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# taz.de -- Hormonbehandlung bei Schweinen: Ferkel feiern zeitgleich Wurffest
> Landwirte geben Sauen Präparate, um Eisprung und Geburtstermine
> „gleichzuschalten“. Das Umweltbundesamt fürchtet Schäden für die Natur.
Bild: Moderne Landwirtschaft: Sauen werden stimuliert, immer mehr Ferkel zu wer…
BERLIN taz | Sauen in der konventionellen Fleischerzeugung werden einer
neuen Studie zufolge systematisch Hormone verabreicht. „Der
Medikamenteneinsatz führt dazu, dass alle Tiere im gleichen Zeitraum
gebären“, sagte am Montag Reinhild Benning, Agrarexpertin des [1][Bunds für
Umwelt und Naturschutz (BUND)], der die Untersuchung in Auftrag gegeben
hat.
„So lassen sich die Arbeitsprozesse rationalisieren. Gerade
industrialisierte Betriebe wollen zum Beispiel, dass am Sonntagabend
niemand da sein muss, um die Ferkel zu betreuen.“ Zudem würden die Sauen
stimuliert, mehr Ferkel zu werfen. Der BUND sieht in dem Hormoneinsatz vor
allem ein mögliches Risiko für die Umwelt. Zudem würden die Tiere über ihre
körperlichen Grenzen getrieben.
„Große Anlagen setzen pro Sau mehr Hormone ein als kleine Betriebe“,
ergänzte Benning. Das zeige die Fachliteratur, die [2][Professor Bernhard
Hörning] von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung im
brandenburgischen Eberswalde im Rahmen der Studie ausgewertet hat.
Besonders moderne Zuchtbetriebe seien so gebaut, dass immer beispielsweise
200 oder 300 Sauen am gleichen Tag ferkeln müssen. „Sonst reicht der Stall
nicht aus.“
Derzeit liegen der Umweltschützerin zufolge keine Angaben darüber vor, wie
viele Sauen hormonbehandelt werden. „Unsere Studie liefert aber Indizien
dafür, dass der Einsatz massiv ist. Das müssen die Behörden nun mit Daten
und Fakten hinterlegen.“
## Brunstsynchronisation der Jungsauen
Die übermäßiger Nähe zu Umweltorganisationen unverdächtige
Landwirtschaftskammer Niedersachsen hat bereits 2011 festgestellt, dass
„die hormonelle Brunstsynchronisation der Jungsauen in vielen größeren
Sauenanlagen in den neuen Bundesländern“ einen „Stammplatz“ habe. In
Niedersachsen befassten sich „vorwiegend größere Bestände“ mit dieser
„Gleichschaltung“.
Auch das Umweltbundesamt sieht den Hormoneinsatz in der Tierhaltung
kritisch. Denn ein Teil der Hormone wird von den Sauen ausgeschieden und
kommt über die Gülle in die Natur. „Heute gibt es Studien, dass die
Hormonmengen, die in die Umwelt gelangen, schon unterhalb der bestehenden
Schwellenwerte schädlich sind für Amphibien und für Fische“, sagte
Behördensprecher Stephan Haufe der taz. Schon solche geringen Dosen störten
die Ausbildung von Geschlechtsorganen und die Fortpflanzung.
Der BUND behauptet nicht, dass die Hormone aus der Tierhaltung die
menschliche Gesundheit schädigten. Er verlangt aber mehr Kontrollen auf
Rückstände im Fleisch der behandelten Sauen. Zudem müsse
Bundesagrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Zyklussteuerung
konventioneller Sauen per Hormongabe wie in der Biohaltung verbieten. Zur
Wachstumsförderung ist sie bereits untersagt. „Wir haben schon jetzt 16
Prozent Überproduktion bei Schweinefleisch. Deshalb ist es nicht nötig,
dass Sauen zu solchen Höchstleistungen gezwungen werden“, argumentierte
Benning.
Das Ministerium ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme unbeantwortet. Die
Interessengemeinschaft der Schweinehalter stellte die Hormongaben als
Maßnahme im Sinne des Tierschutzes dar: Sauen einer Gruppe müssten „in
einem engen Zeitfenster“ abferkeln, damit die Betriebe die Geburten gut
genug überwachen könnten „und so die Zahl der Ferkelverluste bei der Geburt
verringert werden kann“. Zudem könnten nur so die Stallbuchten,
„konsequent“ gereinigt und desinfiziert werden. Was mögliche schädliche
Umweltwirkungen angehe, fehlten Fakten.
6 Jan 2014
## LINKS
[1] http://www.bund.net/
[2] http://www.hnee.de/de/Fachbereiche/Landschaftsnutzung-und-Naturschutz/Mitar…
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Massentierhaltung
Schweinefleisch
Tierschutz-Label
China
Tierhaltung
Eier
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Landwirtschaft
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