yizhar, einem auch nach israelischem Recht illegalen | |
„Siedlervorposten“. Die gesamte Region südlich von Nablus blieb wegen der | |
Schneefälle am Wochenende von der Umwelt abgeschnitten. | |
## Dramatische Situation im Gazastreifen | |
Im Gazastreifen war Strom und Treibstoff schon vor Beginn der Unwetter | |
knapp. „Ich hatte in den vergangenen vier Tagen ganze vier Stunden Strom“, | |
berichtet Mona El-Farra, Vorsitzende des palästinensischen Roten Halbmondes | |
im Gazastreifen, am Sonntag am Telefon. Die Regierung der Hamas, die UNRWA | |
(UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge) und | |
Nichtregierungsorganisationen arbeiteten Hand in Hand, um den Menschen in | |
Not unter die Arme zu greifen. „Die gegenseitige Hilfe ist | |
außerordentlich“, sagt die Ärztin. | |
Die Wassermengen und die große Kälte machten vor allem armen Menschen zu | |
schaffen. Nicht jeder könne sich Generatoren leisten. „Die Menschen zittern | |
vor Kälte. Es ist schrecklich.“ Strom ist das Zauberwort, das dem | |
Gazastreifen Linderung verspricht. Mit finanzieller Unterstützung aus Katar | |
kaufte die Palästinensische Autonomiebehörde am Wochenende in Ramallah Öl. | |
Seit Sonntag ist das Kraftwerk von Gaza wieder in Betrieb. Die Hamas, die | |
den Gazastreifen kontrolliert, weigert sich, den im Vergleich zu | |
ägyptischem Öl sehr viel teureren Treibstoff aus Israel zu kaufen. Dazu | |
kommt, dass beim Einkauf in Israel die Steuern an die Autonomiebehörde | |
gehen, während die Hamas die Steuern kassiert, wenn ägyptischer Treibstoff | |
in den Gazastreifen geschmuggelt wird. | |
Schon vor vier Wochen setzten erste Regenfälle Teile von Gaza unter Wasser, | |
nachdem sich zum Teil ungeklärtes Abwasser in den Straßen sammelte, weil | |
aus Treibstoffmangel die Pumpen nicht in Betrieb genommen wurden. „Dieser | |
Sturm erwischte uns zusätzlich zu der maroden Infrastruktur“, erklärt | |
El-Farra, die die Verantwortung vor allem Israel und der langjährigen | |
Blockade zuschiebt. Aus Mangel an Baumaterial lägen Entwicklungsprojekte | |
für Abwasser und Drainagen auf Eis. | |
## Keine Treibstofflieferungen aus Ägypten mehr | |
Grund für die aktuelle Misere, die vor gut zwei Monaten begann, ist jedoch | |
der Konflikt zwischen den Führungen in Kairo und Gaza. Die Ägypter werfen | |
der Hamas vor, Aktivisten der Muslimbrüder zu unterstützen. Deshalb | |
stellten sie die Treibstofflieferungen ein und bombardieren die Tunnel, | |
durch die die Palästinenser Waren aus Ägypten in den Gazastreifen | |
schmuggelten. | |
Rund 65.000 Kubikmeter Abwasser fließen täglich ungeklärt ins Mittelmeer. | |
„Wir sind nie in der Lage gewesen, das Wasser soweit aufzubereiten, dass es | |
wieder nutzbar wäre, aber doch soweit, dass es akzeptabel ist, es ins Meer | |
oder in den Boden zu leiten“, erklärt Ribhi Sheihk von der | |
palästinensischen Wasserbehörde in Gaza. | |
Eine zweite Kläranlage im Norden des Gazastreifens befinde sich derzeit im | |
Bau. Solange es keine regelmäßige Stromversorgung gibt, wird jedoch auch | |
die neue Anlage kaum Abhilfe schaffen. | |
15 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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