# taz.de -- Arbeit & ihr Lohn: Gerechtes Putzen | |
> Eine Bremer Genossenschaft soll das Problem lösen, dass Haushaltshilfen | |
> von ihren Jobs nicht leben können. In Holland kämpfen Gewerkschaften | |
Bild: Wischen ist in der Genossenschaft am schönsten | |
BREMEN taz | Die Pläne, eine Bremer Genossenschaft für haushaltsnahe | |
Leistungen zu gründen, werden konkreter. Auf einer | |
Informationsveranstaltung im Oktober hätten sich 14 InteressentInnen | |
eingetragen, sagte gestern Barbara Kiesling, die seit fünf Jahren als | |
Bereichsleiterin Nachbarschaftshilfe beim Förderwerk Bremen an einem runden | |
Tisch zum Thema teilnimmt. | |
Sie selbst sei sowohl privat als auch beruflich an der Genossenschaft | |
interessiert, sagt Kiesling. „Aktuell brauche ich keine Haushaltshilfe, ich | |
denke da eher ans Alter.“ Neben Berufstätigen würden Haushaltshilfen eben | |
zunehmend von alten Menschen nachgefragt. Sie bräuchten nicht nur jemand, | |
der mal staubsaugt und die Fenster putzt, sondern auch andere Arbeiten am | |
Haus und im Alltag übernehmen kann, die sie selbst nicht mehr verrichten | |
können, die aber von der Pflegeversicherung nicht gedeckt sind. | |
Weil Haushaltshilfen zwar von vielen gesucht werden, sie aber nur in | |
seltenen Fällen so bezahlt werden, dass die AnbieterInnen der | |
Dienstleistung davon leben können, haben in Bremen VertreterInnen von | |
Gewerkschaften, Arbeitnehmerkammer und kirchlichen Stellen vorgeschlagen, | |
eine Genossenschaft zu gründen (taz berichtete). | |
Eigentlich, sagt Kiesling, sollte diese nach ihrer Vorstellung von | |
ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen gegründet werden. „Es sollen ja | |
beide Seiten in der Genossenschaft stimmberechtigt sein.“ Es sei aber | |
schwierig, diejenigen zu erreichen, die einmal die Dienstleistung anbieten | |
sollen, so Kiesling. Sie spreche Frauen an, die sich als ehemalige | |
Langzeitarbeitslose im Förderwerk zur Nachbarschaftshilfe weiter | |
qualifiziert haben. „Die meisten finden das interessant, aber auch sehr | |
kompliziert.“ | |
Keine Lösung, räumt Kiesling ein, sei die Genossenschaft für das Problem, | |
dass sich viele Haushaltshilfen nur leisten können, wenn sie schwarz | |
beschäftigt werden, ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und | |
Urlaubsanspruch. Um auf den Schwarzmarktpreis von zehn Euro pro Stunde zu | |
kommen, müssten Arbeitgeber bei der Genossenschaft 20 Euro bezahlen – | |
bekommen aber 20 Prozent über die Steuer zurück. Grundsätzlich, sagt | |
Kiesling, müsste der Haushalt zunächst erst einmal als Arbeitsplatz | |
angesehen werden. „Da braucht es noch eine gesellschaftliche Diskussion.“ | |
Dieser Ansicht ist auch die Bremer Filmemacherin Anne Frisius. Sie | |
beschäftigt sich seit 1999 mit dem Thema und hat vor allem die Situation | |
von papierlosen Migrantinnen dokumentiert. Vier Millionen Haushalte würden | |
Haushaltshilfen in Deutschland beschäftigen, davon seien nur 250.000 | |
angemeldet, rechnet sie vor. Sie hat bei ihren Recherchen erfahren, dass | |
viele Arbeitgeber es ausnutzen, dass die Arbeit in einer rechtlichen | |
Grauzone geschieht. | |
„Es ist üblich, dass jemand als Minijobberin auf 450-Euro-Basis angestellt | |
wird und dann aber so viel arbeitet, dass der Stundenlohn bei vier Euro | |
liegt.“ Möglich sei dies, weil keine Verträge gemacht würden, in denen | |
festgelegt ist, wie hoch der Arbeitsumfang ist und was im Krankheitsfall | |
passiert. „Weil das so etwas Persönliches ist, sind die Arbeitsverhältnisse | |
oft freundschaftlich, da arbeitet dann jemand auch mal einfach mehr, ohne | |
dass das klar geregelt ist.“ | |
Fordert später dann jemand seinen Lohn ein, fehlen Beweise. Frisius | |
berichtet von einer Frau, die als Studentin einen legalen Aufenthaltsstatus | |
hatte und bis zu zwölf Stunden am Tag arbeitete – ohne dafür bezahlt zu | |
werden. „Da stand dann Aussage gegen Aussage, weil die einzigen Zeugen | |
Freunde des Arbeitgebers waren.“ Frisius hat mit Migrantinnen gesprochen, | |
die sich nach solchen Erfahrungen entschieden haben, als Prostituierte zu | |
arbeiten. | |
Die Ausrede, man könne seine papierlose Haushaltshilfe nicht anstellen, | |
weil sie sonst von Abschiebung bedroht wäre, lässt sie nicht gelten. „In | |
den meisten Fällen geht das.“ | |
Frisius befürchtet, dass die Stundenlöhne der Genossenschaft zu hoch sind, | |
um viele Menschen ansprechen zu können. Einen anderen Weg verfolgten die | |
Holländer, den Frisius gerade in Amsterdam recherchiert. „Es gibt dort eine | |
Gewerkschaft, die sich sehr für die migrantischen Haushaltshilfen einsetzt | |
und für alle einen Stundenlohn von 12,50 brutto fordert.“ | |
17 Dec 2013 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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